Was das Thema "Eine Chipkarte für alles" betrifft gebe ich Folgendes zu bedenken:
Wenn ein Verkehrsbetrieb eine (= seine eigene) Chipkarte ausgibt, dann haftet er auch für die ordnungsgemäße Verwendungsmöglichkeit. Wenn mit der Karte etwas nicht in Ordnung ist (sich z.B. Bahnsteigszugänge nicht mehr öffnen lassen), dann bekomme ich als Fahrgast sofort eine neue Karte ausgestellt, was mir z.B. mehrmals in Lissabon und Madrid passiert ist.
An wen wende ich mich aber, wenn ich mit einer mitgebrachten "Allerweltskarte", auf der schon zwanzig andere Verkehrsbetriebe, die Bank, dreißig Supermärkte und noch drei Fachärzte herumkodiert haben, nicht mehr aus der U-Bahn komme? Da wird doch jeder Verkehrsbetrieb die Verantwortung von sich weisen. Außerdem wäre es recht unangenehm, wenn durch einen misslungenen Ladevorgang im Rahmen einer Auslandsreise plötzlich auch die Bankomat-Funktion nicht mehr funktioniert und man plötzlich ohne Geld dasteht. Und ich bin mir nicht sicher, ob ich möchte, dass eine Schalterbeamtin in Tbilisi oder Istanbul oder Stockholm rein zufällig meine letzten Laborwerte aus dem eCard-Teil der Allerweltskarte ausliest.
Desweiteren bieten manche Verkehrsbetriebe bei sogenannten "personalisierten" Karten (also Karten, die namentlich registriert sind) die Möglichkeit einer Sperre im Verlustfall an, mit gleichzeitigem Umbuchen des Restguthabens auf eine neue Karte. Was würde im Verlustfall mit einer "Allerweltskarte" passieren? Welchen Anwendungsteil lasse ich wo sperren? Kriege ich bei einem Verlust meiner Karte in Oslo mein Guthaben aus Ankara refundiert??? Nationale Einheitsfahrausweise sind eine brauchbare Lösung, aber länderübergreifend und kombiniert mit Geld- und Gesundheitsfunktion finde ich zu gefährlich.
Zum Thema "Chipkarte kontra Papierfahrausweis":
Einen großen Vorteil hat die Chipkarte für den Verkehrsbetrieb, vor allem wenn bei jedem Ein-, Aus- und Umsteigen geloggt werden muss: er kommt zu einer exakten Verkehrsstromanalyse, die als Basis für die zukünftige Netzgestaltung und entsprechenden Wageneinsatz dient.
Papieraufwand: bei den Verkehrsbetrieben in Zaragoza und Belgrad bekam ich beim Aufladen von jeweils 10 Einzelfahrten eine Quittung, auf der sich von der Papierfläche her locker eine 10-er Streifenkarte zum Stempeln ausgegangen wäre (O.K., die Quittung war "nur" Thermopapier).
Bei Tarifsystemen, wo pro Fahrt eine fixe Einheit abgebucht wird (z.B. Betriebe in Spanien oder auch Belgrad), behält man verhältnismäßig leicht den Überblick, ob der Abbuchungsvorgang korrekt war. Bei entfernungsabhängigen Tarifsystemen jedoch, wie z.B. in den Niederlanden, ist die Überprüfung kaum möglich. Vor allem auch deshalb, weil bei solchen Systemen beim Einloggen "zur Sicherheit" oft die mit dem betreffenden Fahrzeug größtmöglich zurücklegbare Entfernung abbgebucht und erst beim erfolgreichen Ausloggen korrigiert wird.