Tramwayforum

Straßenbahn Wien => Technik => Thema gestartet von: diogenes am 16. Februar 2014, 16:37:17

Titel: Gleisbelastung
Beitrag von: diogenes am 16. Februar 2014, 16:37:17
Auch auf die Gefahr hin, dumm zu wirken[1]: Warum belastet ein ULF die Gleise mehr als ein Hochflurer?

[1] Angeblich Chinesisches Sprichwort: Wer fragt, ist für 5 Minuten ein Idiot. Wer nicht fragt, sein ganzes Leben :)
Titel: Re: Gleisbelastung
Beitrag von: T1 am 16. Februar 2014, 16:48:18
Ganz kurz zusammengefasst zwei wesentliche Punkte:

1) Höhere Belastung pro Rad. Auf die gleiche Länge hat ein ULF nur 4 Radpaare, ein Hochflurgelenktriebwagen hingegen 6. Dies ist natürlich eine höhere punktuelle Gewichtsbelastung.

2) In Kurven werden das erste und letzte Radpaar mitgelenkt, aber vom jeweils hinteren bzw. vorderen Radpaar (da am Bug- und am Heckmodul kein Gelenk ist) Was in normalen Kurven gleisschonend wirkt, wirkt in S-Kurven dafür umso schlimmer, dann sind sie nämlich genau in die Gegenrichtung eingestellt und "fräsen" sich in die Schiene ein.

Wie aber schon öfter erwähnt: Der marode Gleiszustand da draußen kommt nicht nur vom ULF-Einsatz. Niederflurfahrzeuge sind nun mal anspruchsvoller. In Wien hat man halt die Wartung zurückgeschraubt, und das ist das Hauptproblem. Unter den Zweiachsern hat's ja auch schon geklappt…
Titel: Re: Gleisbelastung
Beitrag von: invisible am 16. Februar 2014, 17:42:07
Ganz kurz zusammengefasst zwei wesentliche Punkte:

1) Höhere Belastung pro Rad. Auf die gleiche Länge hat ein ULF nur 4 Radpaare, ein Hochflurgelenktriebwagen hingegen 6. Dies ist natürlich eine höhere punktuelle Gewichtsbelastung.

Und in den einschlägigen Formeln taucht eben diese Belastung WIMRE in der 3. oder gar 4. Potenz auf - sprich: 20% höhere Radlast ergibt schon ca. die doppelte Abnutzung.

Zitat
2) In Kurven werden das erste und letzte Radpaar mitgelenkt, aber vom jeweils hinteren bzw. vorderen Radpaar (da am Bug- und am Heckmodul kein Gelenk ist) Was in normalen Kurven gleisschonend wirkt, wirkt in S-Kurven dafür umso schlimmer, dann sind sie nämlich genau in die Gegenrichtung eingestellt und "fräsen" sich in die Schiene ein.

Auch in einfachen Kurven fährt der erste Radsatz erst mal ungelenkt an die Schienenflanke und am Ende des Bogens bleibt er noch angelenkt bis das erste Portal die Kurve ebenfalls wieder verlassen hat. Übergangsbögen sind also jedenfalls Pflicht.

Bei Drehgestellfahrzeugen ist das zwar prinzipiell auch so, aber bei denen muss nicht sofort das ganze Fahrzeuggewicht in die Kurve gedreht werden, sondern erst mal nur das vergleichsweise leichte Drehgestell. Die machen sich ihren Übergangsbogen also quasi teilweise selbst.
Titel: Re: Gleisbelastung
Beitrag von: Linie 41 am 16. Februar 2014, 18:31:55
Es wäre sowieso sinnvoll die Fahrzeuge so zu konstruieren, daß führend immer ein Drehgestell vorhanden ist. Rollstuhlrampe zu Tür 2 und fertig.
Titel: Re: Gleisbelastung
Beitrag von: hema am 16. Februar 2014, 18:41:11
Rollstuhlrampe zu Tür 2 und fertig.
Wäre bei Fahrzeugen gar nicht nötig, die so sinnvoll konstruiert sind wie der Prager Skoda-Wagen. Da sind das erste und das letze Drehgestell (fast) ganz an den Wagenenden. Dadurch ergibt sich zusätzlich automatisch bei allen Türen der gleiche Abstand zum Bahnsteig (auch im Bogen!) und eine güstigere Hüllkurve, weil die Bogenauslenkung der Fahrzeugenden ganz gering ist. Damit sind bei unveränderter Gleisgeometrie sogar breitere Fahrzeug kein Problem!
Titel: Re: Gleisbelastung
Beitrag von: haidi am 16. Februar 2014, 20:20:22
Ganz kurz zusammengefasst zwei wesentliche Punkte:

1) Höhere Belastung pro Rad. Auf die gleiche Länge hat ein ULF nur 4 Radpaare, ein Hochflurgelenktriebwagen hingegen 6. Dies ist natürlich eine höhere punktuelle Gewichtsbelastung.

Und in den einschlägigen Formeln taucht eben diese Belastung WIMRE in der 3. oder gar 4. Potenz auf - sprich: 20% höhere Radlast ergibt schon ca. die doppelte Abnutzung.
Der ULF hat die doppelte Radlast, 4. Potenz ergibt . 8 16-fache Abnutzung.

Edit:
Danke an die Vielzahl, die meinen Fehler bemerkt hat. Natürlich war es Blödsinn, daher sichtbar ausgebessert
Titel: Re: Gleisbelastung
Beitrag von: 13er am 16. Februar 2014, 20:22:56
Wie aber schon öfter erwähnt: Der marode Gleiszustand da draußen kommt nicht nur vom ULF-Einsatz. Niederflurfahrzeuge sind nun mal anspruchsvoller. In Wien hat man halt die Wartung zurückgeschraubt, und das ist das Hauptproblem. Unter den Zweiachsern hat's ja auch schon geklappt…
:up:

Das ist sicher der Hauptgrund. Bei der großen Eisenbahn geht's ja auch, dass man mit sehr schweren Zügen drüberfährt, ohne dass es zu so vielen Schäden kommt. Bei uns werden ja sogar die Vignolgleise stark angegriffen durch die Nichtwartung, siehe 67er (aber nicht nur im einzustellenden Abschnitt, sondern auch z.B. bei der Sahulkastraße).
Titel: Re: Gleisbelastung
Beitrag von: Linie 41 am 16. Februar 2014, 20:46:15
Der ULF hat die doppelte Radlast, 4. Potenz ergibt 8-fache Abnutzung.
exp(4*ln 2)=?? 8)
Titel: Re: Gleisbelastung
Beitrag von: hema am 16. Februar 2014, 20:53:28

Der ULF hat die doppelte Radlast, 4. Potenz ergibt 8-fache Abnutzung.
Zwei hoch vier ist acht!?  :o  ???



Bei der großen Eisenbahn geht's ja auch, dass man mit sehr schweren Zügen drüberfährt, ohne dass es zu so vielen Schäden kommt.
Bei höheren Achslasten und starken Verkehrsbelastungen wird da auch entsprechend schwerer Oberbau verwendet!


Obwohl, was Vignoloberbau betrifft sollte S49 (oder das depperte Wiener-"Spezial" S48U) für Straßenbahnbetrieb völlig ausreichend sein! Gegen das unaufhörliche Beleidigen der Schienen durch die Fehlkonstruktion ULF hilft aber selbst das schwerste Profil nichts (ist mit anderen Losrad-Lösungen auch nicht viel besser, drum sind die auch recht schnell aus der Mode gekommen)!
Titel: Re: Gleisbelastung
Beitrag von: Tatra83 am 16. Februar 2014, 21:00:28
Obwohl, was Vignoloberbau betrifft sollte S49 (oder das depperte Wiener-"Spezial" S48U) für Straßenbahnbetrieb völlig ausreichend sein! Gegen das unaufhörliche Beleidigen der Schienen durch die Fehlkonstruktion ULF hilft aber selbst das schwerste Profil nichts!
Es ist eben nicht nur der ULF. Grundsätzlich stimme ich dir zu, das Schienenprofil S49 ist absolut ausreichend. Wenn aber - wie in Wien üblich - die Wartung aller Fahrzeuge gehörig nachlässt, dann schädigt jede Flachstelle bzw. Riffel am Radreifen den Schienenkopf. Festere Radreifen belasten auch wieder den Schienenkopf usw. usf. Fahrzeug und Schiene bilden halt ein sich wechselseitig beeinflussendes System, das man auch so betrachten/verstehen müsste.
Titel: Re: Gleisbelastung
Beitrag von: W_E_St am 16. Februar 2014, 22:16:47
Eh, der Betrieb der WL ist eine Teufelsmischung aus Flachstellen an den Rädern abgefahrenen und nie geschliffenen Schienen - weil würde man sie schleifen wären sie ja noch schneller unten. Das gewürzt mit ohnehin nicht wahnsinnig laufruhigen Fahrzeugen sorgt für ein Geschepper, das seinesgleichen sucht. Ich war heut in einem c5 unterwegs bei dem man ständig gedacht hat er löst sich gleich auf - ich meine das war schon ein solider Lagerschaden und keine Flachstelle (die knallt ja zumindest bei geringer Geschwindigkeit deutlich hörbar bei jeder Umdrehung einmal).
Titel: Re: Gleisbelastung
Beitrag von: hema am 16. Februar 2014, 22:38:24
Festere Radreifen belasten auch wieder den Schienenkopf usw. usf. Fahrzeug und Schiene bilden halt ein sich wechselseitig beeinflussendes System, das man auch so betrachten/verstehen müsste.
Ich denke, dass das sicher (wenigstens) einige Leute bei den WiLi verstehen. Nur als sich am Beginn des ULF-Betriebes mit den beiden Prototypen herausstellte, dass das Fahrzeug seine Radreifen aus herkömmlichem Material förmlich "auffraß", hieß die Alternative nur mehr stabilere Reifen oder eben kein ULF. Und da machte man halt aus der Not eine vermeintliche Tugend und verwendet Räder, die jetzt wenigstens halbwegs die üblichen Kilometer bringen; büßen muss das der Oberbau. Aber natürlich ruiniert nicht allein das harte Material allein die Schienen, dazu kommt noch die Fehlanstellung der ersten und letzten Radpaare in Bögen, die ungünstigen Laufeigenschaften von Losradfahrwerken, die ungenaue Geradeaustellung der Portale (Drehgestelle würden sich selbsttätig zentrieren!), der simulierte Sinuslauf und sicher noch einiges mehr, wie z.B. die ziemlich hohe Radlast oder der zusätzliche Schienenverschleiß besonders an Weichen durch die sich rasch hohlfahrenden Laufflächen der ULF-Räder.
Titel: Re: Gleisbelastung
Beitrag von: Ferry am 17. Februar 2014, 09:15:57
Ganz kurz zusammengefasst zwei wesentliche Punkte:

1) Höhere Belastung pro Rad. Auf die gleiche Länge hat ein ULF nur 4 Radpaare, ein Hochflurgelenktriebwagen hingegen 6. Dies ist natürlich eine höhere punktuelle Gewichtsbelastung.

2) In Kurven werden das erste und letzte Radpaar mitgelenkt, aber vom jeweils hinteren bzw. vorderen Radpaar (da am Bug- und am Heckmodul kein Gelenk ist) Was in normalen Kurven gleisschonend wirkt, wirkt in S-Kurven dafür umso schlimmer, dann sind sie nämlich genau in die Gegenrichtung eingestellt und "fräsen" sich in die Schiene ein.

Wie aber schon öfter erwähnt: Der marode Gleiszustand da draußen kommt nicht nur vom ULF-Einsatz. Niederflurfahrzeuge sind nun mal anspruchsvoller. In Wien hat man halt die Wartung zurückgeschraubt, und das ist das Hauptproblem. Unter den Zweiachsern hat's ja auch schon geklappt…
Ich habe gehört, dass das größte Problem die ungleichmäßige Belastung durch die versetzten Räder ist. Dafür sind die Wiener Gleisanlagen nicht konzipiert. Durch die ungleichmäßige Belastung kommt es zu Spannungen zwischen den beiden Schienen und den dort angebrachten Streben. Und das führt nach und nach zu Schienenbrüchen.

Hat mir eine Fahrer so erklärt. Keine Ahnung, ob's stimmt, aber es klingt plausibel.
Titel: Re: Gleisbelastung
Beitrag von: 95B am 17. Februar 2014, 09:38:33
Ich habe gehört, dass das größte Problem die ungleichmäßige Belastung durch die versetzten Räder ist.

Was meinst du mit "versetzt"?
Titel: Re: Gleisbelastung
Beitrag von: Ferry am 17. Februar 2014, 09:44:05
Ich habe gehört, dass das größte Problem die ungleichmäßige Belastung durch die versetzten Räder ist.
Was meinst du mit "versetzt"?
Dass die Räder nicht genau vis-à-vis zueinander angeordnet sind, wie es bei einem Achsenpaar der Fall wäre.
Titel: Re: Gleisbelastung
Beitrag von: Linie 41 am 17. Februar 2014, 11:39:35
Dass die Räder nicht genau vis-à-vis zueinander angeordnet sind, wie es bei einem Achsenpaar der Fall wäre.
Das höre ich jetzt aber zum ersten Mal, daß die Räder nicht genau gegenüber angesetzt sind. Welchen Sinn soll es haben den Zug asymmetrisch zu bauen?
Titel: Re: Gleisbelastung
Beitrag von: Revisor am 17. Februar 2014, 12:56:34
Dass die Räder nicht genau vis-à-vis zueinander angeordnet sind, wie es bei einem Achsenpaar der Fall wäre.
Das höre ich jetzt aber zum ersten Mal, daß die Räder nicht genau gegenüber angesetzt sind. Welchen Sinn soll es haben den Zug asymmetrisch zu bauen?
Keinen, ist ja auch Schwachsinn.
Titel: Re: Gleisbelastung
Beitrag von: diogenes am 17. Februar 2014, 17:03:34
Danke, jetzt weiß ich mehr :)
Titel: Re: Gleisbelastung
Beitrag von: 4855 am 16. Oktober 2014, 13:52:32
Kann mir jemand erklären, warum manche Ulf in Kurven mit dem Bugportal so stark anknallen, dass FG herumfliegen und manche recht schön anliegen ? Werden die Räder mit der Zeit dünner ?
Titel: Re: Gleisbelastung
Beitrag von: Andi_M am 16. Oktober 2014, 17:12:56
Ja da gibts wirklich manche Ulf, die knallen richtig rein und manche eben nicht. Liegt aber auch zum Teil am Fahrkönnen des Fahrers. Lässt man den Zug in der Kurve leicht beschleunigen legt sich der Zug am Außengleis an und springt nicht ständig zwischen Innen- und Außengleis hin und her.
Titel: Re: Gleisbelastung
Beitrag von: Hubi am 16. Oktober 2014, 17:57:08
Ähnlicher Fahrstil wie bei einem Starrachser!
Titel: Re: Gleisbelastung
Beitrag von: hema am 16. Oktober 2014, 19:21:09
Ja da gibts wirklich manche Ulf, die knallen richtig rein und manche eben nicht. Liegt aber auch zum Teil am Fahrkönnen des Fahrers. Lässt man den Zug in der Kurve leicht beschleunigen legt sich der Zug am Außengleis an und springt nicht ständig zwischen Innen- und Außengleis hin und her.
Du weißt aber eh, dass der ULF eine Kurvenbegrenzung auf 15 km/h hat? Da lässt sich nichts beschleunigen.


Bei A/B wirkt diese Begrenzung zum Glück nur bei engeren Radien (unter etwa 50 Meter, ist aber nicht bei jedem gleich), bei A1/B1 auch bei sehr großen Radien, ja sogar in einem schnurgeraden Gleisstück kann das vorkommen. Fährt nun ein A1/B1 schneller als 18 km/h in einen eher flachen Bogen ein, kann er zwar nicht beschleunigt werden, aber es beginnt ein lustiges hin und her hutschen, weil dann ja das erste Portal abwechselnd gegen die Außen- und die Innenschiene gelenkt wird.
Titel: Re: Gleisbelastung
Beitrag von: 4855 am 17. Oktober 2014, 02:13:01
Es ist phänomenal was die Kurvenbegr. angeht...  :fp:
Können ist eher falsch, weil es ja um die selben Kurven handelt mit verschiedenen Zügen. Der Fahrer entscheidet ob er wissend irgendwo anknallt oder nicht. Bug und Heckportal sind einfach die unangenehmsten Aufenthaltsorte aber trotzdem die beliebtesten. 43er hat einige Kurven wo ich immer wieder lachen muss wenn ich als FG zusehe wie die armen herumfliegen, unerwarteter Ruck eben.