Nun kommt etwas, dass die hießige Fangemeinde wohl am meisten interessieren wird, da nun endlich Bilder eines Fahrzeugs kommen, mit dem sich die deutschen und österreichischen Fans identifizieren. Die Rede ist vom Düwag.
Gestern reiste ich nach Grudziądz (Graudenz) um dem dortigen kleinen Betrieb einen Besuch abzustatten. Die Stadt ist mit etwas mehr als 97 000 Einwohnern die kleinste Stadt Polens mit eigenem Straßenbahnnetz und zudem die einzige Stadt mit weniger als 100 000 Einwohnern mit eigenem Straßenbahnnetz. Einige Städte im Oberschlesischen Industriegebiet zähle ich nicht hinzu, da die die Straßenbahn nicht zu 100% finanzieren müssen.
Die Stadt liegt an einer Nebenstrecke, wesshalb es keine Fernzugverbindungen gibt. Der Regionalverkehr wird in der Wojewodschaft Kujawsko-Pomorskie (Kujawien-Pommern), in der Grudziądz liegt, hauptsächlich von Arriva, einer DB-Tochter abgewickelt.
Ein Blick (eigentlich zwei) auf die Webseite von MZK Grudziądz verrät, dass man in eine Provinzstadt fährt. Es gibt einen einzigen Fahrscheinautomaten und zwei Vorverkaufsstellen, die alle Fahrscheingattungen anbieten. Die am Bahnhof (die dritte Stelle) verkauft nur Monatskarten.
Der zweite Punkt, der erkennen lässt, dass man in der Provinz ist, ist der Preis. Die Tageskarte kostet 7 zł (ca. 1,75 Euro). Zum Vergleich: in Toruń kostet ein Tagesticket 11,20, in Bydgoszcz 12 zł. Am Automaten habe ich eine Tageskarte gekauft (immerhin nimmt er auch Scheine, wenn auch keine Karten) und es konnte losgehen.
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Ich beginne in Tarpno. Einige Düwags GT8 sonnen sich in der Schleife.
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Durch die Altstadt, genauer gesagt vor und nach dem Rynek, gibt es eine lange Gleisverschlingung. Vor der Sanierung war die Strecke eingleisig. Hier sieht man 805Na-MM, eine grundlegende Modernisierung eines 805Nb.
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Am Rynek befindet sich nach wie vor eine Ausweiche. Abgesehen von GT8 waren zwei 805Na-MM-Züge und ein 805Nb-Zug im Einsatz. Die Düwags und 805Nb haben keine Haltestellenansagen, die Innendisplays zeigen aber den Haltestellennamen der nächsten Haltestelle an. Die 805Na-MM haben Haltestellenansagen.
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In die Gegenrichtung, ein 2er in Richtung Tarpno in der Haltestelle Rynek Główny (Hauptmarkt).
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Nördlich des Rynek meandert die Gleisverschlingung durch die Stara (Alte Straße). Hier ein 2er Richtung Rządz. Einige der Düwags haben Halbscherenstromabnehmer bekommen.
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Ein 805Na-MM-Gespann befährt die letzten Meter der Strecke. Bei diesem Zug ist der hintere Wagen nur noch ein motorisierter Beiwagen, 805Na-MMD genannt. Das D steht für Doczepa (Beiwagen)
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Bei diesem sind beide Wagen Triebwagen. Ich war erstaunt, dass der hintere Wagen über einen vollfunktionstüchtigen Fahrerstand verfügt. Hier der Zug kurz nach Verlassen der Schleife Rządz.
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Ein weiterer GT8 bei der Ausfahrt aus der Haltestelle Konstytucji 3 Maja (Straße der Verfassung des 3. Mai). Am 3. Mai 1791 gab sich Polen-Litauen eine Verfassung. Man ist entsprechend stolz darauf, bereits damals eine Verfassung ausgearbeitet zu haben. Heutige Politiker nehmen es mit der Verfassung leider nicht mehr so genau.
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Der einzige 805Nb auf der Strecke. Ich weiß nicht ob planmäßig mehr als zwei 805Nb-Züge unterwegs sind. Den Großteil des Auslaufs stellen die Düwags, von denen 10 Stück gibt. 805Nb gibt es 6 (also 3 Züge) und 805Na-MM 3, sowie einen 805Na-MMD (macht also zwei Züge).
Hier ein kleines Detail. Die 805Nb sind alle Baujahr 1993 und leicht modernere 805Na. 805Na gibt es keine mehr. Der Grund ist ein Feuer im Betriebsbahnhof, dass 1993 fast den gesamten Fuhrpark zerstörte und den Straßenbahnbetrieb lahmlegte. Doch die Stadtregierung gab nicht auf und organisierte schnell den Kauf einiger 805Nb, die gerade bei Konstal gebaut wurden.
Überhaupt ist es ein kleines Wunder, dass der Straßenbahnbetrieb in dieser Stadt überlebt hat. Es gibt genügend Städte Polens, die ähnlich groß sind, sich aber in den 60ern von der Straßenbahn verabschiedet haben. Grudziądz ist nichteinmal eine Industriestadt, die Straßenbahn fährt nur durch Wohngebiet, was ihr heute das Überleben rettet. Es ist aber wie gesagt ein kleines Wunder, dass der Betrieb den Kommunismus überlebt hat.
Das weitere Überleben sehe ich als gesichert an. Immerhin hat man weite Stellen des Netzes saniert. Die Straßenbahn wird auch gut angenommen, die Wagen sind gut besetzt. Zudem heißt es aus dem Rathaus, dass man in dieser Finanzierungsperiode neue Straßenbahnen kaufen möchte.
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Die Toruńska ist Fußgängerzohne, die Straßenbahn darf jedoch fahren.
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Das Motiv ist aber mit einem Düwag schöner.
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Nocheinmal die Altstadtdurchfahrt, hier südlich des Rynek in der Szewska (Schusterstraße).
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Zum Abschluss nocheinmal die Stara, diesmal in die Gegenrichtung mit anderem Sonnenstand.
Das war meine Reise durch dieses Stück Polen, in dem drei Straßenbahnschmalspurnetze relativ nah beieinandern liegen.