Ich habe mal in den passenden Thread gewechselt:
Andererseits: Wenn hier von @abc Stellplatznachweis gefordert wird, dann soll er auch sagen, dass es wohl seine bevorzugte politische Gruppierung war, die die Stellplatzverpflichtung gelockert hat, die Idee der möglichst autolosen Stadt nicht gelungen ist (siehe Seestadt, obwohl dort schon die U2 als wirklich leistungsfähiges Verkehrsmittel war, bevor intensiv gebaut wurde, also wie hier immer gefordert: Angebot war vor der Nachfrage da!).
Die Seestadt zeigt aber auch vor allem, dass man in Stadtpolitik und -verwaltung Angst vor der eigenen Courage bekommen hat und deshalb das Konzept nicht bis zum Ende durchzieht.
Und ja, die Stellplatzverpflichtung beim Bau von Wohnungen ist Unsinn und in mehrfacher Hinsicht kontraproduktiv: sie treibt die Baukosten nach oben, was sich dann in den Mieten niederschlägt (aller Mietparteien, nicht nur der autofahrenden, so viel zur Quersubventionierung) und setzt im alltäglichen Verhalten falsche Anreize, weil das Auto direkt in der Wohnhausanlage (bzw. im eigenen Haus) verfügbar ist, während zur nächsten Station im Regelfall ein Fußweg erforderlich ist. Ich sehe es übrigens an "meiner" eigenen Wohnhausanlage: in die Garage kommt man direkt vom Hof, zum Billa, zur S-Bahn und zum Bus muss man Zick-Zack gehen, weil der Planung nur an Leute gedacht wurde, die die Anlage per Auto verlassen, und deshalb an einer entscheidenden Stelle eine Stiege fehlt. Es ist so absurd, dass Mieter/innen, die es wagen, keinen Autostellplatz gemietet zu haben, natürlich auch nicht durch die Abstellanlege gehen dürfen und deshalb 150 m Umweg gehen müssen (hin und zurück also 300 m), um den Mist wegzubringen. Die Anlage wurde übrigens unter Wohnbaustadtrat Michael Ludwig errichtet, so viel zum Thema "Klimamusterstadt".
Wenn also die Wohnhausanlage eine Garage hat und alle benachbarten auch, ebenso wie der gegenüberliegende Gewerbebetrieb über Parkflächen verfügt, könnte man ja wenigstens im öffentlichen Straßenraum auf Parkplätze verzichten. Selbstverständlich ist das nicht der Fall. Und so ist die Garage, die alle Mietparteien mitfinanzieren, halb leer, während der öffentliche Straßenraum komplett zugeparkt ist, und natürlich sind die Parkplätze im öffentlichen Raum sakrosankt.
Aber natürlich, diese Stellplatzverpflichtung beim Wohnungsbau aufzuheben reicht nicht, eben deshalb müsste als begleitende Maßnahme ein Stellplatznachweis bei der Autoanmeldung erforderlich sein. Aktuell geht es so weit, dass sogar Firmen den Straßenraum als billige Abstellfläche für ihren Fuhrpark missbrauchen: in der Erdbergstraße sind regelmäßig Fernbusse abgestellt (meist Subunternehmen einer gewissen grünen deutschen Fernbusgesellschaft), und bei mir in der Gegend unzählige LKWs (!) und Lieferwagen von Textilwäschen, Sanitärausstattern und sogar einem bekannten extragroßen Möbelhaus. Dauerhaft, die stehen eigentlich immer an ihren Stellen, wenn ich vorbeikomme. Darf ich eigentlich, wenn ich eine Druckerei aufsperre, die Druckmaschinen auch einfach auf der Straße abstellen, wenn ich sie gerade nicht brauche, oder gilt das nur für mobile Produktionsmittel? Und könnten die Wiener Linien nicht viel Geld sparen, wenn sie die Busse, die gerade weder gebraucht noch repariert werden, einfach im öffentlichen Straßenland abstellten?
Und der Wocheneinkauf einer vierköpfigen Familie lässt sich nicht im Korb zu Fuß nach Hause tragen. Da wäre ein Paradigmenwechsel des Einkaufs "Weg von den Supermärkten hin zum lokalen Geschäft" notwendig.
Richtig, wobei das lokale Geschäft natürlich ein Supermarkt sein sollte. Aber eben mehrere kleine Einkäufe über die Woche verteilt statt eines großen vorm Wochenende, ergänzt um gelegentliche Lieferungen oder Fahrten mit dem Auto in den Supermarkt für schwere/sperrige Erledigungen.
Im übrigen würde ich als Politiker natürlich das Auto fördern - ist doch eine echte cash-cow (siehe neue Parkpickerlregelung), oder
... Radfahrer zahlen keine Verkehrsabgaben und Wegekosten, von einer CO2 abgabe wegen vermehrten Atemausstoßes beim Radfahren ganz zu schweigen.
Das ist sehr eindimensional betrachtet. Die gesellschaftlichen Kosten des Autoverkehrs sind sehr viel höher. Allein schon, wenn man überlegt, dass dank Klimakrise Katastrophen wie im Ahrtal künftig häufiger vorkommen, bekommt man eine ansatzweise Vorstellung davon, was uns alle der Klimawandel kostet. Für Radinfrastruktur braucht man übrigens auch keine Autobahnen, die mehrere hundert Millionen Euro kosten. Radinfrastruktur ist im Großen und Ganzen überhaupt notwendig, weil ein Großteil der Autofahrenden schlicht unfähig ist. Wenn man sich darauf verlassen könnte, beim einfachen Benutzen der Fahrbahn, auch auf Hauptstraßen, sicher am Ziel anzukommen, bräuchte es fast nirgendwo Radwege.
Es geht nur miteinander. Sachlich und koordiniert.
Dieses elende "Miteinander" wird von Beton-Ulli & Co nur missbraucht, um die Privilegien des Autoverkehrs aufrechtzuerhalten. Um das Bild von vorhin nochmal aufzugreifen: es ist so, als wenn der Sklaventreiber, seinen Sklaven, die nun drei Mahlzeiten pro Tag essen wollen und zwischendurch Wasser bekommen möchten, entgegnet, die Situation müsse man "miteinander" lösen.