Autor Thema: [PM] ICE defekt: Passagiere mussten in Tunnel raus  (Gelesen 5880 mal)

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MK

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[PM] ICE defekt: Passagiere mussten in Tunnel raus
« am: 26. Juli 2025, 21:51:24 »
Zitat
ICE defekt: Passagiere mussten in Tunnel raus

Zu einem Großeinsatz der Blaulichtorganisationen ist es Samstagnachmittag vor den Toren Wiens gekommen. Weil ein ICE der Deutschen Bahn wegen eines technischen Problems im Eisenbahntunnel Knoten Hadersdorf stehen blieb, mussten die rund 400 Passagiere und Passagierinnen im Tunnel aussteigen.

https://wien.orf.at/stories/3315211/

Hier stellen sich einige Fragen: Warum soll ein Abschleppen "technisch nicht möglich" sein und wie bekommt man den ICE dann wieder heraus, wenn er es nicht doch noch aus eigener Kraft schafft? Warum dauert die Bereitstellung eines Ersatzzugs zwei Stunden und die Abfahrt dann noch einmal eineinhalb, sodass die Leute den Zug verlassen und selbstständig zu den Notausgängen gehen, und warum braucht man insgesamt sechs Stunden für eine Evakuierung von 400 Personen über den wenige Meter entfernten Notausgang?
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Re: [PM] ICE defekt: Passagiere mussten in Tunnel raus
« Antwort #1 am: 26. Juli 2025, 23:43:06 »
War natürlich eine besonders blöde Stelle, aber mir scheint, die Deutsche Bahn schafft es inzwischen, das halbe europäische Bahnnetz lahmzulegen
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Re: [PM] ICE defekt: Passagiere mussten in Tunnel raus
« Antwort #2 am: 27. Juli 2025, 00:01:02 »
Ich frage mich eher, warum die ÖBB über 6 h braucht, bis die Fahrgäste aus dem Tunnel draußen sind!

abc

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Re: [PM] ICE defekt: Passagiere mussten in Tunnel raus
« Antwort #3 am: 27. Juli 2025, 06:28:16 »
Prinzipiell scheint mir dass ursprünglich geplante Vorgehen sinnvoll: erst versuchen, den Zug abzuschleppen, wenn das nicht funktioniert, die Fahrgäste in einen anderen Zug umsteigen lassen, und wenn das auch nicht funktioniert, die Notausstiege nutzen, und wenn das auch nicht funktioniert, durch Notausstiege evakuieren.

Nur darf das, wenn Variante 1 und 2 scheitern, eben keine 5, 6 Stunden dauern, bis Variante 3 eingeleitet wird.

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Re: [PM] ICE defekt: Passagiere mussten in Tunnel raus
« Antwort #4 am: 27. Juli 2025, 07:39:11 »
In folgenden Video: https://youtu.be/PsG_E4eW9UI?si=uRMa1UqOSNuaaoww (ab Minute 12), wird erzählt, dass es beim ICE T (also in diesem Fall der schadhafte Zug) schwierig ist bzw. viel Werkzeug benötigt, damit die Klappe wo die Scharfenbergkupplung drinnen ist, geöffnet werden kann. Da es ein DB Zug ist, kann es sein, dass sie kein passendes Werkzeug parat hatten. Wobei ich das eher weniger glaube, aber es ist eine Theorie.

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Re: [PM] ICE defekt: Passagiere mussten in Tunnel raus
« Antwort #5 am: 27. Juli 2025, 09:37:35 »
schwierig ist bzw. viel Werkzeug benötigt, damit die Klappe wo die Scharfenbergkupplung drinnen ist, geöffnet werden kann.

Und warum plant man so? Im TGV ist das ein Handgriff.
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MK

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Re: [PM] ICE defekt: Passagiere mussten in Tunnel raus
« Antwort #6 am: 27. Juli 2025, 10:20:56 »
War natürlich eine besonders blöde Stelle, aber mir scheint, die Deutsche Bahn schafft es inzwischen, das halbe europäische Bahnnetz lahmzulegen

Während man die mangelnde Wartung des ICEs, wodurch es zu dem Ausfall kam, sicher der DB zuordnen kann - die verhaute Evakulierung danach ist Schuld der ÖBB. (Wobei die DB auf dem eigenen Streckennetz auch regelmäßig so etwas veranstaltet.)

Prinzipiell scheint mir dass ursprünglich geplante Vorgehen sinnvoll: erst versuchen, den Zug abzuschleppen, wenn das nicht funktioniert, die Fahrgäste in einen anderen Zug umsteigen lassen, und wenn das auch nicht funktioniert, die Notausstiege nutzen, und wenn das auch nicht funktioniert, durch Notausstiege evakuieren.

Soweit ich weiß, ist der Notfallplan der ÖBB bei Stromausfall im Zug auf freier Strecke: Zug zum nächsten Bahnsteig bringen, wenn das nicht funktioniert, Strecke sperren, Oberleitung abschalten und erden, Einsatzfreigabe erteilen, Personen evakuieren. Aus irgendeinem Grund ist man aber hier nach dem gescheiterten Abschleppen auf die Idee mit dem Ersatzzug gekommen, aber erst viel zu spät, und hat den dann auch nicht losfahren lassen.

In folgenden Video: https://youtu.be/PsG_E4eW9UI?si=uRMa1UqOSNuaaoww (ab Minute 12), wird erzählt, dass es beim ICE T (also in diesem Fall der schadhafte Zug) schwierig ist bzw. viel Werkzeug benötigt, damit die Klappe wo die Scharfenbergkupplung drinnen ist, geöffnet werden kann. Da es ein DB Zug ist, kann es sein, dass sie kein passendes Werkzeug parat hatten. Wobei ich das eher weniger glaube, aber es ist eine Theorie.

Es gibt eine Notkupplung, die stets im ICE-T mitgeführt wird und so konstruiert ist, dass sie von zwei Personen (Lokführer des ICE T und Lokführer der Abschlepplok) rein durch Körperkraft angebracht werden kann. Einige Zeit wurde sie sogar "semi-planmäßig" benützt, als zwischen (EDIT: Nürnberg und Thüringen) noch über die Altstrecke gefahren wurde und die ICE-T Probleme mit den Motoren und oft nur 50% Antriebsleistung gehabt haben, dann wurden die BR 151, 155 und später 101 als Vorspann- oder Schiebelokomotive im Bayerischen und Thüringer Wald eingesetzt, damit durfte man sogar 90 (oder 100? Bin mir nicht mehr sicher) km/h fahren. Scheitern kann das nur, wenn entweder niemand weiß, wie man das macht, oder sich die Bremse auf keinem Weg lösen lässt.
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Re: [PM] ICE defekt: Passagiere mussten in Tunnel raus
« Antwort #7 am: 27. Juli 2025, 10:40:06 »
schwierig ist bzw. viel Werkzeug benötigt, damit die Klappe wo die Scharfenbergkupplung drinnen ist, geöffnet werden kann.

Und warum plant man so? Im TGV ist das ein Handgriff.

Beim ICE mutmaßlich auch, die werden schließlich in Passau gestärkt bzw. geschwächt. Die Frage ist natürlich, ob das im konkreten Fall so funktioniert hat.

60er

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Re: [PM] ICE defekt: Passagiere mussten in Tunnel raus
« Antwort #8 am: 27. Juli 2025, 11:01:59 »
Beim ICE mutmaßlich auch, die werden schließlich in Passau gestärkt bzw. geschwächt. Die Frage ist natürlich, ob das im konkreten Fall so funktioniert hat.
ICE an ICE geht problemlos: https://youtu.be/d_6EmnX5lYE?si=vsg-o92BiHY5cW52

Alex

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Re: [PM] ICE defekt: Passagiere mussten in Tunnel raus
« Antwort #9 am: 27. Juli 2025, 11:10:49 »
Beim ICE mutmaßlich auch, die werden schließlich in Passau gestärkt bzw. geschwächt. Die Frage ist natürlich, ob das im konkreten Fall so funktioniert hat.
ICE an ICE geht problemlos: https://youtu.be/d_6EmnX5lYE?si=vsg-o92BiHY5cW52
Die Frage ist halt, ob die Klappe ohne Strom auch noch leicht aufgeht.

coolharry

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Re: [PM] ICE defekt: Passagiere mussten in Tunnel raus
« Antwort #10 am: 27. Juli 2025, 11:26:50 »
Die Frage ist eher: Hatte man in Wien eine passende Kupplung um den ICE abzuschleppen oder dachte man nur, das die Kupplung eines anderen Zuges passen würde. Ich glaube ja kaum das in Wien ein zweiter ICE so zufällig rum stand. Und passende Schlepplok wird man zwar haben aber auch hier wieder die Frage ob die Scharfenberg Kupplung passt. Und wenn die nicht passt, der Zug über keine Zug herkömmlich Kupplung verfügt, dann war's das mit mit Schleppen. Hier wird vieles zusammen gekommen sein, was am Papier super ausgesehen hat, aber dann doch nicht so funktioniert hat wie gedacht.
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Gast1090

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Re: [PM] ICE defekt: Passagiere mussten in Tunnel raus
« Antwort #11 am: 27. Juli 2025, 11:27:47 »
....  Aus irgendeinem Grund ist man aber hier nach dem gescheiterten Abschleppen auf die Idee mit dem Ersatzzug gekommen, aber erst viel zu spät, und hat den dann auch nicht losfahren lassen.

Das scheiterte möglicherweise daran, daß einzelne Personen – laut ÖBB „eine Handvoll“ – diese Ersatzgarnitur dann allerdings entgegen ausdrücklicher Anweisungen wieder verlassen hätten und im Tunnel verschwunden seien.

Und undiszipliniertes Verhalten der Fahrgäste kann man der ÖBB nicht anlasten.

Bus

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Re: [PM] ICE defekt: Passagiere mussten in Tunnel raus
« Antwort #12 am: 27. Juli 2025, 12:17:40 »
Wobei undiszipliniert fraglich ist, bei dieser Dauer...

man stelle sich eine Reise mal so vor:
ca. 1 h zum Bahnhof und warten
Abfahrt, 5 h Störung bis man endlich rauskommt
Warten auf den SEV, reinzwengen in den übervollen Bus ohne Essen und Klo
Warten am Bahnhof auf den nächsten (VOLLEN!!!) ICE oder ähnliches
hoffen, dass man mitfahren darf (und nicht evakuiert wird, weil übervoll), bzw. stehen bis zum Ziel
Weiterfahrt ins Zielgebiet - 2 - 10 h

Ich denke, da ist einem das Wochenende ordentlich versaut.  Kann passieren, wenn man dann aber hört, dass auf der A10 wieder ein Stau von 3 h ist, erscheint das wiederum lächerlich, im Gegensatz zu so einer Störung (wo keiner was dafür kann)

Der Notfallplan ist sicher durchdacht, aber die Dauer ist schon ein Wahnsinn.

MK

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Re: [PM] ICE defekt: Passagiere mussten in Tunnel raus
« Antwort #13 am: 27. Juli 2025, 12:23:02 »
Die Frage ist halt, ob die Klappe ohne Strom auch noch leicht aufgeht.

Nein, geht sie nicht, sie lässt sich aber sowohl batteriebetrieben als auch manuell öffnen.

Die Frage ist eher: Hatte man in Wien eine passende Kupplung um den ICE abzuschleppen oder dachte man nur, das die Kupplung eines anderen Zuges passen würde. Ich glaube ja kaum das in Wien ein zweiter ICE so zufällig rum stand. Und passende Schlepplok wird man zwar haben aber auch hier wieder die Frage ob die Scharfenberg Kupplung passt. Und wenn die nicht passt, der Zug über keine Zug herkömmlich Kupplung verfügt, dann war's das mit mit Schleppen. Hier wird vieles zusammen gekommen sein, was am Papier super ausgesehen hat, aber dann doch nicht so funktioniert hat wie gedacht.

Ungefähr eine Stunde später wäre ein ICE-T als Gegenzug gekommen. Jedenfalls wurde ein Abschleppen mit einem anderen ICE-T versucht (kann der Gegenzug oder tatsächlich ein herumstehender Reservezug gewesen sein), was aber scheiterte, aus welchem Grund ist bisher unklar.

Allerdings führt wie erwähnt jeder ICE-T einen Adapter von der Scharfenberg- auf die konventionelle Kupplung als Notkupplung mit. Damit kann man den Zug mit jeder Lokomotive abschleppen, und irgendeine Lokomotive sollte sich bei Hadersdorf schon auftreiben lassen.

Das scheiterte möglicherweise daran, daß einzelne Personen – laut ÖBB „eine Handvoll“ – diese Ersatzgarnitur dann allerdings entgegen ausdrücklicher Anweisungen wieder verlassen hätten und im Tunnel verschwunden seien.

Und undiszipliniertes Verhalten der Fahrgäste kann man der ÖBB nicht anlasten.

Diese "Handvoll Personen", die "undiszipliniertes Verhalten" zeigten, taten dies, weil der bereitgestellte Ersatzzug eineinhalb Stunden nach vollständigem Umstieg und vier Stunden nach Stopp des ersten Zuges ebenfalls keinen Strom hatte, nicht losfuhr und es keinerlei Informationen gab. Insofern handelt es sich eher um rationales Verhalten.
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Oskar

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Re: [PM] ICE defekt: Passagiere mussten in Tunnel raus
« Antwort #14 am: 27. Juli 2025, 14:21:37 »
Man kann nur hoffen, dass dieser Vorfall eine Überarbeitung des Sicherheitskonzepts nach sich ziehen wird, insbesondere was die maximale Dauer betrifft, bis  Abschleppen, Evakuierung, Umstieg in Ersatzzug,... zu beginnen hat. Weiters ggf. eine Nachschulung des Personals im Hinblick auf Behebung von Störungen beim ICE, wenn sich herausstellt, dass letztendlich doch ein Verlassen des Tunnels mit eigener Kraft möglich gewesen wäre.