Die Diskrepanz zwischen Bezirk und Stadt erklärt sich wohl auch mit dem jeweiligen Amtsbonus von BV auf der einen und Bürgermeister auf der anderen Seite. Generell scheint zu gelten: je kleinteiliger die Wahl, umso traditioneller und starrer das Wahlverhalten.
Je kleiner die Wahl, desto mehr wählt man Persönlichkeiten und weniger Parteien. Je kleiner die Gebietseinheit, desto eher können Kandidaten "laufen", mit Leuten persönlich reden usw. Das beeinflusst die Wahlentscheidung enorm. Wenn ich zwischen zwei oder mehr Parteien unentschlossen bin, wähle ich am ehesten die Partei, deren Kandidaten ich persönlich kenne und die mir vielleicht sogar sympathisch sind, oder mir / einem Bekannten einmal geholfen haben usw.
Dieses Klinkenputzen geht am leichtesten in Bezirken oder Gemeinden, der Haider hat dieses System in Kärnten (klein und überschaubar genug) perfektioniert.
Diese persönliche Komponente wird meiner Meinung nach äußerst unterschätzt. Die SPÖ und ÖVP verlieren auch deswegen im Bund so sehr, weil die Spitzenkandidaten als abgehoben und unnahbar wahrgenommen werden. Der Strache gewinnt wiederum, weil er sich gerne unter Leute mischt, auch außerhalb der Wahlzeiten. Ich wage zu behaupten, dass 75 % der Wahlentscheidungen von solchen Softfaktoren abhängen.
Mein Heimatbezirk Döbling zählt da mit seinem Farbwechsel 1978 (von rot nach schwarz) noch zu den politisch spannenderen Regionen in Österreich. Allerdings war's das dann auch schon: Seitdem gebietet ein gewisser Herr Tiller unumschränkt über den 19. (während auf Gemeindeebene der ich weiß nicht wievielte ÖVP-Chef herumfuhrwerkt).
Also spannend sind inzwischen einige Regionen geworden:
* Wien Zentrum (4., 6., 7., 8., 9.) mit einem inzwischen Dreikampf SPÖ/ÖVP/Grüne und mehreren Parteiwechseln an der Spitze seit Mitte der 90er.
* Das Burgenland als seit Jahrzehnten einziges ländlich geprägtes, aber rot dominiertes Bundesland
* Kärnten hat es mit dem Hypo-Skandal politisch komplett durchgemischt
* Steiermark und Oberösterreich als Kampfgebiet Schwarzes Land vs. Rote Industriegebiete, mit den Blauen als lachenden Dritten.
* Innsbruck und Graz, traditionell eher rechts-konservative Städte, sind inzwischen grüne Hochburgen
Und Niederösterreich wäre, wenn der Pröll eines Tages abtreten wird, auch nicht so unspannend: Wie immer - schwarzes Land gegen den roten Wiener Speckgürtel, das könnte auch hier das Bundesland kippen lassen, wenn Prölls Erben sich blöd anstellen sollten. Denn der rote Speckgürtel wächst, während die schwarzen Hochburgen (Waldviertel, Mostviertel) bevölkerungsmäßig stagnieren oder sogar schrumpfen.