Ich mache mal eine Milchmädchenrechnung.
Vorausgeschickt: das ist eine Fantasy-Geschichte und sie spielt in einem unbekannten Land, hat deshalb mit tatsächlichen Vorgängen auf dieser Welt oder gar den WiLi und der Stadt Wien überhaupt nichts zu Tun. Wer nicht will, soll bitte gar nicht weiterlesen!
Ich habe einen lebenswichtigen Betrieb, der leider einen Schönheitsfehler hat, er lässt sich, warum auch immer, nicht wirtschaftlich führen und wirft laufend Abgänge ab. Diese Anhäufung von Schulden schaut nicht nur schlecht aus, sondern macht auch große Sorge, weil es immer wieder ein Kampf ist, sie irgendwohin auszulagern, sie zu verstecken oder wen zu finden, der sie übernimmt. In meiner Not finde ich einen Gönner, der sagt, zieh für mich ein Projekt durch und übernimm das Ganze in deinen Betrieb. Es wird 10.000 kosten und fünf Jahre zur Fertigstellung brauchen, ich überweise dir bis dahin jährlich 2000.
Jetzt fange ich zu rechnen an. Meine Firma hat pro Jahr Ausgaben von 3000, durch Einnahmen und Zuschüsse sind 2400 gedeckt, dringend nötig wäre auch eine jährliche Investition von 200, um den Betrieb technisch halbwegs auf dem letzten stand zu halten. Das wäre hinkünftig ein peinlicher, jährlicher Fehlbetrag von 800. Beziehe ich das angebotene Projekt in meine Rechnung ein, ergibt sich ein attraktiver, zusätzlicher jährlicher Eingang von 2000! Allerdings entstehen auch neue Ausgaben, also stelle ich eine rasche Kalkulation auf.
2000 Euro werden mir pro Jahr gesponsert, 10.000 kostet das Projekt, das über meine Buchhaltung abgerechnet wird. Um die Baufirmen beauftragen zu können, werde ich mit meiner Hausbank reden, die mir das vorfinanzieren wird und mir das Geld auf 30 Jahre kreditiert, macht pro Jahr eine Rate von 400. Die Ausgaben meiner Firma werden also nun 3000 (Betrieb und laufende Erhaltung) + 200 (nötige Investitionen) + 400 (Bankrate) = 3600 betragen, die Eingänge 2400 (Geschäftserlöse) + 2000 (vom Sponsor) = 4400! Die jährlich verbleibenden 800 werden ich natürlich gewissenhaft und gut anlegen, z.B. in Immobilien, ich muss ja auch ab dem Jahr 6 meine Kosten bedienen ohne wieder ins Defizit zu rutschen. War die Anlage gut und es sind aus den 4000 in der Zwischenzeit 6000 geworden, kann ich die jährlich erforderlichen 1200 noch fünf weitere Jahre aus der Substanz finanzieren.
Ein aufmerksamer Kompagnon runzelt die Stirn und sagt, du, spätestens ab dem Jahr 11 sind wir auf Null und müssen dann noch weitere 20 Jahre finanzieren! Kein Problem, kann ich ihn beruhigen, mein Sponsor hat mir für längstens das Jahr 6 eine neue Investition zugesagt, da kommt dann wieder was rein und wir haben noch weitere Jahre, wo wir zumindest ausgeglichen bilanzieren zu können. Und auch für die weitere Zukunft, fix versprochen, wird die Expansion nicht abreißen, die Projekte werden sprießen wie die narrischen Schwammerln! Einen Einwand hat er noch, wenn der Eingang aus den Sponsorgeldern nicht laufend höher wird, dreht sich die Finanzspirale wohl immer schneller und wir erreichen den Nullpunkt immer früher. Auch da kann ich ihn beruhigen, du, das dauert noch etliche Jahre und überlege einmal, wie lange gibt es uns noch? Über den Rest sollen sich dann jüngere den Kopf zerbrechen oder auch nicht, wurscht. Jetzt ist auch er überzeugt, dass wir Finanzgenies sind und uns ewig unter der leuchtenden roten Sonne unseres Sponsors werden aufhalten dürfen. Wir stoßen mit Champagner an!
Ach, grauslich meine Phantasie. Zum Glück bar jeden Bezugs zur Realität und jeder aufrechte Betriebswirtschafter wird den Mund verziehen über meine kindische Blödheit! Ich kann damit leben. Arm wären jene, die dereinst die Trümmer würden aufklauben müssen, wenn solch ein Szenario tatsächlich irgendwo ablaufen würde!