Vorgestern war ich in Budapest und fand auch kurz Zeit, eine Testfahrt mit den vor etwa zwei Wochen in Betrieb genommenen CAF-Niederflurwagen zu absolvieren.
Ein kurzer Rückblick: Die CAF-Wagen sind das Ergebnis einer umfangreichen Ausschreibung, an der sich die meisten namhaften Hersteller beteiligt haben. Das endgültige Ergebnis der Ausschreibung wurde im März vergangenen Jahres präsentiert. Heuer im Frühling wurde auch schon der erste Wagen geliefert, mit dem Test- und langwierige behördliche Abnahmefahrten erfolgten. Heute sind bereits neun CAF in Budapest, von denen derzeit zwei fahrplanmäßig eingesetzt werden. Die Züge wurden im Zuge von Tramstrecken-Sanierungs- und -Neubauprojekten zu 99.3% von der EU finanziert – Bedingung dafür ist allerdings, dass die neuen Wagen nicht freizügig im ganzen Netz eingesetzt werden dürfen, sondern nur auf den Linien, die die EU-geförderten Projekte zum Inhalt hatten. Dies sind einerseits die Linien 1 und 3 (beide wurden letztes Jahr aufwändig saniert – Gleistausch, neue Bahnsteige, Barrierefreiheit, etc., die Linie 1 wurde zusätzlich über die Donau verlängert), und andererseits die Linien des im Bau befindlichen "durchgebundenen Budaer Straßenbahnnetzes", welches nach der Fertigstellung ermöglichen wird, Straßenbahnlinien aus dem Nordwesten Budapests über die neu vervollständigte westliche Donauuferstrecke Richtung Süd-Buda zu führen.
Die CAF-Wagen werden in zwei Längen geliefert: 35 Stück zu je 34 m (für die Linien 3 und später die neuen Budaer Linien) und 12 Stück zu je 56 m. Optionen für weitere Züge sind vertraglich festgelegt.
Nun sind die ersten beiden CAF-Wagen auf der Linie 3 im täglichen Einsatz. Die Langversion auf der Linie 1 soll in Kürze folgen.
Die Linie 3 ist die äußerste "Ringlinie" bzw. Tangentiallinie in Pest – am Kleinen Ring fahren die Linien 47 und 49, der Große Ring wird von den Linien 4 und 6 befahren, eine Schicht weiter fährt die Linie 1, und ganz außen befindet sich die Linie 3 (
Netzplan – Linie 3 dunkelrosa im rechten Bereich). Sie führt von der östlichen Endstation der Földalatti, Mexikói út (Mexikoer Straße), über etwa 13.3 km (32 Stationen) mit einer Fahrzeit von ca. 48 Min bis zur Station Gubacsi út / Határ út.
Hier der kurze CAF 2207 bei der Einfahrt in die zweigleisige Endstelle Mexikói út. Der Bahnsteig und das brutale Bahnsteigsdach wurden im Zuge des Sanierungsprojektes neu gebaut.
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Links ein Düwag TW6000, gebraucht aus Hannover erworben. Diese Wagen fahren auch auf der Linie 3.
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Die Stationen präsentieren sich nun (zusammen mit den gleichartig sanierten Stationen der Linie 1) in einheitlichem Design. Die Verwendung von Betonformsteinen anstatt Natursteine als Pflasterung finde ich schade, das erfolgte wohl aus Kostengründen.
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Der Führerstand ist recht großzügig und weist eine gewisse Ähnlichkeit zu Citadis-Führerständen auf.
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Wie man von der anderen Seite erkennt, erstreckte sich die Sanierung wirklich nur strikt auf den Bahnsteig der Tram, das Gebäude rund um den U-Bahn-Aufgang verbleibt im üblichen Zustand.
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Über die Gestaltung und räumliche Aufteilung des Fahrgastraumes lässt sich streiten – ich hätte mir jedenfalls nach der Lektüre diverser Raunzereien in den ungarischen Foren Schlimmeres erwartet.
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Die Wagen sind Multigelenkfahrzeuge: Die kurze Version besteht aus fünf Modulen, wobei die geraden Module schwebend ausgeführt sind. Alle Module außer das Mittelmodul haben pro Seite eine Doppeltür – also vier Einstiege pro Seite über das gesamte Fahrzeug. Nicht sehr großzügig... Dafür sind die Einstiege recht breit.
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Die Sitze finde ich trotz sparsam gepolsterter Plastikausführung überdurchschnittlich bequem, die Lehnenform ist ergonomisch. Nun zum Fahrkomfort: Die CAF sind extrem laufruhig – bis auf das Mittelmodul. Dort spürt man Unebenheiten und Schienenstöße doch etwas durch. Die Einfahrt in engere Kurven erfolgt im Vordermodul mit bemerkbaren horizontalen Pendelbewegungen.
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Eine Eigenheit der Wagen ist dieser seltsame Stehplatz:
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Die Führerstandsrückwand ist verglast, aber nicht so großflächig wie bei den Citadis-Zügen in Frankreich. Leider bepickt BKK die linke Hälfte obendrein mit Beförderungsbedingungen und Rauchverbotshinweis.
Fahrgastinformationsmonitore sind im ganzen Zug verteilt und werden, wie in Budapest üblich, gänzlich ohne Werbung betrieben.
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Trotz weniger freier Glasfläche als erhofft bietet sich dem Fahrgast ein guter Blick auf das Geschehen im Führerstand und auf der Straße. Wie am Bild ersichtlich, haben die Wagen statt Außenspiegel nur Kameras und entsprechende Monitore. Im Normalbetrieb zeigt jeder der beiden Monitore das Bild der jeweiligen vorderen Rückblickkamera; mit der Türfreigabe schaltet der Monitor der Freigabeseite auf einen Doppelbildmodus, in dem zusätzlich das Bild der hinteren Kamera angezeigt wird. Beim Erlöschen der Türkontrolle aktiviert sich stattdessen für ein paar Meter als zweites Bild das Bild einer ganz vorne im Führerstand angebrachten, etwa vertikal nach unten gerichteten Kamera, um das Niederstoßen von Kindern im toten Winkel zu verhindern. Die Warnglocke der Wagen ist dieselbe, wie bei den französischen Citadis.
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Haltestelle Ónodi utca. Leider wurde bei der Streckensanierung analog zu Wien hässlich betoniert.
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Allerdings gibt es – eine Neuheit für Budapest – auch Rasengleis-Abschnitte.
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Ab kommenden Samstag sollen auf der Linie 3 bereits fünf CAF-Wagen täglich eingesetzt werden. Wenn jemand genauere Daten über Einsätze und Abfahrtszeiten braucht, bitte melden.