Tramwayforum
Straßenbahn Wien => Technik => Thema gestartet von: lera1 am 18. Juni 2013, 21:59:50
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Sehr geehrte historisch versierte Damen und Herren!
Beim Gehen durch Straßen, die einst über eine Straßenbahn verfügten (sowohl in Wien als auch anderswo) begegnen einem des Öfteren Rosetten oder andere Dinge, an denen man eindeutig erkennen kann, daß da einst eine Tram fuhr. Allerdings ist dies bei vielen Strecken auch nicht der Fall: Neubaugasse / Amerlingstraße hat kaum Rosetten; Belvederegasse, Marxergasse, Hamburgerstraße, Sechskrügelgasse auch nicht; ebensowenig die schon lange nicht mehr betriebenen Strecken in Blasewitz (Dresden) - Augsburgerstraße, Wartburgstraße, etc.
Deshalb meine Frage: War die Fahrleitung dort prinzipiell anders aufgehängt (etwa an Masten, die heute verschwunden sind), oder wurden die Rosetten im Laufe von Renovierungen gänzlich entfernt? (wobei gerade in der Hamburgerstraße viele Häuser noch nicht sooo renoviert aussehen...)
Vielen Dank für Eure Antworten!
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Die Fahrleitung in den beschriebenen relativ engen Wiener Straßenzügen war größtenteils an Rosetten aufgehängt, diese wurden bei Renovierungen einfach entfernt oder die Gebäude mit den Rosetten wurden abgerissen und durch Neubauten ersetzt. Fahrleitungsmasten gab es natürlich im Bereich der Grünflächen in der Hamburgerstraße (vom Rüdigerhof bis zur Pilgramgasse) und in der Amerlingstraße (bei der Chwallagasse).
Es ist zu beachten, dass die Stilllegung dieser Straßenbahnstrecken über 50 Jahre her ist:
Linie 13: Neubaugasse/ Amerlingstraße/ Belvederegasse: letzter Betriebstag 01.07.1961
Linie 61: Hamburgerstraße: letzter Betriebstag 19.06.1960
Linie 80: Marxergasse: Linienverkehr bis 22.03.1945/ Sperre 1958
Linie 4: Sechskrügelgasse: Linienverkehr letztmalig am 28.09.1941/ Sperre 01.07.1961
LG nord22
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Wie sind denn diese Wandanker befestigt? Mir scheint, sehr massiv denn ansonsten täten nicht noch immer so viele hängen.
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Wie sind denn diese Wandanker befestigt? Mir scheint, sehr massiv denn ansonsten täten nicht noch immer so viele hängen.
Vermutlich entweder große Holzklötze in der Wand einzementiert und daran die Rosetten mit wuchtigen Schrauben befestigt oder gleich irgendwelche Eisen einzementiert. Ich denke aber eigentlich ersteres.
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Wie sind denn diese Wandanker befestigt? Mir scheint, sehr massiv denn ansonsten täten nicht noch immer so viele hängen.
Vermutlich entweder große Holzklötze in der Wand einzementiert und daran die Rosetten mit wuchtigen Schrauben befestigt oder gleich irgendwelche Eisen einzementiert. Ich denke aber eigentlich ersteres.
Als ich vor Jahren einen Hausabriß beiwohnte, konnte ich letztere Version bestätigen, und diese Dinger sind verdammt groß und schwer!
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Fahrleitungsmasten gab es natürlich im Bereich der Grünflächen in der Hamburgerstraße (vom Rüdigerhof bis zur Pilgramgasse) ...
Nur fürs Protokoll: Die beschriebene Straße heißt dort natürlich Rechte Wienzeile ;)
Die Hamburgerstraße beginnt bei der Falcostiege und endet beim Rüdigerhof (übrigens immer noch mit original 1950er-Einrichtung :up: )
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Vielen Dank für Eure Antworten! Natürlich ist mir klar, daß in 50, 60 Jahren vieles verschwindet, aber daß dort überhaupt nichts mehr zu sehen ist? Oder gab es damals generell weniger Haken, weil der Fahrdraht nicht so hohen Belastungen ausgesetzt war (oder aus welchem Grund auch immer)?
l.g. Peter
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Die Wandplatten wurden mit Schrauben befestigt, welche am Ende einen Konus hatten. Durch das Anziehen der Mutter drückte der Konus vier beigelegte Flacheisen auseinander, die sich so in der Mauer verspreizten.
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Aaaah, also eine Frühform des Spreizdübels!
Das heißt man kann die Rosetten durchaus - sofern die Schrauben nicht komplett festgerostet sind - von der Fassade entfernen, ohne die gröber zu beschädigen. Dahinter sieht man dann vielleicht sogar noch die originale Fassadenfarbe, die wird oft recht überraschend konserviert. Ich hab zum Beispiel an einem 50er-Bau einmal die Balkonlampe abmontiert und dahinter war die Fassade statt dreckgrau hellgelb.
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Die Wandplatten wurden mit Schrauben befestigt, welche am Ende einen Konus hatten. Durch das Anziehen der Mutter drückte der Konus vier beigelegte Flacheisen auseinander, die sich so in der Mauer verspreizten.
Vielen Dank für die Darstellung. Hast du vielleicht auch Informationen über die Herstellerfirma? Gabs da mehrere? Gibts die noch heute?
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Die Gabelkeilschrauben werden noch immer an Altbauten verwendet. Bei der MA33 lässt man rückgewonnene Schrauben immer wieder aufarbeiten, weil es keinen Hersteller mehr gibt. Bei modernen oder modernisierten Gebäuden mit vorgehängter oder isolierter Fassade sind diese Keilschrauben nicht mehr brauchbar. Heute greift man auf Produkte von HILTI zurück, Schlagdübel, Gewindestange und Ringschraube.
Soweit ich mich zurückerinnern kann, sind Wandrosetten stets mit den Schrauben als Altmaterial zurückgekommen. Eine früher übliche weitere Sicherung mit Schwefelzement hat ein Lösen der Schrauben verhindert.
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Über die Herstellerfirma ist mir leider nichts bekannt, ich denke auch nicht, dass Wandplatten in dieser Form noch irgendwo produziert werden. Wie schon richtig bemerkt wurde, werden heute meist Produkte von Hilti verwendet.
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Bis zu deren Konkurs hat die Firma Meller in Wien Liesing für die wiener Stadtmöblierung produziert, Kanaldeckel, Parkbankkonsolen, Gusssockel für Kandelaber, aber auch Bremsklötze und vieles mehr. Nach dem Beitritt zur EU musste man international ausschreiben und da haben Gießer aus Tschechien und der Slowakei den Zuschlag bekommen.
Die MA33 hatte der Einfachheit wegen ihre 1:1 Gussmodelle aus Holz bei der Firma Meller deponiert und es war selbst für ein Amt nicht einfach, diese aus der Konkursmasse herauszulösen. Ich war selbst bei der Abholung dabei und es war ein trauriger Anblick, wie in diesem einst angesehenen Unternehmen ein ehemaliger Mitarbeiter nocheinmal einen verstaubten Stapler in Betrieb setzte und die wertvollen Modelle auf unseren LKW lud.
Die Güsse der Unterbieter erreichen leider nicht die Meller Qualität und zeigen schon nach wenigen Jahren Spannungsrisse und Verformungen.
Ob man bei Meller auch Wandrosetten für die Straßenbahn gefertigt hat, kann ich leider auch nicht sagen.
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Bis zu deren Konkurs hat die Firma Meller in Wien Liesing für die wiener Stadtmöblierung produziert, Kanaldeckel, Parkbankkonsolen, Gusssockel für Kandelaber, aber auch Bremsklötze und vieles mehr. Nach dem Beitritt zur EU musste man international ausschreiben und da haben Gießer aus Tschechien und der Slowakei den Zuschlag bekommen.
Die MA33 hatte der Einfachheit wegen ihre 1:1 Gussmodelle aus Holz bei der Firma Meller deponiert und es war selbst für ein Amt nicht einfach, diese aus der Konkursmasse herauszulösen. Ich war selbst bei der Abholung dabei und es war ein trauriger Anblick, wie in diesem einst angesehenen Unternehmen ein ehemaliger Mitarbeiter nocheinmal einen verstaubten Stapler in Betrieb setzte und die wertvollen Modelle auf unseren LKW lud.
Die Güsse der Unterbieter erreichen leider nicht die Meller Qualität und zeigen schon nach wenigen Jahren Spannungsrisse und Verformungen.
Ob man bei Meller auch Wandrosetten für die Straßenbahn gefertigt hat, kann ich leider auch nicht sagen.
War das die selbe Firma Meller, die auch die bekannten Öfen hergestellt hat? Wenn ja, wann war dieser Konkurs?
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Ja, das war diese Firma, die diese Kultkamine herstellte. Der gutbürgerliche Haushalt hatte so einen hochpreisigen Kamin zu haben. In Die Fernsehgeschichte ist dieser Ofen auch in der Serie Familie Leitner aus dem Jahr 1958 eingegangen. Die Ausstattung hat so einen Schweren Ofen für das Wohnzimmer gewählt.
Das genaue Datum der Insolvenz kann ich leider nicht nennen, wir haben unser Inventar so um 2002 wieder bekommen.
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Seit wann ist das der Fall, dass die alten Wandrosetten und Wandringe durch neue Wandanker ersetzt werden?
Heute bei der Station Joachimsthalerplatz beim Severhof entdeckt.
[attach=1]
[attach=2]
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Vermutlich wird dort eine Fassadendämmung montiert, deshalb der neue verlängerte Wandanker.
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Ja, das war diese Firma, die diese Kultkamine herstellte. Der gutbürgerliche Haushalt hatte so einen hochpreisigen Kamin zu haben. In Die Fernsehgeschichte ist dieser Ofen auch in der Serie Familie Leitner aus dem Jahr 1958 eingegangen. Die Ausstattung hat so einen Schweren Ofen für das Wohnzimmer gewählt.
Die waren hochpreisig? Dann führe ich also einen gutbürgerlichen Haushalt, wieder was dazugelernt, danke! :o
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Eine Wandplatte in restauriertem Zustand.
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In der Engerthstraße zwischen Elderschplatz und Reichsbrücke sieht man noch ein paar schöne alte stücke! ;)
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Zitat: "Ja, das war diese Firma, die diese Kultkamine herstellte. Der gutbürgerliche Haushalt hatte so einen hochpreisigen Kamin zu haben. In Die Fernsehgeschichte ist dieser Ofen auch in der Serie Familie Leitner aus dem Jahr 1958 eingegangen. Die Ausstattung hat so einen Schweren Ofen für das Wohnzimmer gewählt."
Eine Frage zu den Meller-Kaminen (da ich selbst einen besitze): Gibt es noch Firmen, die bei solchen Öfen den Schamotte erneuern? Seitdem es die Firma Schmid und auch das Ofenhaus am Westbahnhof nicht mehr gibt, sieht es in dieser Hinsicht leider traurig aus...
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Hab ich mein Gustostückerl hier noch garnicht gezeigt?! Wundert mich grade selbst...
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Hast schon gezeigt.