Autor Thema: [SE] Göteborg  (Gelesen 110498 mal)

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MK

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Re: [SE] Göteborg
« Antwort #60 am: 29. Juli 2018, 17:35:37 »
Warum wurden die Mitteltüren umgebaut - aus Barrierefreiheitsgründen?
Wanderer, kommst du nach Liechtenstein,
tritt nicht daneben, tritt mitten rein!

Tramwaycafe

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Re: [SE] Göteborg
« Antwort #61 am: 30. Juli 2018, 12:10:53 »
Warum wurden die Mitteltüren umgebaut - aus Barrierefreiheitsgründen?
Die mir zur Verfügung stehenden Quellen geben zu dem eigentlichen Grund nichts her – doch sieht es in meinen Augen gerade in einem Land wie Schweden zumindest auch nach Deiner Vermutung aus: Man vergesse nicht, dass die alten Göteborger PCC-Türen nicht nur in ihrer Bedienung sehr, sagen wir, urtümlich sind, sondern auch die Türkonfiguration mit dem feststehenden Balken in der Mitte die Zugänglichkeit sehr reduziert hat… Kinderwägen fahren offenbar zahlreiche in den Göteborger Straßenbahnen mit; und durch die alten Türen passen sie einfach nicht durch – dazu waren die Türumbauten bei weitem nicht das einzige, was an den M29 im Laufe der Jahre verändert wurde.


Neben der (Kungsports)aveny ist die Gegend rund um den Hauptbahnhof ein ebenso klassisches wie ergiebiges Fotoziel. Vor dem markanten ehemaligen Postamt und dem nunmehrigen Hotel Clarion Post, gebaut 1925, macht sich das Pärchen M29 848 (Kal) + M28 758 (Torgny Segerstedt) am 23. Juli auf den Weg durch die Södra Hamngata – die Norra Hamngata ist ja derzeit gesperrt – zur zentralen Haltestelle Brunnsparken.

Durch die Södra Hamngata fahren derzeit die Linien 1, 2, 3, 4, 6, 7, 9 und 11 jeweils im 12-Minuten-Takt; dazu einige Buslinien, von denen wiederum so manche wegen der Straßenbahnumleitungen verstärkt ist: Da geht's schon dicht zu…

nord22

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Re: [SE] Göteborg
« Antwort #62 am: 30. Juli 2018, 13:39:56 »
Danke für deine ausführliche und interessante Reportage über Göteborg. Ich finde deine Berichte über Straßenbahnbetriebe, welche nicht zu den stark frequentierten Zielen von Straßenbahnfreunden zählen, besonders wertvoll.

nord22

Tramwaycafe

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Re: [SE] Göteborg
« Antwort #63 am: 31. Juli 2018, 09:00:38 »
Danke – es ist mir genauso Freude wie Vergnügen  :))


Östlich vom Hauptbahnhof wird es schnell ruhig; und die Stampgata ist ein ganz typisches Beispiel innenstadtnaher Straßenbahnstraßen in Göteborg: Wenig bis kein Autoverkehr, flott voran kommende Straßenbahnen ohne massive bauliche Eingriffe: Ein großer Kontrast gegenüber manchen geradezu U-Bahn-artigen Außenstrecken. Mir sind noch nicht viele andere Städte untergekommen, in der die Straßenbahn so nuanciert das gesamte Spektrum möglicher Integrationsvarianten ins Straßen- und Stadtbild abdeckt: Ich finde das sehr beeindruckend.

Hier kommt uns die Traktion M29 816 + M28 762 (Märta Ternstedt) am 23. Juli in der Stampgata nächst dem Polhemsplats auf Linie 2 Richtung Linnéplatsen entgegen: Dorthin ist derzeit der Zweier zurückgezogen, um dem Achter das vorüber gehende Wenden in Högsbotorp am Axel Dahlströms Torg zu ermöglichen, deren Schleife nur eine Linie aufzunehmen vermag.

coolharry

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Re: [SE] Göteborg
« Antwort #64 am: 31. Juli 2018, 10:19:17 »
Ist ja auch durchaus spannend.

Übrigens Danke für deine Reportage. Macht Spaß zu lesen.  :up:
Weil ein menschlicher Hühnerstall nicht der Weisheit letzter Schluß sein kann.

Tramwaycafe

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Re: [SE] Göteborg
« Antwort #65 am: 01. August 2018, 17:07:00 »
Danke nochmals, freut mich sehr :))


Das Gegenstück zum deutschen Liniensignal «E» ist in Göteborg das «X»; Ende Juli waren nicht nur Einzieher mit diesem Liniensignal unterwegs, sondern auch die Angeredsbana, die wegen Gleisbauarbeiten am Gamlestads Torg von dort über Eck zur Nymånegata statt Richtung Zentrum fuhr; in die Innenstadt ging's nur mit Umsteigen.

Wir befinden uns wieder in der Stampgata, einen Tag und viele Stunden später als auf der vorigen Aufnahme: Es ist gegen 20:00 Uhr abends, und hier zieht M31 365 in die Remise Majorna ein, welche zwar eine eigene Haltestelle hat, die aber von den Einziehern nicht mehr angefahren wird. So ist die letzte bediente Haltestelle der Jaegerdorffsplats, der über die Domkyrka angefahren wird – die Zielanzeigen in Göteborg sind bei aller verminderter Lesbarkeit präzise. Mehr als das: Zwischenziele verschwinden, nachdem sie angefahren wurden. Dieses Feature vermisse ich bei so vielen Betrieben…

Tramwaycafe

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Re: [SE] Göteborg
« Antwort #66 am: 02. August 2018, 11:11:33 »
Östlich vom Hauptbahnhof gibt’s zwei Möglichkeiten, in die nordöstlichen Teile des Straßenbahnnetzes zu gelangen – die herkömmliche straßenbündige Trasse über die Stampgata und den Redbergsplats, oder die Schnellfahrstrecke («Snabbspår») entlang der Eisenbahn; dies bis zum Gamlestads Torg ganz ohne Halt. Am Knotenpunkt Svingeln sind beide Strecken in etwa in der Mitte der Distanz miteinander verknüpft. Von allen vier theoretisch möglichen Relationen war Ende Juli nur die Strecke Hauptbahnhof–Snabbspår–Redbergsplatsen–Gamlestads Torg befahrbar, was etwa am Olskrogstorg, der einzigen Haltestelle zwischen Hauptbahnhof und Redbergsplatsen, für einen sehr dichten Straßenbahnbetrieb sorgt: Jetzt, Anfang August, fahren hier 8 Straßenbahnlinien vorbei…

Am 23. Juli kommt uns hier am Olskrogstorg die Traktion M29 840 + M28 746 (Sven Schånberg) entgegen. Es mag bis zu einem gewissen Grad der Ferienzeit geschuldet sein, dass der Autoverkehr minimal ist – aber davon abgesehen frage ich mich, wie die Stadt Göteborg den motorisierten Privatverkehr in der vorgefundenen Intensität aus den innenstadtnahen Straßenbahnstraßen zu verdrängen vermochte. Wie schon angedeutet: Es muss nicht immer ein baulich getrennter, selbständiger Gleiskörper sein, zumal in innenstadtnahen Straßenzügen; hier ist dem Autoverkehr ein minimaler Prozentsatz des gesamten Straßenquerschnitts verblieben, und die Straßenbahn kommt superflott voran.

Ach ja, auf der Website von Västtrafik, dem Betreiber des ÖPNV in Göteborg, gibt es natürlich einen Liniennetzplan, falls noch nicht gefunden ;) Der verlinkte Plan zeigt die Straßenbahnlinien und die «starken» Buslinien (Stombussarna).

Tramwaycafe

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Re: [SE] Göteborg
« Antwort #67 am: 03. August 2018, 15:55:53 »
Weiter d'raußen im Osten, nicht weit von des Dreiers Endstation in Kålltorp, ist die Infrastruktur schon wesentlich «schwerer»; abgezäunter eigener Gleiskörper, bei weiterhin Kreuzungsmöglichkeit im Niveau an definierten Punkten (siehe Fussgängerübergang im Hintergrund!). Muss man nicht mögen, ist aber höchst effektiv und erspart einem insbesondere den Bau einer U-Bahn bei wesentlich besserer Zugangsmöglichkeit als es eine solche zu bieten vermag.

Göteborg ist (ziemlich) konsequent darin, als Fahrziel den Stadtteil auszuschildern, in den eine Linie letztlich verkehrt; die eigentliche End-Haltestelle trägt dann einen anderen Namen, so wie beim Dreier «Virginsgatan». Nicht jeder ist dieser Meinung, aber ich schätze diesen Zugang durchaus hoch. Hier bei der Solrosgata ist es für das Pärchen M29 817 + M28 716 (Kent Andersson) nur mehr ein kleines Stückchen bis zur Virginsgata, und so ist natürlich das «via snabbspåret» längst vom Display verschwunden, wie es sich gehört.

Tramwaycafe

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Re: [SE] Göteborg
« Antwort #68 am: 04. August 2018, 10:14:44 »
Bis jetzt hatten wir so viele Punkte auf der Habenseite… Göteborg hat eine ganz hohe Quote von Haltestellen mit Echtzeitanzeigen; und die funktionieren auch gut (von der Tatsache abgesehen, dass das Darstellungsdesign ge«tüftelt» aussieht). Die Haltestelle, die auf diesem Foto abgebildet ist, ist zwar eine Bushaltestelle (mir ist keine einzige Straßenbahnhaltestelle untergekommen, an der direkt auf die Fahrbahn ausgestiegen werden müsste) – dennoch ist auch sie mit einer Echtzeitanzeige ausgestattet. Wer genau hinsieht, findet sie auch – und genau in diesem Satz liegt auch das Problem ;)

Neben den Ansaldobreda-M32 erinnern auch die versteckten Displays an Italien – was ich in diesem Fall für eine nicht am Zenit der Möglichkeiten liegende Wahl erachte, um es sehr vorsichtig zu formulieren. Wir sind hier jedenfalls zurück im Westen von Göteborg, nächst der Remise Majorna – dies ist genau das Stückchen zwischen dem Jaegerdorffsplats und der Remise, das unlängst erwähnt wurde. M29 805 (Sven-Eric Johanson) und M28 759 am 24. Juli in einer Kulisse (wenigstens teilweise) wie aus einem Schwedenprospekt :)

T1

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Re: [SE] Göteborg
« Antwort #69 am: 04. August 2018, 10:19:39 »
Danke für deine Fotos und Schilderungen. Hach, Göteborg! Was für eine Stadt :)

Tramwaycafe

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Re: [SE] Göteborg
« Antwort #70 am: 05. August 2018, 09:14:42 »
Hach, Göteborg! Was für eine Stadt :)
In der Tat :up: :))


Wie anfangs schon angedeutet, befindet sich Göteborg in der außerordentlich glücklichen Lage, über ein im Laufe der Geschichte kontinuierlich weitergewachsenes Netz zu verfügen. Bloß eine kurze Strecke von Bedeutung wurde jemals dauerhaft stillgelegt; andererseits ist das Netz heute wesentlich größer als zu Zeiten, wo anderswo der Höhepunkt der Straßenbahnentwicklung erreicht war.

Ein signifikanter Schritt zur Vermaschung des Straßenbahnnetzes in Göteborg war der Kringen-Bau – kurz für Kollektivtraffikringen. Rund um 2000 entstanden so die ersten Strecken, die innenstadtnah die Radien verbinden; und erst in diesem Jahrzehnt kam die Strecke via Stenpiren dazu. Dies ist noch nicht abgeschlossen – anders als andere Städte beschäftigt sich Göteborg nicht nur mit Strecken in die Peripherie, sondern verdichtet weiter das Innenstadtnetz.

Eine der ersten Strecken, die im Zusammenhang mit Kringen entstand, ist die Osttangente von Korsvägen nach Ullevi, wo hier am 24. Juli M31 301 (Beda Hallberg) Richtung Süden zum seinerzeit ebenfalls neuen Chalmerstunnel auf Linie 6 weiterfährt, die die Kringenlinie schlechthin ist.

Tramwaycafe

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Re: [SE] Göteborg
« Antwort #71 am: 09. August 2018, 11:59:08 »
Auch in Göteborg gibt es beliebig international austauschbare 1960er/1970er-Jahre-Wohnblöcke, so wie hier nicht weit vom Linnéplats nächst Olivedalsgatan über der Innenstadt. Der Zweier ist eine der wenigen Linien, die sich ihren Weg teilweise alleine durch ruhigere innenstadtnahe Straßenzüge bahnen, wie hier repräsentiert durch M29 849 (Kalle Glader) und M28 726 am 23. Juli.

Die M29 und unlängst auch die M28 sind alle mit Innendisplays zur Anzeige von Linie, Ziel, nächster und übernächster Haltestelle ausgestattet worden, samt Haltestellenansage – diese ist insoweit originell als die nächste Haltestelle grundsätzlich mit «Nästa:» angekündigt wird; falls allerdings schon ein Haltewunsch geäußert wurde, mit «Stannar vid:» («Hält an bei der/beim/an der/am:»). Dabei mag ich die Göteborger Intonation, wo der berühmte schwedische «Singsang» in meinen Ohren noch ausgeprägter ist als etwa in Stockholm – schwedisch ist eine tonale Sprache!

hema

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Re: [SE] Göteborg
« Antwort #72 am: 09. August 2018, 13:22:10 »
. . . . international austauschbare 1960er/1970er-Jahre-Wohnblöcke . . . .
. . . . entworfen von international austauschbaren Architekten!   8)
Niemand ist gezwungen meine Meinung zu teilen!

nord22

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Re: [SE] Göteborg
« Antwort #73 am: 09. August 2018, 21:56:04 »
Als Ergänzung zur tollen Reportage von Tramwaycafe zwei Aufnahmen von 1964 von Jean-Henri-Manara, welche den ursprünglichen Zustand der PCC Wagen zeigen.

nord22

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Re: [SE] Göteborg
« Antwort #74 am: 09. August 2018, 22:31:14 »
Danke an Kollegen @nord22 für die schönen Fotos von M25-Wägen noch aus der Linksverkehrszeit :up: Wenn wir schon bei Historischem sind: Postkartenaufnahmen gefällig? ;) Die rührige «Ringlinien»-Gesellschaft hat nicht nur einige historische Straßenbahnen mustergültig renoviert, sondern betreibt mit diesen einen zu Sommerzeiten auch durchaus dichten Straßenbahnverkehr zwischen dem Hauptbahnhof und dem Liseberg, Göteborgs Gegenstück zum (Wurstel)prater.

Von diesen historischen Wägen fuhren am 23. Juli zwei alte Garnituren der Långedragslinje: Die heutige Straßenbahnstrecke nach Saltholmen über Långedrag war ursprünglich außerhalb von Kungssten als Eisenbahn konzessioniert und vom Järntorg aus in Form einer Art Überlandstraßenbahn à la Badner Bahn betrieben, auf der die damals breitesten Straßenbahngarnituren Schwedens verkehrten. Das betraf sowohl Zweiachser wie hier Wagen M20 302 nächst Kungsportsplatsen…
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…als auch die richtig imposanten Vierachser wie hier Wagen M21 208 in der Stampgata am Polhemsplats:
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Heute ist die Långedragslinje voll ins Straßenbahnnetz integriert, und auch davon abgesehen um nichts «schwerer» als so manch andere Strecke in die Vorstädte.


PS: Auch wenn der Vierachser als Linie 9 unterwegs war, hatte ich nicht den Eindruck, als ob irgendjemand eine Garnitur nach Saltholmen dahinter vermutete… Soviel zu Museumsgarnituren mit Echtausschilderung!