Autor Thema: [PM] ÖVP will „Karl-Renner-Ring“ umbenennen  (Gelesen 18645 mal)

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[PM] ÖVP will „Karl-Renner-Ring“ umbenennen
« am: 13. April 2013, 23:29:52 »
Zitat
ÖVP will „Karl-Renner-Ring“ umbenennen

Die ÖVP will den Wiener „Dr. Karl-Renner-Ring“, an dem unter anderem das Parlament steht, in „Parlamentsring“ umbenennen. Das sagt Klubchef Karlheinz Kopf in der „Kronen Zeitung“ (Sonntags-Ausgabe).

Kopf begründet das damit, dass die Biografie des sozialdemokratischen Politikers Renner, der maßgeblich an der Gründung der Ersten und Zweiten Republik beteiligt war, neben positiven Verdiensten auch „antisemitische und republikfeindliche Flecken“ aufweise.

Wien benannte „Dr. Karl-Lueger-Ring“ um

Im Vorjahr hatte die Gemeinde Wien den nach dem legendären christlichsozialen Bürgermeister benannten „Dr. Karl-Lueger-Ring“ in „Universitätsring“ umbenannt – vor allem wegen Luegers antisemitischer Politik. Ähnliches wünscht sich Kopf nun für den nach dem Sozialdemokraten benannten Karl-Renner-Ring.

Ausgelöst hatte die Debatte der frühere Salzburger ÖVP-Landeshauptmann Franz Schausberger, der im „Österreichischen Jahrbuch für Politik 2012“ eine Reihe von antisemitischen Zitaten Renners ins Treffen führte – etwa die Aufforderung an die Regierung 1920, „die Judenfrage zu klären“.

Anti-semitsche Zitate aus Zusammenhang gerissen

Zur Verteidigung Renners rückte Ende März im „Standard“ der Wiener SPÖ-Politiker Ludwig Dvorak aus: Er bezeichnete die Aussagen als teils aus dem Zusammenhang gerissen, denn tatsächlich habe Renner in den zitierten Parlamentsreden die antisemitische Wahlkampfrhetorik der Christlichsozialen sarkastisch aufs Korn genommen und „die allgemeine Anschwärzung und Herabsetzung“ der Juden kritisiert.

Kopf will laut „Krone“ jedenfalls die Adresse des ÖVP-Parlamentsklubs auf „Parlamentsring“ ändern. Zumindest im Internet ist davon allerdings noch nichts zu sehen. Dort firmiert der ÖVP-Klub weiterhin unter „Dr.-Karl-Renner-Ring 3“.

Quelle: http://www.orf.at/#/stories/2176756/

Der Schausberger ist zwar ein Hiasl, weil er die Zitate wirklich aus dem Zusammenhang gerissen hat (da er Geschichtswissenschaftler ist, darf man sich fragen, ob ihm das einfach so passiert ist - dann wäre er jedenfalls als Wissenschaftler fragwürdig, um es mal vorsichtig auszudrücken), aber im Prinzip trotzdem eine gute Sache, Politiker aus Straßennamen zu entfernen!

Und wenn man schon dabei ist: Julius Tandler war leider auch bei weitem keiner von den "guten" (hat sich für die Ausrottung "unwerten Lebens" eingesetzt und das mehrmals und ganz zweifellos aus voller Überzeugung, nicht durch verdrehte Zitate). Auch dieser Platz sollte umbenannt werden. Vorher hieß er Althanplatz, wobei der Gundacker von Althan als k.k. General sicher auch irgendwelchen Dreck am Stecken hat, aber immerhin den Vorteil hat, dass das schon viel länger her ist :D Aber vielleicht fände man da ja irgendeinen neutralen Namen? Von mir aus Alserbachplatz.
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Re: [PM] ÖVP will „Karl-Renner-Ring“ umbenennen
« Antwort #1 am: 13. April 2013, 23:53:37 »
Der Schausberger ist zwar ein Hiasl, weil er die Zitate wirklich aus dem Zusammenhang gerissen hat (da er Geschichtswissenschaftler ist, darf man sich fragen, ob ihm das einfach so passiert ist - dann wäre er jedenfalls als Wissenschaftler fragwürdig, um es mal vorsichtig auszudrücken), aber im Prinzip trotzdem eine gute Sache, Politiker aus Straßennamen zu entfernen!
Ja, das wochenlange Hick-Hack der Rot- und Grünfaschisten im Standard, wer von beiden den braunen Peter zugeschoben bekommt, war echt lustig und von völliger historischer Unkenntnis geprägt.

Wichtig wäre tatsächlich einmal die Namen von Straßenschildern zu tilgen, bei denen die Zitate zur politischen Einstellung durch entsprechende  Quellenlage eindeutig belegt ist und deren Wirken signifikant negativ von der historischen Norm abweicht. Bei Tandler ist hier sicherlich zu überlegen (hier geht's übrigens gar nicht um Nationalsozialismus, mit denen hatte der gar nichts zu tun). Einerseits ist seine Leistung als Arzt sicher unbestritten, andererseits sind genau seine Aussagen zu unwertem Leben umso gravierender zu verstehen, als der Mann Arzt war. Renners Aussagen sind insofern als eher harmlos einzustufen, als im zeitgenössischen Kontext kaum von der Norm abweichend, Lueger im Prinzip auch – wenngleich es natürlich ein Affront gegenüber der Wissenschaft in der zweiten Republik ist, wenn ausgerechnet der Universitätsring nach einem ausgewiesenen Wissenschaftsfeind benannt war. Insofern geht die Umbenennung völlig OK, beim Luegerplatz würde ich persönlich nichts machen.

Im allgemeinen kann man aber bei derart repräsentativen Straßen wie dem Ring im Prinzip auch einfach die salomonische Lösung wählen: Parlamentsring und die Sache hat sich. Dem Renner, dessen Verdienste um die Republik gewiß über jeden Zweifel erhaben sind, kann man ebenso anderswo eine Verkehrsfläche zuordnen (allerdings müßte der Luegerplatz dann auch weg).

Man kann aber auch zu seiner Geschichte mit all ihren Facetten stehen und Straßen, die nach Persönlichkeiten benannt sind, die die Stadt und die Republik nachhaltig in ihrer Entwicklung signifikant positiv beeinflußt haben, ihren Namensträger lassen – einmal vorausgesetzt, daß es sich um keine Gewaltverbrecher handelt.

Keinesfalls jedoch würde ich so radikal vorgehen und die Benennung von Verkehrsflächen nach Menschen komplett beenden. Die Geschichte der letzten 10.000 Jahre ist die Geschichte des Menschen und die Geschichte des Menschen ist eben eine von Irrtümern, Mißverständnissen und Veränderung, damit muß man leben!

Aber eines muß einmal auch ganz klar gesagt werden: Diese Aktion ist natürlich nur ein (wie immer) peinliches Umhertreten der ÖVP, die wegen des Universitätsringes angepißt ist. Diese Partei sieht einfach ihre letzten Felle davonschwimmen und ist extrem in ihrem Stolz gekränkt, weil sich kein vernünftiger Mensch in diesem Land mehr mit ihr identifizieren kann. Schließlich vertritt sie nur mehr den Vermögenserhalt der Superreichen, die Wirtschaftspolitik von Raiffeisen und schiebt den Bauernbundbauern das Geld in den Arsch (echte Bauern fühlen sich von denen eh nicht mehr vertreten). Und christlich-sozial war vielleicht einmal vor 20 oder 30 Jahren.
Ich verstehe das Konzept dahinter nicht und bin generell dagegen.

hema

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Re: [PM] ÖVP will „Karl-Renner-Ring“ umbenennen
« Antwort #2 am: 13. April 2013, 23:56:39 »
Ich sag' ja immer schon, dass man Verkehrsflächen,  Parks usw. nicht nach Menschen benennen soll(te)! Da spart man sich viel Streit und allfällige spätere Umbennungen. Auch den Denkmalunfug sollte man überdenken und keine solchen "Huldigungsstätten" mehr errichten.  ::)
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darkweasel

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Re: [PM] ÖVP will „Karl-Renner-Ring“ umbenennen
« Antwort #3 am: 14. April 2013, 00:26:22 »
Im allgemeinen kann man aber bei derart repräsentativen Straßen wie dem Ring im Prinzip auch einfach die salomonische Lösung wählen: Parlamentsring und die Sache hat sich.
Oder man gibt dem Palais Epstein die Adresse Burgring 9 und dem Parlament die Adresse Burgring 11. Das Stückerl braucht doch keinen eigenen Namen. >:D :P (Aber wie nennen wir dann die Straßenbahnstationen, das ist ja furchtbar! :D :o )
Man kann aber auch zu seiner Geschichte mit all ihren Facetten stehen und Straßen, die nach Persönlichkeiten benannt sind, die die Stadt und die Republik nachhaltig in ihrer Entwicklung signifikant positiv beeinflußt haben, ihren Namensträger lassen – einmal vorausgesetzt, daß es sich um keine Gewaltverbrecher handelt.
Sehe ich ehrlich gesagt eher so - Straßen umzubenennen, weil nicht mehr alle Handlungen der Menschen als gut eingestuft werden, halte ich für relativ bedenklich, denn der nächste Schritt wäre dann, dass jeder Gemeinderat bei jedem politischen Wechsel das halbe Straßennetz umbenennt.

Linie 41

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Re: [PM] ÖVP will „Karl-Renner-Ring“ umbenennen
« Antwort #4 am: 14. April 2013, 00:33:46 »
(Aber wie nennen wir dann die Straßenbahnstationen, das ist ja furchtbar! :D :o )
Bellariastraße. ;) 8)

Sehe ich ehrlich gesagt eher so - Straßen umzubenennen, weil nicht mehr alle Handlungen der Menschen als gut eingestuft werden, halte ich für relativ bedenklich, denn der nächste Schritt wäre dann, dass jeder Gemeinderat bei jedem politischen Wechsel das halbe Straßennetz umbenennt.
FullACK. Abgesehen davon, daß ein einem liberalen Staat mit Meinungsfreiheit sowieso nicht prinzipiell alles nach der gerade vorherrschenden Meinung geformt werden sollte (klar müssen Grenzen gezogen werden, daß man in Mitteleuropa eine Straße nicht nach Hitler, Stalin oder Mugabe benennen kann, ist irgendwie sonnenklar).
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hema

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Re: [PM] ÖVP will „Karl-Renner-Ring“ umbenennen
« Antwort #5 am: 14. April 2013, 00:36:59 »

Oder man gibt dem Palais Epstein die Adresse Burgring 9 . . . .
Früher war es eh Burgring13. Der Burgring (Burg-Ring) ist bis ans Eck beim Parlament gegangen, das Parlament war am Franzensring (Franzens-Ring).
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darkweasel

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Re: [PM] ÖVP will „Karl-Renner-Ring“ umbenennen
« Antwort #6 am: 14. April 2013, 00:43:09 »
Sehe ich ehrlich gesagt eher so - Straßen umzubenennen, weil nicht mehr alle Handlungen der Menschen als gut eingestuft werden, halte ich für relativ bedenklich, denn der nächste Schritt wäre dann, dass jeder Gemeinderat bei jedem politischen Wechsel das halbe Straßennetz umbenennt.
FullACK. Abgesehen davon, daß ein einem liberalen Staat mit Meinungsfreiheit sowieso nicht prinzipiell alles nach der gerade vorherrschenden Meinung geformt werden sollte (klar müssen Grenzen gezogen werden, daß man in Mitteleuropa eine Straße nicht nach Hitler, Stalin oder Mugabe benennen kann, ist irgendwie sonnenklar).
Das Zitat stammt von mir - dass du dir selbst Recht gibst, ist meistens so. :D

hema

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Re: [PM] ÖVP will „Karl-Renner-Ring“ umbenennen
« Antwort #7 am: 14. April 2013, 00:50:00 »
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Re: [PM] ÖVP will „Karl-Renner-Ring“ umbenennen
« Antwort #8 am: 14. April 2013, 01:38:03 »
Einen Namen zu verwenden, der im heutigen Sprachgebrauch allenfalls rudimentär vorhanden ist, ist kaum sinnvoll.
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Re: [PM] ÖVP will „Karl-Renner-Ring“ umbenennen
« Antwort #9 am: 14. April 2013, 04:35:21 »
Zitat
Ausgelöst hatte die Debatte der frühere Salzburger ÖVP-Landeshauptmann Franz Schausberger, der im „Österreichischen Jahrbuch für Politik 2012“ eine Reihe von antisemitischen Zitaten Renners ins Treffen führte – etwa die Aufforderung an die Regierung 1920, „die Judenfrage zu klären“.
Der Vollständigkeit halber sollte erwähnt werden, dass die Debatte von einem Kommentar des Historikers Kurt Bauer über den Antisemitismus des christlichsozialen Politikers Leopold Kunschak ausgelöst wurde. Einen Tag später veröffentlichte "Der Standard" daraufhin eine Reaktion des ehemaligen Salzburger Landeshauptmanns Franz Schausberger, in welcher er, der ehemalige ÖVP-Politiker, sich über den "sehr undifferenzierten (parteipolitischen) Anwurf" Bauers "gegen die ÖVP" beklagte. Der Text sollte, wie es zu Beginn heißt, eine "Replik auf Kurt Bauers Vorwurf an die ÖVP, sich den düsteren Facetten ihrer eigenen Geschichte nicht zu stellen", darstellen.

"Düstere Facetten" gäbe es nun zuhauf in der Historie der Volkspartei bzw. ihrer Vorgängerin: der Christlichsozialen Partei. Nicht nur den Antisemitismus, sondern auch ihre "Republikfeindlichkeit" (die Karlheinz Kopf bei Karl Renner auszumachen glaubt), welche letztlich den Weg in eine etwas mehr als vierjährige "christlich-autoritäre" Diktatur wies. Die Sitzungsprotokolle des Parlaments, auf die sich Schausberger stützt, sind hierbei durchaus aufschlussreich. Bemerkenswert finde ich nicht zuletzt die letzte Sitzung des Nationalrats vom 30. April 1934, im Zuge derer die neue "ständische" Verfassung verabschiedet wurde: zum einen natürlich eine Farce, zum anderen aber auch ein wertvolles Stück Zeitgeschichte. Hermann Foppa, einer der zwei anwesenden und sich auch zu Wort meldenden großdeutschen, bereits in Richtung (verbotener) NSDAP abgleitenden Abgeordneten, war etwa später Taufpate von Jörg Haider. Aber das nur nebenbei. :D

Stellte sich Franz Schausberger nun der dunklen Vergangenheit seiner Partei? Nein, es folgte ein großes "Ja, aber", eigentlich ein kleines "Ja" und ein großes "Aber ihr habt doch auch". ::) Wie vorher angesprochen, nutzte er dafür die Sitzungsprotokolle des Parlaments als Quelle. Dort sind die Reden der Abgeordneten in ihrer vollen Länge samt Zwischenrufen u.dgl. wiedergegeben.
Der Schausberger ist zwar ein Hiasl, weil er die Zitate wirklich aus dem Zusammenhang gerissen hat (da er Geschichtswissenschaftler ist, darf man sich fragen, ob ihm das einfach so passiert ist - dann wäre er jedenfalls als Wissenschaftler fragwürdig, um es mal vorsichtig auszudrücken), [...]
Es ist nun vorauszusetzen, dass Schausberger fähig ist, sinnerfassend zu lesen und ihm die Zusammenhänge daher klar waren, in die Karl Renners Zitate gebettet waren. Als Erwiderung auf Franz Schausberger veröffentlichte vorerst Norbert Leser (SPÖ) einen reichlich missglückten Text: "Wenn Renner im Zusammenhang mit der Genfer Sanierung 1922 und dem damit verbundenen Völkerbunddiktat von einer "jüdischen Finanzmacht" sprach, so bediente er damit keine antisemitischen Klischees, sondern stellte nur eine Tatsache fest." :o Es bedurfte erst eines Ludwig Dvorak, im Gegensatz zu Kurt Bauer wirklich in den Untiefen der (SPÖ-)Parteipolitik unterwegs, welcher Schausbergers geschichtswissenschaftliche "Methodik" als höchst zweifelhafte Vorgehensweise entlarvte, da dieser nicht nur Zitate aus ihrem Zusammenhang gerissen, sondern ihre Aussage damit teilweise ins Gegenteil verkehrt hatte. Danach hörte "das wochenlange Hick-Hack der Rot- und Grünfaschisten" (Linie 41) schließlich unvermittelt auf.

Es ist einem Historiker unbenommen, von einem festen politischen Fundament aus zu forschen. Er sollte dabei nur redlich vorgehen. Es ist auch einem Klubobmann unbenommen, Forderungen aufzustellen (auch wenn sie nicht in seinen Kompetenzbereich fallen). Nur sollte er sich dabei nicht auf fragwürdige Forschungsergebnisse eines Parteifreunds und seine eigenen, anscheinend endenwollenden geschichtlichen Kenntnisse stützen. Als Renner 1938 seine unsägliche Befürwortung des Anschlusses kundtat, war die Republik längst Vergangenheit. Ein Portrait des Mannes, welcher für die Ausschaltung der parlamentarischen Demokratie verantwortlich zeichnete, hängt hingegen noch immer in einer von der ÖVP genutzten Örtlichkeit: nicht etwa in der Lichtenfelsgasse oder sonstwo, sondern, welche Ironie, im Parlament in den ÖVP-Klubräumlichkeiten.

Es gab in der Christlichsozialen Partei übrigens, das zum Abschluss, tatsächlich einige wenige Stimmen, die dem Kurs der Parteimehrheit Richtung Diktatur nicht gefolgt sind. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang beispielsweise der Christlichsoziale Josef Schlegel, der im Februar 1934 als Demokrat und Gegner der Heimwehren von seinem Amt als Landeshauptmann von Oberösterreich zurücktrat. Im letzten Jahr wurde in Linz immerhin eine wenige hundert Meter lange Sackgasse nach ihm benannt. Für Wien fallen mir allerdings keine Namen aus dem Umfeld der Christlichsozialen der Zwischenkriegszeit ein, die sich für eine Straßenbenennung anbieten würden. Angesichts ihrer grenzwertigen Fundamentalopposition im Wiener Gemeinderat und der schon früh diktaturfreundlichen christlichsozialen "Wiener Richtung" verwundert das aber nicht.

Wie auch immer. Für die ÖVP sollte jedenfalls gelten: erst (anständig!) forschen, die eigene Vergangenheit über bloße Lippenbekenntnisse hinaus aufarbeiten, dann fordern.
"Der Raum, wo das stattfand, ist ziemlich groß."
Hans Rauscher

13er

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Re: [PM] ÖVP will „Karl-Renner-Ring“ umbenennen
« Antwort #10 am: 14. April 2013, 06:18:08 »
Danike für deine ausführliche - tiefgehende - Analyse!

Als Erwiderung auf Franz Schausberger veröffentlichte vorerst Norbert Leser (SPÖ) einen reichlich missglückten Text: "Wenn Renner im Zusammenhang mit der Genfer Sanierung 1922 und dem damit verbundenen Völkerbunddiktat von einer "jüdischen Finanzmacht" sprach, so bediente er damit keine antisemitischen Klischees, sondern stellte nur eine Tatsache fest." :o
Da hab ich mir beim Lesen auch gedacht: Bei solchen Freunden brauchst keine Feinde mehr :D
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Re: [PM] ÖVP will „Karl-Renner-Ring“ umbenennen
« Antwort #11 am: 14. April 2013, 09:03:57 »
Einen Namen zu verwenden, der im heutigen Sprachgebrauch allenfalls rudimentär vorhanden ist, ist kaum sinnvoll.

Wie geläufig war Stubentor vor der Inbetriebnahme der U3? Wer kannte vor 2010 die in Wahrheit unter diesem Namen gar nicht existierende Bootsanlegestelle Donaumarina?
Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch ans Licht der Sonnen!
... brrrr, Klumpert!
Entklumpertung des Referats West am 02.02.2024 um 19.45 Uhr planmäßig abgeschlossen!

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Re: [PM] ÖVP will „Karl-Renner-Ring“ umbenennen
« Antwort #12 am: 14. April 2013, 11:47:17 »
Zitat
Aber eines muß einmal auch ganz klar gesagt werden: Diese Aktion ist natürlich nur ein (wie immer) peinliches Umhertreten der ÖVP, die wegen des Universitätsringes angepißt ist. Diese Partei sieht einfach ihre letzten Felle davonschwimmen und ist extrem in ihrem Stolz gekränkt, weil sich kein vernünftiger Mensch in diesem Land mehr mit ihr identifizieren kann. Schließlich vertritt sie nur mehr den Vermögenserhalt der Superreichen, die Wirtschaftspolitik von Raiffeisen und schiebt den Bauernbundbauern das Geld in den Arsch (echte Bauern fühlen sich von denen eh nicht mehr vertreten). Und christlich-sozial war vielleicht einmal vor 20 oder 30 Jahren.
Für mich klingt das schlicht nach Kindergarten! "Ihr seids soooooo gemein, ihr nehmts uns unseren Lueger weg, dann nehmen wir euch euren Renner weg!"

Eine Umbenennung der Haltestelle Dr.-Karl-Renner-Ring auf Bellaria würde ich hingegen aus Gründen der Lesbarkeit auf Zielanzeigen sehr befürworten! Ideal wären eigentlich Namen, die sich auf allen vorhandenen Displays einzeilig darstellen lassen. Dann könnte man nämlich - wenn die Tüftler und die Hardware das denn könnten - auch auf den FGIs der ersten Generation die untere Zeile dauerhaft für Sonderinfos verwenden (Ruckeltext) und die obere für die Anzeige der nächsten Abfahrt, statt dauernd zu alternieren.
"Sollte dies jedoch der Parteilinie entsprechen, werden wir uns selbstverständlich bemühen, in Zukunft kleiner und viereckiger zu werden!"

(aus einer Beschwerde über viel zu weit und kurz geschnittene Pullover in "Good Bye Lenin")

60er

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Re: [PM] ÖVP will „Karl-Renner-Ring“ umbenennen
« Antwort #13 am: 15. April 2013, 00:45:03 »
(Aber wie nennen wir dann die Straßenbahnstationen, das ist ja furchtbar! :D :o )
Ich bin auch schon immer dafür gewesen, die sperrige Bezeichnung "Dr.-Karl-Renner-Ring" aufzugeben und die Station "Bellaria" zu nennen, um die unleserliche Winzigschrift auf den ULF-Displays loszuwerden.

Einen Namen zu verwenden, der im heutigen Sprachgebrauch allenfalls rudimentär vorhanden ist, ist kaum sinnvoll.
Letztenendes ist es für den Fahrgast/Tourist doch völlig wurscht, ob die Station "Bellaria" oder "Dr.-Karl-Renner-Ring" heißt, solange er sie auf Stadt- und Fahrplänen als solche findet. Und so unbekannt ist die Bezeichnung Bellaria keineswegs, schließlich existiert dort ja auch die Bellariastraße, die wohl den meisten Wienern ein Begriff sein dürfte. Ein nicht-deutschsprechender Tourist wird sich mit "Bellaria" auch leichter tun, als mit dem schwierigen "Dr.-Karl-Renner-Ring".

moszkva tér

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Re: [PM] ÖVP will „Karl-Renner-Ring“ umbenennen
« Antwort #14 am: 15. April 2013, 06:48:56 »
(Aber wie nennen wir dann die Straßenbahnstationen, das ist ja furchtbar! :D :o )
Ich bin auch schon immer dafür gewesen, die sperrige Bezeichnung "Dr.-Karl-Renner-Ring" aufzugeben und die Station "Bellaria" zu nennen, um die unleserliche Winzigschrift auf den ULF-Displays loszuwerden.
Akademische Titel wie "Dr." haben in Straßennamen gar nichts verloren! Und in Haltestellenbezeichnungen sollte man den Vornamen weglassen. Renner-Ring wäre eine gute Anzeige, aber das klingt wiederum sehr nach Sportgerät  :)
Statt Bellaria würde sich als neuer Name aber auch Heldenplatz anbieten. Der Platz ist auch Touristen ein Begriff (da hat mal wer vom Balkon gewunken, war das der Figl mit den vier Alliierten?).