Mürzzuschlag wäre übrigens bei einer tatsächlich durchdachten Variante des Semmering-Basistunnels garnicht an der Neubaustrecke gelegen, da das Tunnelportal erst in Langenwang situiert gewesen wäre. Hier hat meines Wissens die Gewerkschaft geschrien, weil der Traktionsstandort Mürzzuschlag gefährdet gewesen wäre.
Der Bürgermeister mit Sicherheit auch, denn die Gegend wäre dann schon ziemlich abgeschnitten gewesen – die nächsten Halte in Bruck an der Mur und Wiener Neustadt. Einzig mögliche Verbindung über den Berg.
1) Ob die Gewerkschaft "geschrien" hat, weiß ich nicht, jedenfalls wäre es ihr gutes Recht, ihre Meinung zu sagen
2) Dass Mürzzuschlag vom Bürgermeister abwärts sich immer für einen Bahnhof Mürzzuschlag an der HLS ausgesprochen hat, ist weder verwunderlich, noch ein Geheimnis. Der "Tunnelbahnhof" war ursprünglich eine Schnapsidee aus dem allerersten SBT-Projekt aus den 70ern, als man einen schnurgeraden Tunnel von Gloggnitz nach Langenwang plante.
3) Beim SBT neu (grob gesprochen die dritte Planung eines SBT) wurden vier Hauptvarianten untersucht, zwei davon mit Portal in Mz, eine mit Portal Langenwang, eine mit Portal Krieglach. Nachteilig für die jetzt gewählte Variante Mz war die etwas längere Fahrzeit im Fernverkehr (bedingt durch die längere Strecke, vor allem aber bedingt durch die 80km/h-Kurve unmittelbar südlich vom Bahnhof Mz. Diese Kurve wird auf 90km/h angehoben, mehr ist ohne dreistelligen Mio-Betrag nicht möglich.) Vorteilhaft für die gewählte Variante sind insbesondere der mögliche Halt in Mz und damit zusätzliche Fahrgäste. Die "Verlängerung" des Tunnels durch die Kurve nach Süden (bis Pfaffensattel) ist gleichgültig, weil diese aufgrund der hohen Priorität, die man der größtmöglichen Vermeidung der wasserführenden Schichten eingeräumt hat, quasi vorgegeben war. Angesichts des starken Widerstands bis zum letzten Rechtsmittel gegen den Tunnel ist es auch logisch, dass man der Umweltverträglichkeit die höchste Priorität eingeräumt hat, um so wenig Angriffsfläche wie möglich zu bieten. Wenn man jetzt die betrieblichen Vor- und Nachteile abwiegt, stellt man fest, dass es für den GV praktisch bedeutungslos ist, während im PV im RJ (1 Zug pro Stunde!) ein kleiner Nachteil dem großen Vorteil für IC, REX200 und Nahverkehr gegenübersteht. Insofern ist die Entscheidung für Portal Mürzzuschlag mehr als nachvollziehbar. Ob einzelne Mitglieder der Bewertungskommission, die die 4 Varianten evaluiert und gereiht haben, direkt oder indirekt von Gewerkschaft oder Mz-Bürgermeister beeinflusst wurden, einzieht sich meiner Kenntnis, offizielles Mitspracherecht hatten beide jedenfalls nicht. Weder Politiker noch Gewerkschafter waren bei dieser Entscheidung dabei.
Wenn man sich übrigens eine Karte der wasserführenden Schichten im Gebiet so anschaut, kann man den nun gewählten Tunnelverlauf gut nachvollziehen; dazu empfiehlt sich ein Besuch in der Infobox beim Portal Gloggnitz. Im Film sieht man auch, dass eine zusätzliche Dehnung der Strecke nach Süden im Bereich Grautschenhof notwendig war, weil bei den Probebohrungen herausgekommen ist, dass eine wasserführende Schicht weiter geht, als ursprünglich angenommen. Zum Glück werden solche Projekte nicht von Dilettanten geplant.
Aber Durchschnittsösterreicher stellt sich halt lieber eine Welt vor, in der Eisenbahngewerkschafter und Mz-Bürgermeister gemeinsam zum Faymann gehen, einen Bahnhof in Mz verlangen und der Faymann braucht nur den Kern anrufen und am nächsten Tag ist das dann so in der Planung. Natürlich versucht jede politische Gruppe ihre Interessen wahrzunehmen und zu argumentieren, dazu sind sie da! Ob und wieviel Gehör sie finden, müssen diejenigen wissen, die Entscheidungen treffen und zu verantworten haben.