Wahrscheinlich liegt die Wahrheit dazwischen: kurzfristige Erfolge sind durch Verbote eher zu erzielen. Mittelfristig sehe ich schon eine Verschiebung vom Auto zu anderen Statussymbolen (z.B. Smartphone, geteile Erlebnisse bei Facebook, Instagram etc.) hin, so dass auch anreizbasierte Strategiem Erfolg haben dürften.
Gerade die geteilten Erlebnisse sind ein gutes Beispiel, wie der Egoismus des Autos kanalisiert werden kann. Geht es doch bei geteilten Erlebnissen gar nicht um das Erlebnis (eine Erfahrung, die ich für mich mache), sondern um das Teilen (schaut her, wie toll ich bin). Das geht so weit, dass man das Erlebnis selbst gar nicht mehr wahr nimmt. Beispielsweise erlebt man heute bei Konzerten vermehrt, dass die Leute das Konzert mit dem Handy filmen, anstatt die Musik und die Stimmung einfach zu genießen. Es geht also nicht mehr darum, sich Ed Sheeran oder Guns'n Roses bewusst anzuhören, sondern man will nur zeigen, dass man eh dort war.
Es ist sehr beruhigend, dass ich nicht der einzige bin, den das stört. Im Eingangsbereich des Oberen Belvedere steht übrigens inzwischen ein Aufsteller mit einer Abbildung von Klimts Kuss, vor dem man Selfies machen kann. Genau das stört mich auch am Massentourismus, dieses Verlogene - die allermeisten Touristen dürften die Stadt oder das Land, in die/das sie fahren, nicht mal ansatzweise interessieren. Sie wollen zeigen, dass sie da waren, und genau das sehen und vor allem fotografieren, was sie in Medien und im Internet gesehen haben. Und so klappern Millionen Menschen die Touristenrouten ab. Mal vom Weg abkommen, sich mal treiben lassen? Igitt! Selbst der Lokalbesuch wird genauestens per tripadvisor vorgeplant, nicht dass man Essen bekommt, das zwar total super schmeckt, aber nicht fotogen ist. oder gar einen Kellner hat, der nicht muttersprachlich Englisch spricht.
Wer Massentourismus los werden möchte, schaffe konsequent die Panoramafreiheit ab.
[Auch wenn ich selbst auch kein Freund dieser Abschaffung bin - aber das wäre ein sehr positiver Nebeneffekt.]
Mit ÖV mit Pöbel gleichgesetzt gibt es aber auch bei uns. Zitat ehem. Arbeitskollegin: Ich bin nicht der Typ, der mit der U-Bahn fährt. Die ganze Sommerlochdiskussion über das Essverbot in der U6 geht ja auch in die Richtung Stigmatisierung. Warum Essverbot nur in der U6? Der Balkanexpress mit bösem Kebab usw... Tafelspitz steht aber nicht auf der Schwarzen Liste
Natürlich, allerdings bei weitem nicht in dem Maße, wie ich es in Deutschland erlebt und von den USA gehört habe.
Essverbot in der U6: eben wie Du meinst. Da lässt sich Handeln simulieren und zugleich der Alltagsrassismus vor allem des Krone-Milieus befriedigen. Zwei Fliegen mit einer Klappe.