1) Ich finde, man sollte das Autofahren stärker sanktionieren. Dies kann sehr gut über den Benzinpreis erfolgen, da so Vielfahrer einerseits und Benzinschlucker andererseits am meisten draufzahlen und auch am meisten zum Umstieg auf Alternativen angespornt werden können.
Auch wenn man das aus den falschen Gründen getan hat, so hat man immerhin seit Erstellung deines Postings die MöSt moderat angehoben. Das wird aber sicher niemanden daran hindern, weniger mit dem Auto zu fahren. Die Schwelle liegt hier IMHO relativ hoch, wie weit sich die Menschen das Autofahren noch "leisten können wollen", weil es als so etwas Grundlebensnotwendiges angesehen wird wie Essen oder Schlafen.
2) Die hohen Kosten für Sprit sollen natürlich der öffentlichen Hand zugute kommen, und nicht den Erdölfirmen oder Konzernen, die ja jedes Jahr Rekordumsätze feiern.
D'accord, siehe nächsten Punkt.
3) Das Geld sollte zweckgebunden sein für den ÖV, speziell die flächige Erschließung periphärer Gebiete. Straßenausbauten sollten möglichst unterbleiben, oder wenn, nur punktuell erfolgen.
Es nützt eben nichts, wenn das Geld dafür benutzt wird, andere Steuerlöcher zu stopfen oder Schulden abzubauen. Ein offensiver Ausbau von ÖV, sodass viele Menschen überhaupt erst daran denken können, auf ÖV umzusteigen, wäre wirklich notwendig. Flächige Erschließung schreit nach Straßenbahn oder Bus, ökologische Überlegungen lassen dann hauptsächlich noch die Straßenbahn übrig.
Leider werden in Wien ständig ÖV _und_ Straßen in ein Stadtentwicklungsgebiet ausgebaut. Und wenn dazwischen irgendwann das Geld knapp wird, gibt's dort nur mehr Straßen und keinen ÖV. Siehe Nordbahnhofgelände: Eigentlich geplant als "grün", praktisch straßenfrei, mit O-Wagen-Verlängerung, wette ich darauf, dass es ein Viertel wie jedes andere wird und der O-Wagen ist mittlerweile auch wackelig, obwohl ich ihn noch nicht ganz abschreiben würde.
4) Kostenwahrheit im öffentlichen Verkehr ist gefährlich: Wenn man in Wien für eine U-Bahn-Fahrt tatsächlich so viel zahlen müsste, wie sie real kostet, wäre das wahrscheinlich der Preis von einer Übernachtung im Mittelklassehotel. Daher Kostenwahrheit nur im IV!
Kostenwahrheit wäre trotz allem wichtig. Transparenz hat noch nie geschadet. Wenn dann – nach ehrlicher Rechnung! – tatsächlich herauskommen sollte, dass ein bestimmtes Verkehrsmittel sich nicht rentiert, dann kann man ja Alternativen ausarbeiten. Die U-Bahn würde jedenfalls keine Kostenwahrheitsanalyse überleben, so viel ist klar. Schon in den Innenstadtgebieten ist man (über den ganzen Tag gerechnet) vermutlich nur im unteren Mittelfeld dessen, wo man städteplanerisch eine U-Bahn für (kosten-)effizient hält.
5) Die Stadt- und Regionalplanung soll natürlich die Zersiedelung verhindern und eine Stadt der kurzen Wege fördern!
DAS ist genau das Kernproblem dieser Stadt (und anderer Städte). Zwar kann man sich den Arbeitsplatz heute natürlich nicht immer in der Nähe aussuchen, jedoch ist ja das in die Arbeit fahren keineswegs der einzige Faktor. Die Einkaufszentren am Stadtrand zerstören innerstädtische Strukturen. Oft sind solche EKZs nur mit dem Auto günstig erreichbar (SCS), wird jedoch noch dazu in der Nähe des ÖV gebaut (Stadioncenter, Millenniumcity), hat man eigentlich das größte Vergehen geschafft: Schließlich kann dann wirklich jeder problemlos zum EKZ kommen – und sehr viele tun's auch.
Die Perversion des ganzen ist, wenn man direkt an hervorragende funktionierende Geschäftsstraßen wie die Mariahilfer Straße daneben einen Riesenkomplex am Westbahnhof hinsetzt. Viele sind nicht meiner Meinung, aber ich denke mir, wenn ich mit der U3 oder U6 am Wbf. ankomme und direkt in dem Gebäude, vielleicht sogar noch bei denselben oder sehr ähnlichen Geschäften (der gleichen oder verwandten Marke), einkaufen kann, warum soll ich dann überhaupt noch die nicht sehr einladende Mariahilfer Straße hinunterspazieren?
Leider ist das Kind schon in den Brunnen gefallen und existierende Einkaufszentren kann man nicht mehr schließen. Es müsste aber einen sofortigen Genehmigungsstopp für weitere EKZs geben und der Einzelhandel vor Ort gefördert werden (teilweise versucht man's ja, auf der Lerchenfelder Straße etwa, aber es ist schon zu viel kaputt und die Mieten sind viel zu hoch). Parallel dazu muss Autofahren unattraktiv und die allerorts verfügbaren Parkplätze eingeschränkt werden, dann wird sich IMHO automatisch der Effekt einstellen, dass Menschen wieder in die Trafik ums Eck gehen, zum Spar in der Nachbargasse, zum kleinen, aber feinen Buchhändler auf der Straße.
@95B: Besonders interessant an deinem Posting finde ich den Zusammenhang zwischen Migrantenanteil und den kleinen (Kebab und Milch-)Geschäften vor Ort. Habe ich mir noch nie so wirklich überlegt, aber finde ich völlig einleuchtend!