Wäre Wien eine Ostblockstadt geworden, ...
Interessante Frage, aber natürlich hier off topic. Dazu ein paar Rahmenbedingungen:
- Wäre Österreich bzw. Wien geteilt worden wie Deutschland und Berlin?
- Oder wäre Österreich als ein Land erhalten geblieben, nur halt kommunistisch?
Und dann stellt sich auch die Frage, welche Art von Kommunismus geherrscht hätte, bzw. welche Art von Herrscher. Eher ein pragmatischer Modernisierer wie Tito in Jugoslawien oder ein egomanischer Tyrann wie Stalin oder Ceaucescu? Oder irgendwas von den tausenden Nuancen dazwischen?
Wenn es eine Wiener Mauer gegeben hätte, wäre wohl der Erste Bezirk als demilitarisierte, neutrale Zone gesperrt worden und irgendwann in den 1980er-Jahren als Touristen-Freilichtmuseum wiedereröffnet worden, zur kontrollierten Begehbarkeit von "geführten" Reisegruppen. In den innerstädtischen Gebieten wären große Bereiche abgerissen worden, um Platz für Mauer und Glacis zu schaffen.
Wien wäre heute eine Stadt mit zwei Stadtzentren. Das Zentrum von West-Wien wären wohl die Bezirke 7-9. Das Zentrum von Ost-Wien wäre wahrscheinlich in Transdanubien neu angelegt worden, schätzungsweise im Bereich Kagran. Die Wagramer Straße wäre dann im Stil der Karl-Marx-Allee von Berlin ausgebaut worden

Durch den Ersten Bezirk wären zwei Transitlinien gebaut worden, um die voneinander getrennten Teile von West- und Ost-Wien zu verbinden. Diese Linien wären ziemlich genau den heutigen Linien U1 und U3 gefolgt, nur mit dem Unterschied, dass es am Stephansplatz keine Umsteigeverbindung gegeben hätte. Diese wäre erst nach 1990 mühsam gebaut worden.
Allerdings hätte man auch praktischerweise die britischen Bezirke 3 und 11 mit den sowjetischen Bezirken 4 und 10 tauschen können.
West-Wien hätte noch einen Flughafen gebraucht, um eine Luftbrücke zu gewährleisten. Dafür hätte sich die Simmeringer Haide angeboten.
In West-Wien wäre wohl die Straßenbahn nach und nach eingestellt worden und durch Busse und U-Bahn ersetzt, zumal die Radiallinien alle auch ihre Schleifen am Ring, der ja Sperrzone wurde, verloren haben. In Ost-Wien wäre die Straßenbahn weiter betrieben worden. Transdanubien wäre wohl massiv urbanisiert worden, die Straßenbahn wäre dort in der Mitte breiter Boulevards gefahren, ähnlich wie heute in Warschau. Ergänzt worden wäre das Straßenbahnnetz mit O-Bussen.
Um das Beste der verschiedenen Systeme der Warschauer-Pakt-Staaten für Wien zu finden: Die Regionalbahnen im Weinviertel wären ab Stammersdorf ähnlich wie die Budapester HÉV geführt worden. Der Nordbahnhof wäre der wichtigste Bahnhof geworden, von dort wären alle Fernzüge nach Budapest, Bratislava, Prag, Warschau und Ost-Berlin gestartet. Vom Westbahnhof wären West-Transitzüge nach Enns und zum Semmering losgefahren. Der Franz-Josefs-Bahnhof wäre abgerissen worden, da die Verbindung Kloburg-Tulln für die Westzone uninteressant wäre. Auch der Süd/Ostbahnhof wäre zu einem Regionalbahnhof verkommen, wo nur die Züge der ÖDR nach Wiener Neustadt und Eisenstadt losgefahren wären (über Aspangbahn).
Wagenmaterial: Die U-Bahn in Ost-Wien wäre mit sowjetischen Zügen gefahren (wie auch Prag und Budapest). Straßenbahnen: Möglicherweise hätte das heutige Bombardier-Werk am Donaufeld einfach Tatras und russische KTM in Lizenz produziert.
Naja, wie auch immer: 1990, nach Abriss der Wiener Mauer, gibt es große Brachflächen in innerstädtischer Top-Lage und die Immobilienentwickler reiben sich die Hände! Die Plattenbausiedlungen in Transdanubien hingegen werden soziale Brennpunkte, wo Neonazis regelmäßig "Ausländer" und "Linke" zusammenschlagen und abstechen, die Polizei geht dort gar nicht mehr hin. Favoriten hingegen ist cool und wird der Wiener Prenzlberg. An der Laxenburger Straße eröffnet ein Ostalgie-Lokal neben dem anderen und Bobos wie Touristen freuen sich.