BUS:STOP KRUMBACH
Wo Bushaltestellen Kunstwerke sind
Egg im Bregenzerwald (TP/OTS) - Sieben neue Bushaltestellen - jede für sich ein Kunstwerk - gibt es ab Mai im Bregenzerwälder Dorf Krumbach zu bestaunen. Renommierte Architekten aus aller Welt haben die sogenannten "Wartehüsle" ganz unterschiedlich gestaltet.
Bränden - Unterkrumbach Süd/Nord - Zwing - Oberkrumbach - Kressbad- Glatzegg: So heißen die Stationen, an denen ab Mai wohl nicht nur Busse und Fahrgäste, sondern auch Architekturinteressierte verweilen werden. Unter dem Namen BUS:STOP Krumbach haben sieben Architekturbüros aus aller Welt zusammen mit Architekten und Handwerkern aus Vorarlberg bzw. dem Bregenzerwald jeweils eine Bushaltestelle gestaltet. Und das für ein unübliches Honorar: eine Woche Urlaub im Bregenzerwald.
Wie Skulpturen stehen sie da, die neuen Busstationen, setzen Akzente in die sanft gewellte Landschaft. Entwürfe und Materialien greifen Vorarlberger Bautraditionen auf und interpretieren sie doch ganz neu. Hier eine Stube aus Glas und Stahl, da ein Hochsitz, dort ein Pavillon aus geschichteten Eichenbrettern. Furios der japanische Entwurf - ohne Wetterschutz, dafür mit schöner Aussicht: ein Wald aus dünnen Stahlstangen mit Wendeltreppe.
BUS:STOP Krumbach, eine Initiative des örtlichen Kulturvereins, hat sich nicht nur das Ziel gesetzt, in Krumbach Nutzbauten mit kulturellem Mehrwert entstehen zu lassen und einen kulturellen Austausch zu bewirken. Den Initiatoren war es darüber hinaus wichtig, dem Thema öffentliche Mobilität mehr Raum zu geben. Das ehrgeizige Vorhaben, kuratiert von Dietmar Steiner vom Architekturzentrum Wien, unterstützt vom Vorarlberger Architektur Institut sowie einer Reihe von Sponsoren und ehrenamtlich Mitwirkenden, fand von Beginn an Anklang.
Innerhalb kürzester Zeit sagten diese Architekturbüros ihre Teilnahme zu: Smiljan Radic aus Chile, dvvt Architecten aus Belgien, RintalaEggertsson Architects aus Norwegen, Alexander Brodsky aus Russland, Amateur Architecture Studio mit Wang Shu und Ly Wenyu aus China, Ensamble Studio aus Spanien und Sou Fujimoto aus Japan.
Eine begleitende Ausstellung eröffnet am 8. Mai 2014 im Vorarlberger Architektur Institut (vai) in Dornbirn. In Folge wird die Ausstellung im Architekturzentrum Wien zu sehen sein.
Nähere Informationen unter www.kulturkrumbach.at
Quelle: OTS

Smiljan Radic, Chile
Partnerarchitekt: Bernardo Bader
Smiljan Radic inspirierten Handwerk und Tradition im Bregenzerwald sichtlich. Das Resultat: Ein Entwurf mit Referenz an die Bregenzerwälder Stube. Radic transferiert die Intimität in die Ausgesetztheit einer Bushaltestelle. Ein Stück „Stube“ ausgeschnitten, in die Landschaft gesetzt, dem Kontext des Interieurs entfremdet. Ein präzise detaillierter Glaspavillon mit einer Kassettendecke aus schwarzem Beton. Bäuerliche Holzsessel stehen als Sitzgelegenheit bereit. Ein Vogelhaus eröffnet einen spielerischen Moment der Aufmerksamkeit und Ablenkung gleichermaßen.

Architecten de Vylder Vinck Tailleu, Belgien
Partnerarchitekt: Thomas Mennel / memux
Zu den Protagonisten der flämischen Architekturszene gehören dvvt – Jan De Vylder, Inge Vinck und Jo Taillieu. dvvt absolvierten ihre Ortsbesichtigung auf der Reise von der Mailänder Möbelmesse mit Zwischenstopp in Krumbach und zurück nach Belgien. Die automobile Bewältigung von Alpenpässen hinterlässt einen starken Eindruck. Und dann eine zufällige Begegnung mit einem Wandbild irgendwo in Gent. Die geometrische Abstraktion einer triangulären Form, könnte von Sol Lewitt geschaffen sein. Aber mitten drin eine Störung. Irgendein Handwerker hat in dieses Wandbild eine Türklingel montiert. Respektlos. Jetzt sehen wir den Ort des BUS:STOPs: eine spitzwinklige Situation, drei Richtungen treffen sich. Und dvvt bündeln ihre Eindrücke und Einflüsse zu einem Objekt für genau diesen Ort. Ein poetischer Akt der Faltung von dreieckigen Flächen. Eine Erzählung über den Ort, über Sol Lewitt und die Alpen – genannt „April.“

Ensamble Studio, Antón Garcia-Abril I Débora Mesa, Spanien
Partnerarchitekt: Dietrich I Untertrifaller Architekten
Ensamble Studio versteht sich auch als Forschungsinstitut für Architektur. Immer wieder werden Materialien in ihren Eigenschaften bis an ihre Leistungsgrenzen erprobt. Fasziniert hat Ensamble Studio die elementare Qualität von rohen, unbehandelten Eichenbrettern und deren Schichtung in den Trockenlagern der Holzwerkstätten im Bregenzerwald. Daraus eine räumliche Situation für den BUS:STOP zu schaffen, war die Herausforderung. Einzig mit einer Schichtung der rohen Bretter, deren Anordnung und Lage einen geschützten wie offenen Raum erzeugt. Wichtig ist den Architekten, dass die Eichenbretter völlig unbehandelt bleiben, ihr Geruch und der Prozess der Alterung den Ort zu einem spezifischen macht.

Sou Fujimoto, Japan
Partnerarchitekt: Bechter Zaffignani Architekten
Sou Fujimotos Architektur lebt vom Traum einer neuen Vereinigung von Architektur und Natur. Dabei soll sich die Architektur nicht der Natur angleichen, sie nicht imitieren, sondern in ihrer geometrischen Eigengesetzlichkeit der Natur den ihr zustehenden Raum gewähren. Mit diesem philosophischem Ansatz hat Architektur nicht mehr die Funktion des Schutzes. Sie ist ein offener Dialog mit der Natur. Dafür bietet Sou Fujimoto Raumgerüste als Möglichkeitsformen dieser Interaktion. Eine Weiterentwicklung dieses Konzepts ist sein BUS:STOP für Krumbach. Ein „Wald“ aus wilden dünnen Stahlstangen. In dieser offenen Struktur windet sich eine Stiege in die Höhe. Nein, dieser BUS:STOP gewährt keinen Schutz vor der Witterung, er eröffnet dafür eine neue Dimension der Wahrnehmung von Ort, Raum und Natur.

Alexander Brodsky, Russland
Partnerarchitekt: Hugo Dworzak, Architekturwerkstatt
Es ist ein schwieriger Ort, den Alexander Brodsky für seinen BUS:STOP vorgefunden hat. Eine kleine Restfläche am Rande eines Grundstücks, das mit einem schmucken Einfamilienhaus bebaut ist. Doch er reagiert grundsätzlich und souverän auf diese Beschränkung und setzt einen radikal einfachen, aber präzis gebauten Turm aus Holz an diesen Ort. Gleichzeitig ist der Turm von geradezu archaischer Prägnanz. Öffnungen nach allen Seiten, an drei Seiten verglast. Und dann noch eine Ebene von kleinen Fenstern ohne Verglasung im „ersten Stock“. Da weht der Wind, da fliegen die Vögel durch. Mit Tisch und Bank bietet Alexander Brodsky einen entspannten Aufenthalt, falls der Bus sich einmal verspätet.

Rintala Eggertsson, Norwegen
Partnerarchitekt: Baumschlager Hutter Partners
Sami Rintala und Dagur Eggertsson bewegen sich im Grenzbereich von Architektur, Design und Kunst. Ihre „Objekte“ reagieren auf den Ort mit einer Verdichtung zu einer besonderen Erzählung. Das ist der Hintergrund ihrer Entscheidung für den Standort Tennisplatz. Nur hier konnten sie den BUS:STOP mit einem zusätzlichen sozialen Angebot ergänzen. Er ist ein Wartehäuschen für den Bus und mit einer kleinen, metaphorischen, aber doch funktionellen Tribüne für den Tennisplatz. Sehr reduziert und traditionell als Holzkonstruktion, mit Schindeln verkleidet. Das Besondere dieser Interpretation ist die Kombination von Bedarf und Möglichkeit.

Amateur Architecture Studio, Wang Shu I Lu Wenyu, China
Partnerarchitekt: Hermann Kaufmann
Pritzker-Preisträger Wang Shu und Lu Wenyu aus Hangzhou, China, thematisieren die besondere Lage dieses BUS:STOP mit der freien Sicht in beide Richtungen. Deshalb planten sie eine Camera Obscura, einen konischen Raum, der sich zur Strasse öffnet und mit einem Fenster an der Rückwand die Blickachse zu den Bergen rahmt. Sie schaffen damit einen Raum der besonderen und fokussierten Wahrnehmung von Landschaft, die ihnen in all ihren Projekten immer wichtiger ist als die Gebäude selbst.
Quelle: kultur krumbach