Ohne eigene, physisch abgegrenzte Infrastruktur fahren viele nicht Rad, weil sie sich nicht sicher fühlen.
Auf bestimmten, schmalen und stärker befahrenen Radwegen fühle ich mich inzwischen auch nicht mehr sicher. Grund dafür sind meist deutlich schnellere E-Bike Fahrer sowie die diversen Essenszusteller, die ebenfalls überwiegend elektrisch betriebene Vehikel benutzen und, da oft in Eile, mitunter haarsträubende Überholmanöver liefern. Eine Tempo 30 Zone ist mir eigentlich am liebsten!
Nun mal abgesehen davon, dass das Problem ja gerade durch schmale Radwege verstärkt wird - das ist eben nicht die Mehrheitsmeinung. Eine Studie des Sinus-Instituts im Auftrag des deutschen Bundesverkehrsministeriums, die mangels ähnlicher Untersuchungen und durch die kulturelle Nähe auch hierzulande gern zitiert wird, ergab:
- 76 % der Radfahrenden fühlen sich auf der Fahrbahn ohne markierten Radstreifen unsicher
- jeweils gut einem Drittel geht es auf markierten Radstreifen auf der Fahrbahn sowie gemeinsam genutzen Geh- und Radwegen ähnlich (und jeweils mehr, als sich auf dieser Anlagenart sicher fühlen)
- am sichersten wahrgenommen werden baulich getrennte, selbständig geführte Radwege abseits von Straßen, ohne Kontakt zu Fußgängern oder Autos (was im städtischen Raum natürlich schwer möglich ist)
- deutlich mehr Radfahrede (44 %) fühlen sich auf einem getrennten Geh- und Radweg sicher als unsicher (6 %)
(
pdf, S. 53)
Betonung liegt auf: "der Radfahrenden". Bei der gleichen Untersuchung haben mehr als die Hälfte aller Befragten, die sich im Straßenverkehr unsicher fühlen (unabhängig vom Verkehrsträger!), als Grund geantwortet: zu wenig separate Radwege (S. 52). Wenn man es mit der Senkung des MIV-Anteils am Modal Split ernst meint, muss der Anteil des Radverkehrs deutlich gesteigert werden - und da muss man gerade auch auf jene schauen, die aktuell noch nicht Rad fahren. Milliardeninvestitionen in den ÖV sind natürlich trotzdem notwendig, vor allem aber, um das Bevölkerungswachstum aufzufangen; und natürlich braucht man auch massiv zusätzliche Kapazitäten im ÖV, wenn man Autoverkehr aus dem Umland verlagern möchte.
Gerade deshalb ist es notwendig, möglichst viele kurze und mittellange Wege auf aktive Mobilität zu verlagern. Das schafft man aber nicht, wenn sich Menschen bei diesen Mobilitätsformen unsicher fühlen. Überhaupt spielt gefühlte Sicherheit eine große Rolle bei der Verkehrsmittelwahl, Öffis werden schließlich auch gemieden, wenn das subjektive Sicherheitsgefühl nicht gegeben ist.