Autor Thema: Studie zur Neugestaltung der Praterstraße  (Gelesen 81539 mal)

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60er

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Re: Studie zur Neugestaltung der Praterstraße
« Antwort #255 am: 01. August 2018, 11:10:51 »
Musik hören hamma vergessen! Wenn ich zu Fuß durch die Praterstraße gehe, fadisiere ich mich nicht - es gibt eine Menge Lokale, schöne Fassaden, historische Bauten - fahre ich mit dem Auto durch, entgeht mir das alles.
Genau! Mit dem Auto fahrend erlebt man die Stadt nur wie durch Scheuklappen und bekommt fast nichts mit.

Das ist auch der Grund, warum ich als Tourist in einer fremden Stadt am liebsten zu Fuß gehe. Man sieht einfach viel mehr.

skytree

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Re: Studie zur Neugestaltung der Praterstraße
« Antwort #256 am: 01. August 2018, 18:53:40 »
Es ist zwar schon sehr weit weg vom eigentlichen Thema, aber ich finde es ein wenig traurig, dass es ein Pro-Argument für Auto fahren sein soll, dass einem nicht fad ist, weil man aktiv am Verkehrsgeschehen teilnimmt, obwohl es möglich ist, die Zeit stattdessen passiv anders zu verbringen.

68er

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Re: Studie zur Neugestaltung der Praterstraße
« Antwort #257 am: 01. August 2018, 20:07:32 »
Autofahren macht Spaß, es ist ein Spielzeug für Erwachsene, auch wenn das kaum jemand zugibt. Offiziell sind natürlich alle arme staugeplagte Automuffel, die nur darauf warten, dass es endlich das für sie passende ÖV-Angebot gibt.
Deshalb ist jede Anreiz-basierte Strategie zur Reduktion des Autoverkehrs zum Scheitern verurteilt und nur Verbote wirksam.

Ferry

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Re: Studie zur Neugestaltung der Praterstraße
« Antwort #258 am: 01. August 2018, 22:01:52 »
Autofahren macht Spaß, es ist ein Spielzeug für Erwachsene, auch wenn das kaum jemand zugibt. Offiziell sind natürlich alle arme staugeplagte Automuffel, die nur darauf warten, dass es endlich das für sie passende ÖV-Angebot gibt.
Deshalb ist jede Anreiz-basierte Strategie zur Reduktion des Autoverkehrs zum Scheitern verurteilt und nur Verbote wirksam.

Das stimmt in Einzelfällen, pauschal würde ich das nicht unterschreiben.
Weißt du, wie man ein A....loch neugierig macht? Nein? - Na gut, ich sag's dir morgen. (aus "Kottan ermittelt - rien ne va plus")

moszkva tér

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Re: Studie zur Neugestaltung der Praterstraße
« Antwort #259 am: 02. August 2018, 06:04:21 »
Autofahren macht Spaß, es ist ein Spielzeug für Erwachsene, auch wenn das kaum jemand zugibt. Offiziell sind natürlich alle arme staugeplagte Automuffel, die nur darauf warten, dass es endlich das für sie passende ÖV-Angebot gibt.
Deshalb ist jede Anreiz-basierte Strategie zur Reduktion des Autoverkehrs zum Scheitern verurteilt und nur Verbote wirksam.
Freilich macht Auto fahren Spaß. Wenn es nicht (auch) Spaß machen würde, hätte sich das Auto in der Form nie durchgesetzt.
Es gibt kaum einen Gebrauchsgegenstand, der neben praktisch auch noch lustig ist, den man überall hin mitnehmen kann, der den Status des Inhabers mitteilt, der den Charakter und Lebensstil des Inhabers mitteilt, mit dem man sich sicher fühlt, den man bezüglich Musik und Raumklima nahezu vollständig individualisieren kann, der mich in meiner Spontanität komplett unterstützt, usw. usw.

All diese Emotionen machen es ja den Leuten so schwer, aufs Auto zu verzichten.

coolharry

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Re: Studie zur Neugestaltung der Praterstraße
« Antwort #260 am: 02. August 2018, 07:28:56 »
Deshalb ist jede Anreiz-basierte Strategie zur Reduktion des Autoverkehrs zum Scheitern verurteilt und nur Verbote wirksam.

Würde ich nicht sagen. Schließlich geht der Verkehr seit Jahren in Wien, an den Zählstellen, zurück. Also ganz zum scheitern sind diese Systeme nicht.
Und natürlich nützt ein Schranken (Sperre) mehr als eine Tafel (Anreiz).
Weil ein menschlicher Hühnerstall nicht der Weisheit letzter Schluß sein kann.

abc

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Re: Studie zur Neugestaltung der Praterstraße
« Antwort #261 am: 02. August 2018, 07:42:19 »
Deshalb ist jede Anreiz-basierte Strategie zur Reduktion des Autoverkehrs zum Scheitern verurteilt und nur Verbote wirksam.

Würde ich nicht sagen. Schließlich geht der Verkehr seit Jahren in Wien, an den Zählstellen, zurück. Also ganz zum scheitern sind diese Systeme nicht.
Und natürlich nützt ein Schranken (Sperre) mehr als eine Tafel (Anreiz).

Wahrscheinlich liegt die Wahrheit dazwischen: kurzfristige Erfolge sind durch Verbote eher zu erzielen. Mittelfristig sehe ich schon eine Verschiebung vom Auto zu anderen Statussymbolen (z.B. Smartphone, geteile Erlebnisse bei Facebook, Instagram etc.) hin, so dass auch anreizbasierte Strategiem Erfolg haben dürften.

Österreich hat da m.E. einen großen Vorteil, da die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel gesellschaftlich akzeptiert ist und ihm nicht der "Makel" anhaftet, ein Arme-Leute-Verkehrsmittel zu sein (wobei "arme Leute" dann mit "Pöbel" gleichgesetzt wird). Das sieht anderswo ganz anders aus, das geht schon beim großen Nachbarn los. Das gleiche Milieu, das bei meinem Wiener Arbeitgeber recht pragmatisch entscheidet, welches Verkehrsmittel es nutzt, verkündet in Berlin bei Partys ganz gern mit einer Mischung aus Stolz und Angewidertsein, dass es doch heute tatsächlich U-Bahn gefahren ist. Noch krasser ist das in westdeutschen Ballungsräumen, z.B. in Köln oder im Ruhrgebiet. Und international sieht es noch schlimmer aus, in den USA zum Beispiel.

moszkva tér

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Re: Studie zur Neugestaltung der Praterstraße
« Antwort #262 am: 02. August 2018, 08:14:06 »
Wahrscheinlich liegt die Wahrheit dazwischen: kurzfristige Erfolge sind durch Verbote eher zu erzielen. Mittelfristig sehe ich schon eine Verschiebung vom Auto zu anderen Statussymbolen (z.B. Smartphone, geteile Erlebnisse bei Facebook, Instagram etc.) hin, so dass auch anreizbasierte Strategiem Erfolg haben dürften.
Gerade die geteilten Erlebnisse sind ein gutes Beispiel, wie der Egoismus des Autos kanalisiert werden kann. Geht es doch bei geteilten Erlebnissen gar nicht um das Erlebnis (eine Erfahrung, die ich für mich mache), sondern um das Teilen (schaut her, wie toll ich bin). Das geht so weit, dass man das Erlebnis selbst gar nicht mehr wahr nimmt. Beispielsweise erlebt man heute bei Konzerten vermehrt, dass die Leute das Konzert mit dem Handy filmen, anstatt die Musik und die Stimmung einfach zu genießen. Es geht also nicht mehr darum, sich Ed Sheeran oder Guns'n Roses bewusst anzuhören, sondern man will nur zeigen, dass man eh dort war.

Zitat
Österreich hat da m.E. einen großen Vorteil, da die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel gesellschaftlich akzeptiert ist und ihm nicht der "Makel" anhaftet, ein Arme-Leute-Verkehrsmittel zu sein (wobei "arme Leute" dann mit "Pöbel" gleichgesetzt wird).
Dazu gibt es ein sehr gutes Zitat des Bürgermeisters von Medellin (Kolumbien): In einer wohlhabenden Gesellschaft fahren nicht alle armen Menschen mit dem Auto, sondern alle reichen Menschen mit dem öffentlichen Verkehr.
Mit ÖV mit Pöbel gleichgesetzt gibt es aber auch bei uns. Zitat ehem. Arbeitskollegin: Ich bin nicht der Typ, der mit der U-Bahn fährt. Die ganze Sommerlochdiskussion über das Essverbot in der U6 geht ja auch in die Richtung Stigmatisierung. Warum Essverbot nur in der U6? Der Balkanexpress mit bösem Kebab usw... Tafelspitz steht aber nicht auf der Schwarzen Liste  >:D

abc

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Re: Studie zur Neugestaltung der Praterstraße
« Antwort #263 am: 02. August 2018, 08:32:49 »
Wahrscheinlich liegt die Wahrheit dazwischen: kurzfristige Erfolge sind durch Verbote eher zu erzielen. Mittelfristig sehe ich schon eine Verschiebung vom Auto zu anderen Statussymbolen (z.B. Smartphone, geteile Erlebnisse bei Facebook, Instagram etc.) hin, so dass auch anreizbasierte Strategiem Erfolg haben dürften.
Gerade die geteilten Erlebnisse sind ein gutes Beispiel, wie der Egoismus des Autos kanalisiert werden kann. Geht es doch bei geteilten Erlebnissen gar nicht um das Erlebnis (eine Erfahrung, die ich für mich mache), sondern um das Teilen (schaut her, wie toll ich bin). Das geht so weit, dass man das Erlebnis selbst gar nicht mehr wahr nimmt. Beispielsweise erlebt man heute bei Konzerten vermehrt, dass die Leute das Konzert mit dem Handy filmen, anstatt die Musik und die Stimmung einfach zu genießen. Es geht also nicht mehr darum, sich Ed Sheeran oder Guns'n Roses bewusst anzuhören, sondern man will nur zeigen, dass man eh dort war.

Es ist sehr beruhigend, dass ich nicht der einzige bin, den das stört. Im Eingangsbereich des Oberen Belvedere steht übrigens inzwischen ein Aufsteller mit einer Abbildung von Klimts Kuss, vor dem man Selfies machen kann. Genau das stört mich auch am Massentourismus, dieses Verlogene - die allermeisten Touristen dürften die Stadt oder das Land, in die/das sie fahren, nicht mal ansatzweise interessieren. Sie wollen zeigen, dass sie da waren, und genau das sehen und vor allem fotografieren, was sie in Medien und im Internet gesehen haben. Und so klappern Millionen Menschen die Touristenrouten ab. Mal vom Weg abkommen, sich mal treiben lassen? Igitt! Selbst der Lokalbesuch wird genauestens per tripadvisor vorgeplant, nicht dass man Essen bekommt, das zwar total super schmeckt, aber nicht fotogen ist. oder gar einen Kellner hat, der nicht muttersprachlich Englisch spricht.

Wer Massentourismus los werden möchte, schaffe konsequent die Panoramafreiheit ab. :) [Auch wenn ich selbst auch kein Freund dieser Abschaffung bin - aber das wäre ein sehr positiver Nebeneffekt.]

Mit ÖV mit Pöbel gleichgesetzt gibt es aber auch bei uns. Zitat ehem. Arbeitskollegin: Ich bin nicht der Typ, der mit der U-Bahn fährt. Die ganze Sommerlochdiskussion über das Essverbot in der U6 geht ja auch in die Richtung Stigmatisierung. Warum Essverbot nur in der U6? Der Balkanexpress mit bösem Kebab usw... Tafelspitz steht aber nicht auf der Schwarzen Liste  >:D

Natürlich, allerdings bei weitem nicht in dem Maße, wie ich es in Deutschland erlebt und von den USA gehört habe.
Essverbot in der U6: eben wie Du meinst. Da lässt sich Handeln simulieren und zugleich der Alltagsrassismus vor allem des Krone-Milieus befriedigen. Zwei Fliegen mit einer Klappe.

Rodauner

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Re: Studie zur Neugestaltung der Praterstraße
« Antwort #264 am: 02. August 2018, 10:24:56 »
Österreich hat da m.E. einen großen Vorteil, da die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel gesellschaftlich akzeptiert ist und ihm nicht der "Makel" anhaftet, ein Arme-Leute-Verkehrsmittel zu sein (wobei "arme Leute" dann mit "Pöbel" gleichgesetzt wird).

Mit wurde erzählt, dass relativ viele WL-Mitarbeiter (aus dem Fahrdienst) privat oder zum/vom Dienst auch nur sehr ungern öffentlich fahren. Die Gründe sind uns eh bekannt: Langsam, z.t. unzuverlässig, verdreckt,... Wenn doch, dann am ehesten noch U-Bahn, sofern in der Nähe. Da obsiegt dann der Zeitvorteil. Die inzwischen recht guten Carsharing-Angebote tun ein Übriges.

abc

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Re: Studie zur Neugestaltung der Praterstraße
« Antwort #265 am: 02. August 2018, 10:39:27 »
Österreich hat da m.E. einen großen Vorteil, da die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel gesellschaftlich akzeptiert ist und ihm nicht der "Makel" anhaftet, ein Arme-Leute-Verkehrsmittel zu sein (wobei "arme Leute" dann mit "Pöbel" gleichgesetzt wird).

Mit wurde erzählt, dass relativ viele WL-Mitarbeiter (aus dem Fahrdienst) privat oder zum/vom Dienst auch nur sehr ungern öffentlich fahren. Die Gründe sind uns eh bekannt: Langsam, z.t. unzuverlässig, verdreckt,... Wenn doch, dann am ehesten noch U-Bahn, sofern in der Nähe. Da obsiegt dann der Zeitvorteil. Die inzwischen recht guten Carsharing-Angebote tun ein Übriges.

Nun sind gerade WL-Linien-Mitarbeiter aus dem Fahrdienst aber oft zu Zeiten am Weg in die Arbeit (bzw. von dort zurück), wenn der ÖV besonders wenig konkurrenzfähig ist - weil nur halbstündlich Nachtbusse unterwegs sind.

hema

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Re: Studie zur Neugestaltung der Praterstraße
« Antwort #266 am: 02. August 2018, 10:52:52 »
Da brauchst' in der Nacht für den Heimweg oft 1,5 Stunden, den du mit dem Auto in 12 Minuten schaffst!
Niemand ist gezwungen meine Meinung zu teilen!

Kanitzgasse

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Re: Studie zur Neugestaltung der Praterstraße
« Antwort #267 am: 06. August 2018, 19:29:18 »
Auch für die Neugestaltung des nordöstlichen Endpunktes der Praterstraße gibt es neue Vorschläge. Die Neos haben heute ihre Ideen für den Praterstern präsentiert:
https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180806_OTS0041/neos-wien-praterstern-neu-gestalten
Visualisierungen: https://wien.neos.eu/wp-content/uploads/sites/7/2018/08/NEOS_Wien_Konzept_Praterstern_Grafik.pdf

Linie 41

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Re: Studie zur Neugestaltung der Praterstraße
« Antwort #268 am: 06. August 2018, 21:39:08 »
Wenigstens macht sich mal wer Gedanken um die sinnvolle Nutzung und Gestaltung des Platzes. Wäre halt toll gewesen, wenn der Stadtsenat das bei der Umgestaltung bereits getan hätte. Das Konzept der NEOS ist wahrlich nicht sonderlich spektakulär und es gibt vielleicht noch viel bessere Lösungen – aber es ist schon einmal um mehrere Welten besser die bestehende Lösung.
Ich verstehe das Konzept dahinter nicht und bin generell dagegen.

moszkva tér

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Re: Studie zur Neugestaltung der Praterstraße
« Antwort #269 am: 07. August 2018, 06:14:17 »
Wenigstens macht sich mal wer Gedanken um die sinnvolle Nutzung und Gestaltung des Platzes. Wäre halt toll gewesen, wenn der Stadtsenat das bei der Umgestaltung bereits getan hätte. Das Konzept der NEOS ist wahrlich nicht sonderlich spektakulär und es gibt vielleicht noch viel bessere Lösungen – aber es ist schon einmal um mehrere Welten besser die bestehende Lösung.
Bessere Lösung? Den Kreisverkehr aufbrechen und vom Ende der Heinestraße eine Fußgängerzone durchziehen zum Bahnhof. Man gewinnt eine riesige Fläche öffentlichen Raum, die man bespielen könnte (bzw. in Wien: viel Platz für Schaltkästen, Masten, Wertstoffinseln und Betonblumenbeete). Die Autos befahren dann den Rest des Kreises zwischen Praterstraße und Nordbahnstraße im Gegenverkehr.