Autor Thema: [FR] Ausstellung: Die französische Schule des Tramwaydesigns  (Gelesen 20650 mal)

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Ich möchte für diejenigen, die in den nächsten Monaten nach Paris fahren, auf eine Veranstaltung hinweisen, an der ein wenig mitzuwirken ich die Ehre habe. Die Organisation "Lieu du Design" (http://www.lelieududesign.com/) bzw. das "Institut d'Aménagement et d'urbanisme" (http://www.iau-idf.fr/) veranstalten eine Ausstellung über französisches Tramwaydesign. Die Eröffnung ist am 3. April 2014, Laufzeit bis Sommer. Nähere Infos werde ich nachreichen, sobald ich sie habe, auch weiss ich derzeit noch nicht, wie öffentlich die Eröffnung ist. Ich möchte diese Vorankündigung nur mal hier ablegen, damit man sich die Sache geistig notieren kann, für den Fall, dass man eh eine Reise nach Paris plant.

Es gibt nun schon eine Vorankündigung:

http://www.lelieududesign.com/actualite/exposition-tramway-une-ecole-francaise
http://www.lelieududesign.com/sites/default/files/actualite/exposition-tramway-une-ecole-francaise.pdf
Harald A. Jahn, www.tramway.at

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Re: [FR] Ausstellung: Die französische Schule des Tramwaydesigns
« Antwort #1 am: 19. Februar 2014, 15:07:10 »
Wie gesagt wurde ich eingeladen an der Ausstellung mitzuarbeiten, hier mein kleiner Text, den ich dorthin liefere.

Die wiedergefundene Stadt

Die Städte der Welt stehen vor einer Veränderung. Man hat erkannt, dass höhere Geschwindigkeit nicht Zeit
spart, sondern Wege verlängert. Das Konzept der autogerechten Stadt ist gescheitert, ihre Strukturen
führten nicht zu mehr Freiheit, sondern zu mehr Zwang: zu früher nicht notwendiger Mobilität. Platz zum
Fortkommen statt Platz zum Hierbleiben – das war das Dogma des 20. Jahrhunderts. Dass es eine Änderung
braucht, hat man fast überall verstanden; der öffentliche Verkehr wird in ganz Europa ausgebaut. Es ist aber
ein ständiges „Mehr desselben“: mehr Kapazität, höhere Geschwindigkeit, damit weiter wachsende
Distanzen.

Es blieb Frankreich vorbehalten, die Stadt neu zu denken – als lebendigen Organismus, nicht als
technokratische Struktur von Verkehrssystemen. Im deutschsprachigen Raum ist die Straßenbahn nichts
Neues, die großen Netze seit vielen Jahrzehnten in Betrieb. Gerade diese Kontinuität verhindert aber die
Neuerfindung. Frankreich ist weiter – weil man an den Anfang zurück musste. Städte waren immer Ort der
Begegnung, nicht des schnellen Transits – und der französische Urbanismus erfand ein Verkehrsmittel neu,
das die Qualität des Aufenthalts zurückbringt.

Die neue Schule des französischen Städtebaus hat die Stadt in ihrer ganzen Schönheit und Magie
wiederentdeckt. In der globalisierten Vereinheitlichung wurden die Metropolen wieder individuell
erkennbar, mit liebevollen Details und unverwechselbaren Design. Im Mittelpunkt der Reurbanisierung steht
nun der Mensch mit seinen Bedürfnissen nach Ruhe, nach Schönheit und Harmonie. Die neuen Tramways
ordnen sich dem unter und wirken gerade deswegen so charmant; mit ihnen hat die Stadt ihre Sinnlichkeit
wiederentdeckt. Die Zentren sind wieder „Territorium der Hochwertigkeit“ geworden, die Straßenoberfläche
ist wieder die „dritte Fassade“ zwischen den Häuserfronten; in den äußeren Bereichen hat die Straßenbahn
mit ihren grünen Gleisen den Menschen einen Park gebracht. Überall in Frankreich spürt man den Willen, die
Menschen zu bezaubern, zu inspirieren, zu erfreuen. Das sind die wirklichen Werte, die Aufgaben der Stadt
von morgen: den Menschen das Umfeld zu geben, in dem sie sich wohl fühlen, in dem sie ihre Kreativität,
Phantasie, Kraft entfalten können.

Harald A. Jahn, www.tramway.at

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Re: [FR] Ausstellung: Die französische Schule des Tramwaydesigns
« Antwort #2 am: 03. April 2014, 22:04:28 »
So, grad war die Eröffnung - zahlt sich aus, super gemacht. Werd bissl was zusammenstellen, wenn ich wieder in Wien bin. Hier nur ein paar Eindrücke. Wir kommen übrigens auch vor, in passendem Umfeld...  :luck: Der japanisch aussehende Herr ist Yo Kaminagai, der Chefdesigner der RATP, mit dem ich für die Ausstellung zusammengearbeitet habe. Ansonsten haben der Chef der RATP, der Chef von Alstom und noch ein Chef, den ich nicht zuordnen konnte gesprochen.
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Re: [FR] Ausstellung: Die französische Schule des Tramwaydesigns
« Antwort #3 am: 03. April 2014, 22:09:02 »
Der kleine, feine Unterschied: Während sich die französische Schule der Stadt- und Tramwaygestaltung noch weiter entwickelt, hat man bei uns die Wiener Schule der Stadtverunstaltung bereits zur absoluten Perfektion gebracht. :-\
Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch ans Licht der Sonnen!
... brrrr, Klumpert!
Entklumpertung des Referats West am 02.02.2024 um 19.45 Uhr planmäßig abgeschlossen!

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Re: [FR] Ausstellung: Die französische Schule des Tramwaydesigns
« Antwort #4 am: 03. April 2014, 22:50:43 »
Gut, dass du einen E1 gezeigt hast! Das hat wenigstens noch nostalgisches Flair und die Besucher dort stärkern für den nächsten Städtetrip das Sisi-Schönbrunn-Wien im Kopf ;) Der ULF wäre jedenfalls keine Werbung gewesen, der schaut genau so aus wie es sich anfühlt, damit zu fahren.
Mit uns kommst du sicher... zu spät.

Linie 41

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Re: [FR] Ausstellung: Die französische Schule des Tramwaydesigns
« Antwort #5 am: 03. April 2014, 23:36:21 »
Hihi... Lisbonne, Milan, Concrete City... 8)
Ich verstehe das Konzept dahinter nicht und bin generell dagegen.

nord22

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Re: [FR] Ausstellung: Die französische Schule des Tramwaydesigns
« Antwort #6 am: 04. April 2014, 08:37:32 »
Das E1 Foto ist von der Linie 9 und kann auch unter http://www.tramwayforum.at/index.php?topic=862.60 #65 näher angeschaut werden.

nord22

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Re: [FR] Ausstellung: Die französische Schule des Tramwaydesigns
« Antwort #7 am: 04. April 2014, 09:00:57 »
Gut, dass du einen E1 gezeigt hast! Das hat wenigstens noch nostalgisches Flair und die Besucher dort stärkern für den nächsten Städtetrip das Sisi-Schönbrunn-Wien im Kopf ;) Der ULF wäre jedenfalls keine Werbung gewesen, der schaut genau so aus wie es sich anfühlt, damit zu fahren.

Den hab nicht ich gezeigt, den haben die Leute sich selber gesucht (ob sie den Fotografen gefragt haben? keine Ahnung) - ich hab nur Fotos von ordentlichen Betrieben geliefert  ;)
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martin8721

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Re: [FR] Ausstellung: Die französische Schule des Tramwaydesigns
« Antwort #8 am: 04. April 2014, 10:47:22 »
Gut, dass du einen E1 gezeigt hast! Das hat wenigstens noch nostalgisches Flair und die Besucher dort stärkern für den nächsten Städtetrip das Sisi-Schönbrunn-Wien im Kopf ;) Der ULF wäre jedenfalls keine Werbung gewesen, der schaut genau so aus wie es sich anfühlt, damit zu fahren.

Den hab nicht ich gezeigt, den haben die Leute sich selber gesucht (ob sie den Fotografen gefragt haben? keine Ahnung) - ich hab nur Fotos von ordentlichen Betrieben geliefert  ;)

Der E1 neben dem Mailänder Zug...
Die Tafel war wohl zur Veranschaulichung historischer Straßenbahnbetriebe.  8)

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Re: [FR] Ausstellung: Die französische Schule des Tramwaydesigns
« Antwort #9 am: 04. April 2014, 11:45:57 »
Die Tafel war wohl zur Veranschaulichung historischer unzeitgemäßer Straßenbahnbetriebe.  8)
"das korrupteste Nest auf dem weiten Erdenrund"
Mark Twain über die Wienerstadt.

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Re: [FR] Ausstellung: Die französische Schule des Tramwaydesigns
« Antwort #10 am: 04. April 2014, 13:08:45 »
es ist die zweite von 6 Stufen zur heutigen Tramway - auf der ersten tafel war ein M zu sehen, auf der 3. eigener Gleiskörper, auf der 4. Ustrab... Ich poste alles ausführlich, wenn ich in Wien bin, es war insgesamt interessant, nicht nur was die schönen Fotos betrifft.
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T1

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Re: [FR] Ausstellung: Die französische Schule des Tramwaydesigns
« Antwort #11 am: 05. April 2014, 13:43:07 »
Das E1 Foto ist von der Linie 9 und kann auch unter http://www.tramwayforum.at/index.php?topic=862.60 #65 näher angeschaut werden.

nord22
Das Motiv mag zwar das selbe sein, das Foto ist es aber definitiv nicht.

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Re: [FR] Ausstellung: Die französische Schule des Tramwaydesigns
« Antwort #12 am: 08. April 2014, 16:20:06 »
Wie versprochen noch ein wenig zur Ausstellung. Für mich erwähnenswert sind zwei Dinge: einerseits, dass die Tramway-Euphorie nicht "von oben" verordnet kam, wie oft im zentralistischen Frankreich, sondern aus den jeweiligen Städten selbst. Die Bürgermeister wollten ihre Tram und müssen dahinter stehen, dann funktioniert das Gesamtwerk. Und zweitens: Um die quasi schlüsselfertige Lieferung von Tramwaysystemen hat sich eine spezialisierte Industrie gebildet, vom Wagenbau bis zu den Stadtplanern und den Lieferanten des Baumaterials.

Hier die versprochenen Panele der Ausstellung, die Inhalte sinngemäß:

01 Frühere Tramways, Schienen im Straßenraum
02 Entwicklung bei laufendem Betrieb, Städte, deren erhaltene Netze Teil des Stadtbilds sind, große Netze, die die ganze Stadt bedienen
03 Optimierungen: eigene Gleiskörper
04 radikale Modernisierungen: Ustrab, Tram-Train
05 beschrieb den Beginn der französischen Netze
06 neue zeitgemäße Netze
07 Weiterentwicklung des französischen Prinzips

Das letze Panel beschreibt die Strategie, wie neue Netze eingeführt werden sollten.
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Re: [FR] Ausstellung: Die französische Schule des Tramwaydesigns
« Antwort #13 am: 08. April 2014, 16:43:46 »
Auf eine weitere Ausstellung möchte ich hinweisen: Il était une fois l'Orient Express - Es war einmal der Orient Express.

http://www.imarabe.org/activites-evenements/collections-expositions/expositions/orient-express

Die SNCF hat einige alte Pullman-Wagen gekauft; ihr gehört die Marke "Orient-Express", man plant eine Neuauflage mit umgebauten Corail-Wagen als Gesellschaftszug (in heutigem Stil), andererseits möchte man den Namen als neue Luxusmarke positionieren und an hochwertige Hersteller zur Nutzung lizensieren. Die Ausstellung erzählt in den Waggons ein wenig über die berühmten Reisenden des Originalzuges und geht dann im Arabischen Institut mit allerlei Devotionalien weiter.

Eine etwas unrühmliche Geschichte hat der ganz blaue Schlafwagen: Der wurde als Ruine gefunden und gekauft, allerdings ohne Rücksprache mit den Fachleuten im Eisenbahnmuseum Mulhouse: es ist garkein Pullman. Er wurde dann in einer auf Güterwagen spezialisierten Firma oberflächlich renoviert, was in die Hose ging; die Arbeit wurde dann nochmal gemacht, nun sieht er wenigstens äusserlich ganz adrett aus. Blöderweise hat der Wagen keinerlei Ausrüstung (unter der Bodenplatte ist einfach nichts); die SNCF meinte, na gut, man kann ihn ja ungebremst einem Zug beigeben. Allerdings meinte die Restaurationsfirma, schlechte Idee, bei der ersten Notbremsung zerfällt der Wagen wahrscheinlich, so schlecht ist er beinand' - der teuer restaurierte falsche Schlafwagen kann also nur per LKW transportiert werden  ::)

Die Geschichte der Lokomotive ist auch eine üble: Es war die letzte betriebsfähige Dampflok der SNCF, der regionale Betriebsleiter wollte sie von seinen Gleisen weghaben und hat sie an einen privaten Verein verkauft - ohne das Wissen der Direktion, die entsprechend entsetzt war, es gab ein Riesentheater. Der Verein hat sie schlecht gepflegt und ruiniert, schlussendlich war die Maschine ruiniert, zerlegt und als Puzzle in Kisten verpackt. Die SNCF wollte sie zurückkaufen, es gab/gibt einen ewigen Prozess über die Schuld und die Restaurierungskosten. Schlussendlich wurde die Lok optisch von SNCF- und Vereinsleuten ehrenamtlich wieder hergerichtet, ist aber nicht fahrfähig. Ob sie das je wieder wird ist unklar.  :-[

Die Ausstellung selbst wendet sich an das breite Publikum, ist eher atmosphärisch als technisch aufgebaut, aber hübsch anzusehen - mit Hintergrundgeräuschen, Dekoration, als wären die Pasagiere nur kurz vom Platz weggegangen, und kleinen Videoscreens überall eingebaut. Ich empfehle den Kartenkauf per Internet und einen Besuch ausserhalb der HVZ...
Harald A. Jahn, www.tramway.at

Petersil

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Re: [FR] Ausstellung: Die französische Schule des Tramwaydesigns
« Antwort #14 am: 09. April 2014, 16:18:28 »
Hast du zum Bild 76 irgendwelche näheren Infos? Das sieht sehr interessant aus, auch die vielen Laternen am Zug.