Autor Thema: Müllbahn Bruckhaufen  (Gelesen 3226 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

fr3

  • Fahrer
  • ***
  • Beiträge: 417
Müllbahn Bruckhaufen
« am: 26. Mai 2020, 11:25:44 »
Weil hier in letzter Zeit von der Müllentsorgung in Wien die Rede war, möchte ich auf eine Reportage zur ehemaligen Müllbahn Bruckhaufen (heute Donaupark) hinweisen, die ich im EBFÖ zusammengestellt habe. LINK

95B

  • Verkehrsstadtrat
  • **
  • Beiträge: 36123
  • Anti-Klumpert-Beauftragter
Re: Müllbahn Bruckhaufen
« Antwort #1 am: 26. Mai 2020, 12:12:32 »
Hochinteressant, vielen Dank!
Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch ans Licht der Sonnen!
... brrrr, Klumpert!
Entklumpertung des Referats West am 02.02.2024 um 19.45 Uhr planmäßig abgeschlossen!

WIENTAL DONAUKANAL

  • RBL-Disponent
  • ***
  • Beiträge: 1975
Re: Müllbahn Bruckhaufen
« Antwort #2 am: 26. Mai 2020, 15:46:24 »
Am Wienerberg gab es auch eine Müllbahn, die ÖNB hat dazu einige Aufnahmen beider Bahnen.

http://www.kulturpool.at/plugins/kulturpool/kuposearch.action?pageNum=1&searchText=m%25C3%25BCllabfuhr%2Bwien&kupoContext=default&resultsPerPageSelect=10

Westlich der Triesterstrasse bis zur Eibesbrunnergasse hatte die Gemeinde Wien bis zum Ende der 60er Jahre eine unbeaufsichtigte Deponie. Das war ein bis zu 24 m tiefer Tonabbau. Neben unbedenklichen Ausschuss der Wienerberger Tonwarenfabrik ist auch so mancher Giftstoff dort eingebracht worden. An den Folgen arbeitet man noch heute.

fr3

  • Fahrer
  • ***
  • Beiträge: 417
Re: Müllbahn Bruckhaufen
« Antwort #3 am: 26. Mai 2020, 16:03:54 »
Am Wienerberg gab es auch eine Müllbahn, die ÖNB hat dazu einige Aufnahmen beider Bahnen.
Da dort "nur" Dieselbetrieb herrschte, hat diese Bahn vermutlich weniger fachliches Echo verursacht. Gefunden habe ich dazu außer diesen Bildern nichts. Die Müllkippwagen dürften jedoch baugleich zum Bruckhaufen gewesen sein.

Zitat
Westlich der Triesterstrasse bis zur Eibesbrunnergasse hatte die Gemeinde Wien bis zum Ende der 60er Jahre eine unbeaufsichtigte Deponie. Das war ein bis zu 24 m tiefer Tonabbau. Neben unbedenklichen Ausschuss der Wienerberger Tonwarenfabrik ist auch so mancher Giftstoff dort eingebracht worden. An den Folgen arbeitet man noch heute.

Die Altlasten beider Deponien sind mittlerweile gut dokumentiert. Zum Donaupark findet sich etwa folgendes:

Bereits ab 1962 wurden am Bruckhaufen – parallel zur Deponierung von Müll – Deponieflächen mit Erdmaterial abgedeckt, der Donaupark hergestellt und der
Donauturm errichtet. Die nur oberflächige Sanierung der Deponie führte bereits während der WIG 64 zu Schwierigkeiten. So traten an einigen Stellen Deponiegase
aus. Das Grundwasser zur Bewässerung der Anlage und zum Betrieb der Brunnen war kontaminiert, so dass einige Brunnen stillgelegt werden mussten. Die Nebeldüsen
eines Brunnens des Bildhauers Josef Seebacher (1918 – 1981) wurden entfernt, da bei der Vernebelung des kontaminierten Grundwassers unangenehme Gerüche
entstanden.

Das Areal Donaupark-Bruckhaufen wurde 1990 als Altlast der Prioritätenklasse 2 in den Altlastenatlas Wien aufgenommen. Auf der dreistufigen Skala kennzeichnet dies
eine Altlast, die mit mittlerer Dringlichkeit gesichert bzw. saniert werden muss. Die neun Meter hohe Schüttung aus Hausmüll und Bauschutt reicht bis in den
Grundwasserschwankungsbereich und kann bei Hochwasser kurzzeitig bis zu drei Meter in das Grundwasser eintauchen. Als größte Gefahr der Altlast gilt daher – neben
Deponiegasen – das Abströmen von kontaminiertem Grundwasser in die Alte Donau. Bereits 1988 wurde als Sofortmaßnahme ein erster Sperrbrunnen errichtet. Für die
Errichtung der UNO-City und der Donau-City wurde 1991 Müll der Deponie entfernt und z.T. am Gelände des Wiener Bergs deponiert. Seit 1993 verhindert schließlich ein
System aus Sperrbrunnen, dass kontaminiertes Grundwasser über den Grundwasserstrom in die Alte Donau gelangt. Die kontaminierten Wässer werden im
Irissee, der zum Schönungsteich umgestaltet wurde, geklärt und in die Donau geleitet.

Quelle: 50 Jahre Donaupark: stadtplanerische Vision und Dimension,S. 12, Litschka/Krippner, Boku Wien, 2011

Interessant, dass trotzdem gleich nach Aufschüttung der Deponie dort zunächst - also noch vor der Anlage des Donauparks - eine Schrebergartensiedlung angelegt wurde, wie aus den Luftbildern von 1959 zu erkennen ist. Wer dort damals einen Brunnen angelegt hat, hatte vermutlich eher Erdgas zum Kochen als Wasser angezapft.

Altlast W10: WIG 64 (Donaupark-Bruckhaufen)
Gesicherte Altlast W9: Wienerberg - West

WIENTAL DONAUKANAL

  • RBL-Disponent
  • ***
  • Beiträge: 1975
Re: Müllbahn Bruckhaufen
« Antwort #4 am: 26. Mai 2020, 16:54:35 »
Kürzlich wurde im Dorotheum ein Bild von Paul Robert Passini, 1881 - 1956, versteigert. Es zeigt den westlichen Abbau exakt nach der Natur kurz vor der Ausbeutung der Grüntonschichten.

1)  Zug der Linie 165 auf dem durch Abbau entstandenen Damm der Triesterstrasse, an der oberen Brust bis zu  24 m hoch.

2)   Der grosse Eimerkettenbagger auf Breitspurgleis konnte links und rechts mit den Auslegern schürfen und den Tegel in einem Hochbunker zwischenlagern. Mittig im Baggergleis ist das Feldbahngleis eingenagelt. Die Loren wurden aus dem Hochbunker befüllt. Diese Feldbahnstrecke querte dann die Triesterstrasse und die Linie 165.
Nach der Ausbeutung hat man den Bagger an die tiefste Stelle gefahren und bei der Fortschreitenden Planierung verschüttet und da ruht er noch immer.   

3)  Der grosse Klärteich war ein beliebter Badeteich zu dem man auch von ferneren Bezirksteilen herkam. Es gab sogar uf der Linie 165 einen bescheidenen Bäderverkehr.

4)  Aus der Richtung Eibesbrunnergasse schiebt sich bereits die Planie heran, die ersten Lagen stammen noch vom Aushub der ortsnahen Gemeindebauten, später von Kriegsruinen und Abbruchhäuser. Da es keine Aufsicht gab, haben viele Betriebe und Private dort illegal abgelagert. Im Teich landete so mancher ausgedienter PKW.

Z-TW

  • Verkehrsführer
  • *
  • Beiträge: 2300
Re: Müllbahn Bruckhaufen
« Antwort #5 am: 26. Mai 2020, 17:00:59 »
Ich kann mich noch erinnern, als ein Feldbahnzug die Triester Straße querte. Ich war damals mit dem Vater auf dem Motorroller unterwegs und wir mussten warten.

fr3

  • Fahrer
  • ***
  • Beiträge: 417
Re: Müllbahn Bruckhaufen
« Antwort #6 am: 27. Mai 2020, 13:59:23 »
Es gab am Wienerberg offenbar mehrere Müllbahnen bzw wurden die vorhandenen Feldbahnen der Tongruben vermutlich für Müll- und Schuttransport adaptiert.


In dem Maße, als die Wiederinstandsetzung der Fahrzeuge und Einrichtungen der Müllabfuhr fortschritt, nahmen auch die Straßen ein anderes Aussehen an. Zuerst galt es, die riesigen Mengen von rund 200.000 m? Müll
aus den Straßen und Häusern wegzuschaffen. Schon anfangs Mai 1945 wurde unter Heranziehung von Arbeitskräften, die die Bezirksämter zur Verfügung stellten, damit begonnen. Bei der Großaktion im September und Oktober 1945
war der gesamte Straßenpflegebetrieb mobilisiert worden. Über die Erfolge dieser Aktion wurde im vorhergehenden Kapitel berichtet. Auch die Straßenbahn wurde für die Müllabfuhr herangezogen. Ein Teil des Mülls wurde
durch ihre Lastwaggons auf eine neue AÄbleerstätte beim Kaiserwasser im 2. Bezirk und zur Endstation der Linie 66 der Straßenbahn gebracht, von wo eine im Herbst 1945 errichtete Feldbahn den Müll zum städtischen Ableerplatz in die Tolbuchinstraße beförderte. Im August 1946 konnte auch der Betrieb des Müllverbrennungsofens im 19. Bezirk Grinzinger Straße wieder aufgenommen werden. Die Instandsetzung der Müllbahnen auf den Ableerplätzen wurde im Jahre 1946 beendet. Neben den bestehenden Ableerplätzen im 2. Bezirk Bruckhaufen und im 10. Bezirk Tolbuchinstraße wurden neue Müllableerplätze beim Stadion, im 12. Bezirk an der Eibesbrunnergasse und im. 17. Bezirk bei der Sängerwarte errichtet.

Quelle

Anmerkung: Tolbuchinstraße (10; 23), benannt (11. April 1946 Gemeinderatsausschuss) nach dem sowjetrussischen Marschall Fjodor Iwanowitsch Tolbuchin; vorher und seit 18. Juli 1956 Laxenburger Straße.

Weitere Einträge finden sich zur Schuttbeseitigung nach dem Krieg durch Föderbahnen und durch die Straßenbahn, siehe hier.

Interessant wäre eine Suche nach dem Schrägaufzug, der im oberen Bild zu sehen ist, denn dazu gibt es bestimmt Einträge.

fr3

  • Fahrer
  • ***
  • Beiträge: 417
Re: Müllbahn Bruckhaufen
« Antwort #7 am: 27. Mai 2020, 15:55:09 »
Ich kann mich noch erinnern, als ein Feldbahnzug die Triester Straße querte. Ich war damals mit dem Vater auf dem Motorroller unterwegs und wir mussten warten.
Bestimmt bis in die 1970er war die Triester Straße zwischen Linienverzehrungssteueramt und Wienerbergstraße gepflastert, woran man von der Südautobahn kommend gemerkt hat, dass man endlich in Wien angekommen war. In der Straßenmitte lag noch das Gleis vom 165er. Und die Feldbahnkreuzung war auch noch zu erkennen. Weiter oben, wenn ich mich recht erinnere (ich war damals noch ein Kind) gab es auch noch eine Ausweichen der Straßenbahn.
Zur Feldbahn gibt es hier einen Hinweis.

WIENTAL DONAUKANAL

  • RBL-Disponent
  • ***
  • Beiträge: 1975
Re: Müllbahn Bruckhaufen
« Antwort #8 am: 27. Mai 2020, 17:13:23 »
Ich habe noch Aufnahmen vom westlichen Wienerberger Abbaugebiet, aber da der einstige Einsteller dem Forum nicht mehr gewogen ist, darf ich sie hier nicht bringen.

Gut dokumentiert hier:


https://unterirdisch.de/index.php?threads/wienerberger-ziegelwerke-wien-10-usw.8677/

https://www.zobodat.at/pdf/JbGeolReichsanst_147_0263-0273.pdf

37er-Wagen

  • Schaffner
  • **
  • Beiträge: 164
Re: Müllbahn Bruckhaufen
« Antwort #9 am: 19. Juni 2020, 11:47:02 »
2)   Der grosse Eimerkettenbagger auf Breitspurgleis konnte links und rechts mit den Auslegern schürfen und den Tegel in einem Hochbunker zwischenlagern. Mittig im Baggergleis ist das Feldbahngleis eingenagelt. Die Loren wurden aus dem Hochbunker befüllt. Diese Feldbahnstrecke querte dann die Triesterstrasse und die Linie 165.
Nach der Ausbeutung hat man den Bagger an die tiefste Stelle gefahren und bei der Fortschreitenden Planierung verschüttet und da ruht er noch immer.   

Das ist so Wissen, das gerne verloren geht... ich glaube kaum, dass dieser Vorgang irgendwo dokumentiert wurde und wenn, hats das sicher nicht ins WStLA geschafft... ich nehme an, die Entsorgung des Baggers auf diese Art war nicht ganz legal.

Gibts noch Aufzeichnungen, wo diese "tiefste Stelle" war? ich denke, für die Stadtarchäologie wär das ganz spannend...
Mit freundlichen Grüßen
37er-Wagen

PRO Wiederherstellung Linie 8 !!