Wie's um 1900 war, entzieht sich meiner Kenntnis; aber in der Zwischenkriegszeit: Da gehen einem bei einem Blick in gängige Kochbücher (für die Alltagsküche; legendär: Ziegenbein-Eckel) die Augen über ob der fleischlastigen und üppigen Kost. Bei den dortigen Menüvorschlägen für die einfache Hausfrau selbst in normalen Wochen würden wir bei heutiger typischer nichtkörperlicher Arbeitsbelastung auseinandergehen wie ein Germteig. Mangel herrschte viel eher an Gemüse und insbesondere Obst. Nota bene: Aus wenig Ausgangsmaterial viel Energie herausholen.
Wobei mageres Fleisch nicht dick macht oder ungesund ist. Die Energie wiederum bekommt man aus den Kohlehydraten (zB Erdäpfel, Getreide aller Art wie z.B. Nudeln oder auch Mehl als Soßenbinder). Und die Energie, die man durch körperliche Belastung nicht verbraucht, wird im Körper als Fett gespeichert - sozusagen als Polster für schlechte Zeiten.
Ich glaube, dass um 1900 schon eine Mangelernährung geherrscht hat bei den "normalen Menschen". In der Zwischenkriegszeit kann ich es nicht sagen, aber zumindest im Krieg und in der Nachkriegszeit gab es praktisch kein Fleisch zu essen - maximal zu Festtagen. Man ist jedenfalls gerne zum Pferdefleischer gegangen, wo man Fleisch günstig bekommen hat. Damals gab es ja noch viele Nutzpferde, die nach dem Ausdienen verarbeitet werden konnten. Zugegeben, dass man dort einkaufen geht, hat es kaum wer.
Der Mangel an Gemüse und Obst, den du beschreibst, gab es eher saisonal. Obst und Gemüse konnte damals noch viel schlechter haltbar gemacht werden als heute. Im Winter musste man auf haltbares Wintergemüse (Kohl, Rüben, Erdäpfel usw.) oder auf Eingemachtes zurückgreifen. Obst gab es überhaupt nur zur Saison. Tiefkühltruhen gab es ja nicht und nur wenige Obstsorten konnten länger als einige Tage oder Wochen aufbewahrt werden (z.B. Äpfel). Obst- und Gemüseproduktion außerhalb der Saison z.B. in Glashäusern oder in Substratkulturen waren damals noch komplett unbekannt.