Tramwayforum

Öffentlicher Verkehr national und international => Straßenbahn außerhalb Österreichs => USA => Thema gestartet von: 13er am 17. Juni 2014, 00:49:50

Titel: [USA] Baltimore
Beitrag von: 13er am 17. Juni 2014, 00:49:50
Auf meiner Reise die Ostküste hinauf kam ich auch in Baltimore vorbei, das ja nur ca. eine Autostunde von Washington entfernt liegt. Baltimore besitzt ein straßenbahnartiges Light Rail-System, das auf den Außenstrecken auf eisenbahnähnlichen Strecken unterwegs ist, aber auch die Innenstadt durchquert. Wobei Außenstrecken schon fast zu viel gesagt ist: Das gesamte Netz besteht aus einer einzigen Linie, die sich im Süden für wenige Stationen in zwei Äste aufteilt.

Zwei Dinge führten dazu, dass ich relativ wenige Fotos aus Baltimore habe: 1. Das Intervall am Wochenende ist furchtbar und 2. ein Faktor, an den man in Europa gar nicht so denkt (glücklicherweise nicht zu denken braucht): Amerikanische Großstädte sind mitunter recht gefährlich. Baltimore liegt im Bundesstaat Maryland und hat u.a. den Spitznamen "Body more, Murderland". Eine der höchsten Kriminalitätsraten durch Verarmung, Drogen usw. zeichnet die Stadt aus - B. ist sogar als die schlimmste Großstadt in dieser Hinsicht bekannt. Also kein Ort, an dem man sich gerne länger außerhalb des Zuges oder in eher abgelegenen Gegenden aufhalten möchte, schon gar nicht mit einer fetten Spiegelreflexkamera in der Hand. US-Downtowns sind noch dazu am Sonntag so gut wie ausgestorben, was zusätzlich noch zu einer ungemütlichen Atmosphäre führt.

Leider hat die 1992 eröffnete Straßenbahn nicht wirklich zu einer Aufwertung der Stadt geführt, dafür sitzen die Probleme strukturell wohl zu tief.

Beginnen wir am südöstlichen Ast in der Endstation, nachdem wir uns links beim McDonald's gestärkt haben :D Die Wagen sehen recht gefällig aus, irgendwie WLB-400er-ähnlich:

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Hier das oben angesprochene Intervall ::)

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Zur Ergänzung ein "Netzplan":

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Auch diese Züge sind trotz allem innen recht sauber:

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Ein Haltewunsch-System, das ich in Europa noch nirgends gesehen habe...

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Der Hinweis, dass man alte oder behinderte Personen niedersitzen lassen muss, erfolgt in allen Städten mit dem Verweis auf das Gesetz :D

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Viele Fotostellen gibt es nicht entlang der Fahrt. Am ehesten war es noch hier möglich, einen Blick auf Downtown zu werfen und gleichzeitig auch ein wenig Signaltechnik einzubinden:

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Blick in die andere Richtung. Leider ist hinter der Brücke keine Station, dort wäre es sehr fotogen gewesen (abgesehen von den Autobahnungetümen in mehreren Etagen):

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Der Zug nähert sich der Station, nachdem ich rechtzeitig wieder von den Gleisen gerannt bin (ich war zu dem Zeitpunkt sicher schon von irgendeiner Videokamera erfasst) ;)

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Eine nette Stelle gab es dann noch bei der Universität mit dem Kirchturm im Hintergrund. Der Zug ist insofern etwas Besonderes, als dass er solo verkehrt, denn es handelt sich um einen Stadionverstärker, der hinter mir zum Bahnhof (Penn Station) kurzgeführt wird:

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In der Station hängt auch der folgende vertrauenserweckende Hinweis:

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Der reguläre Folgezug gleich hinten drauf, sodass ich keine Zeit habe, ein anderes Motiv zu suchen...

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Da die Gegend nach der Universität ziemlich heruntergekommen aussah (und es so weit südlich recht schnell finster wird), haben wir hier die Expedition abgebrochen und sind zurückgefahren. Dabei haben wir noch das Stadion-Shuttle benutzt, was mir von mehreren Fahrgästen einen Rüffel für mein New York Yankees-Kapperl, die in Baltimore nicht sehr geliebt werden, eingebracht hat :D

Hier in der beinahe ausgestorbenen Downtown, wo wir umsteigen mussten:

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Und wieder zurück am Ausgangspunkt, wo unser Auto geparkt war:

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Im Wartehütterl dort hatte sich kurz zuvor ein Vorfall ereignet: Eine Obdachlose würgte eine Polizistin, die diese dann in Notwehr erschoss. Der Haltestellenbereich war mit Polizeiband abgesperrt und die Blutlacke noch zu sehen, während schon die Ermittler vor Ort waren.

Übrigens für Planespotter ist das ein schöner Parkplatz 8)

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Aber dann auf ins Auto und lieber weg von hier, bevor's finster wird. Diese Stadt lag halt grad am Weg, aber extra hinfahren muss man wirklich nicht. Zu sehen gibts dort sonst eigentlich nix.
Titel: Re: [USA] Baltimore
Beitrag von: Konstal 105Na am 17. Juni 2014, 08:43:30
Danke für die netten Bilder und deine Eindrücke!  :up: Ich hoffe es kommen noch mehr Bilder aus anderen Städten.

Leider hat die 1992 eröffnete Straßenbahn nicht wirklich zu einer Aufwertung der Stadt geführt, dafür sitzen die Probleme strukturell wohl zu tief.

Ich war noch nie in den USA, aber ich kann mir gut vorstellen, dass die Armut sehr tief in der Struktur der USA und ihrer Gesellschaft verankert ist. Das geht Hand in Hand mit Kriminalität. Es gibt kaum ein Sozialsystem, das die Leute auffängt. Abgesehen davon erleichtert das lasche Waffengesetz die Kriminalität. Ein ex-Arbeitskollege von mir fliegt mindestens zwei Mal pro Jahr nach New Orleans und meinte, man muss sich als Europäer erst einmal daran gewöhnen, dass jeder Obdachlose (und davon gibt es in den US-Großstädten sehr viele) eine Schusswaffe hat und die eventuell auch einsetzt.

nachdem wir uns links beim McDonald's gestärkt haben :D

Wenn man schon in die USA reist, dann sollte man doch auch die anderen Fastfoodketten ausprobieren, die es in Europa nicht gibt, wie etwa Taco Bell oder Wendy's. Waren die "Burger" bei McDonald's wenigstens besser als in Europa?

Hier das oben angesprochene Intervall ::)

Wie ist das Intervall zur Hauptverkehrszeit?


Ein Haltewunsch-System, das ich in Europa noch nirgends gesehen habe...

 :o  8)

In der Station hängt auch der folgende vertrauenserweckende Hinweis:

Naja, eine Warnung vor Taschendieben finde ich jetzt nicht so beunruhigend. Das gibt es in vielen Städten Europas auch.

Diese Stadt lag halt grad am Weg, aber extra hinfahren muss man wirklich nicht. Zu sehen gibts dort sonst eigentlich nix.

Die US-Städte sind wohl großteils nicht wirklich sehenswert, von einigen Ausnahmen wie New Orleans, New York, San Francisco und einigen anderen abgesehen. Alle USA-Fans, die ich kenne, fahren dort aufgrund der Landschaft oder der Kultur hin.
Titel: Re: [USA] Baltimore
Beitrag von: 95B am 17. Juni 2014, 09:23:14
Ein Haltewunsch-System, das ich in Europa noch nirgends gesehen habe...

In Brüssel gab/gibt (?) es ein ähnliches System bei den Gelenk-PCCs, wo sich außen eine druckempfindliche senkrechte Leiste im Türbereich befindet, mittels derer man die Türen öffnen kann.
Titel: Re: [USA] Baltimore
Beitrag von: moszkva tér am 17. Juni 2014, 10:05:04

nachdem wir uns links beim McDonald's gestärkt haben :D

Wenn man schon in die USA reist, dann sollte man doch auch die anderen Fastfoodketten ausprobieren, die es in Europa nicht gibt, wie etwa Taco Bell oder Wendy's. Waren die "Burger" bei McDonald's wenigstens besser als in Europa?


McD ist in den USA eh die "Tiafe Hittn". Mit Abstand die billigste Kette und auch bekannt dafür, dass sie die grindigsten Filialen haben. Das heißt, es gibt auch tolle Filialen von McD, aber sie haben auch ein Faible für schlechte Standorte, wo sich andere Ketten penibelst fernhalten.

Wendy's gibts übrigens in Tiflis (fast Europa) zwei Mal  ;)

Wenn man allerdings in die USA reist und Burger mag, sollte man aber nicht unbedingt die Fast Food Ketten abklappern, sondern einen frisch gemachten Burger in einem Diner bestellen. Am besten noch in einem Diner im 1950er-Jahre-Design. Das hat Stil!
Titel: Re: [USA] Baltimore
Beitrag von: martin8721 am 17. Juni 2014, 10:42:31
Baltimore liegt im Bundesstaat Maryland und hat u.a. den Spitznamen "Body more, Murderland". Eine der höchsten Kriminalitätsraten durch Verarmung, Drogen usw. zeichnet die Stadt aus - B. ist sogar als die schlimmste Großstadt in dieser Hinsicht bekannt. Also kein Ort, an dem man sich gerne länger außerhalb des Zuges oder in eher abgelegenen Gegenden aufhalten möchte, schon gar nicht mit einer fetten Spiegelreflexkamera in der Hand. US-Downtowns sind noch dazu am Sonntag so gut wie ausgestorben, was zusätzlich noch zu einer ungemütlichen Atmosphäre führt.


Ich würde dort auch nicht hinfahren seit ich die Serie "The Wire" gesehen habe. Die spielt nämlich in Baltimore und stellt die Problematik dieser Stadt hinsichtlich Verarmung, Drogen und Kriminalität SEHR gut dar.

Danke jedenfalls, dass du dich da reingetraut hast und uns diese Reportage zukommen hast lassen!  :up:

Titel: Re: [USA] Baltimore
Beitrag von: moszkva tér am 17. Juni 2014, 11:03:18
Ich würde dort auch nicht hinfahren seit ich die Serie "The Wire" gesehen habe. Die spielt nämlich in Baltimore und stellt die Problematik dieser Stadt hinsichtlich Verarmung, Drogen und Kriminalität SEHR gut dar.
Du kennst den Unterschied zwischen einem Film und der Realität?
[ ] Ja
[ ] Nein

Auch wenn viele Serien sehr realistisch sind, sind sie natürlich auch massiv überzeichnet und greifen nur die interessanten Einzelereignisse heraus. Aus 08/15-Alltagsereignissen kann man schlecht interessante Drehbücher machen  ;)
Insoferne sind Fernsehserien und Filme schlechte Ratgeber um zu erkennen, wie gefährlich ein Reiseziel ist.

Im übrigen traue ich mich nicht nach Bad Tölz, so viel wie dort passiert. Und nach Tokio würde ich auch nie fahren, bei der Unzahl an Monsterattacken in den letzten 60 Jahren  ;D
Titel: Re: [USA] Baltimore
Beitrag von: 13er am 17. Juni 2014, 11:14:57
Danke für die netten Bilder und deine Eindrücke!  :up: Ich hoffe es kommen noch mehr Bilder aus anderen Städten.
Na freilich, es kommen noch mehrere Städte (sogar einige mit PCCs im Linienbetrieb!) und Museen, ich schaff nur nicht so viel auf einmal ;)
Zitat
Wenn man schon in die USA reist, dann sollte man doch auch die anderen Fastfoodketten ausprobieren, die es in Europa nicht gibt, wie etwa Taco Bell oder Wendy's. Waren die "Burger" bei McDonald's wenigstens besser als in Europa?
Sie schmecken schon irgendwie anders. Ich hab keine großen Erwartungen an Fast Food, deswegen kann ich jetzt nicht sagen, ob sie besser waren. Wir waren natürlich auch bei einigen anderen Ketten, allerdings kein Wendy's, die sollen nicht gut sein. Was es wirklich alle paar Meilen gibt (ohne Übertreibung), ist Dunkin' Donuts. Am besten bezügl. Fast Food war das Philadelphia Cheese Steak, das mir an einem Stand beim Central Park frisch zubereitet wurde *mmmnh*

New York ist auf jeden Fall sehenswert, Washington hat aber ebenfalls einiges in Punkto Sightseeing zu bieten. Ansonsten sieht jede US-Stadt an der Ostküste irgendwie gleich aus. Nach San Francisco fahre ich erst, da soll es ja auch wunderschön sein mit ganz eigenem Flair.

@Intervall: Zur HVZ auf den beiden Ästen alle 20 Minuten, sodass sich ein 10-Minuten-Takt auf der Stammstrecke ergibt. Wochenende entsprechend weniger.
Titel: Re: [USA] Baltimore
Beitrag von: dalski am 21. November 2017, 23:32:14
Eine der mit Abstand ungemütlichsten und ungepflegtesten US-Städte die ich im Rahmen mehrerer Reisen besichtigen konnte ist Baltimore.
In meinen Augen war die Armut den Menschen ziemlich gut anzusehen.
Bilder vom Stadtbahnbetrieb kann ich nur wenige Anbieten, da mein Ziel mehr war diese Stadt so schnell wie möglich zu verlassen:
Titel: Re: [USA] Baltimore
Beitrag von: 13er am 21. November 2017, 23:47:35
Wird von den Leuten runderhum nur Bodymore, Murderland genannt 8)
Titel: Re: [USA] Baltimore
Beitrag von: Piefke am 18. Dezember 2019, 11:29:17
Danke für die netten Bilder und deine Eindrücke!  :up: Ich hoffe es kommen noch mehr Bilder aus anderen Städten.
Na freilich, es kommen noch mehrere Städte (sogar einige mit PCCs im Linienbetrieb!) und Museen, ich schaff nur nicht so viel auf einmal ;)

Ein Straßenbahnmuseum gibt es sogar hier:
https://www.baltimorestreetcarmuseum.org/

Und natürlich hatte auch Baltimore ein richtiges Netz , zuletzt mit modernen PCCs betrieben,
sowie Trackless Trolleys ("Gleislose Straßenbahn").
Titel: Re: [USA] Baltimore
Beitrag von: nord22 am 28. April 2020, 09:33:39
Museumswagen 4533 gebaut von Brill&Co (Foto: Marco Moerland, 23.09.2012).

LG nord22