Autor Thema: Schottentor  (Gelesen 32260 mal)

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13er

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Schottentor
« am: 30. Januar 2011, 14:04:36 »
Die Querungen der Ringstraße durch die Straßenbahn wurden mit Beginn des starken Individualverkehrs als zunehmend hinderlich erkannt und über die Jahre sämtliche Endstellen auf die Ringaußenseite verlegt.

1960 waren die Schleifenanlagen bei der Universität dran: Von der Universitätsstraße kamen die Linien C und 43, von der Währinger Straße die Linien 38, 39 und 41. Zusätzlich fuhr noch der F-Wagen je in eine Richtung durch diese beiden Straßen. Diese Linien verkehrten entweder im Falle von C- und F-Wagen auf den Ring weiter oder wendeten in den am Plan von 1959 eingezeichneten Schleifenanlagen:

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1960 änderte sich die Situation radikal: Man errichtete das heute noch bestehende Verkehrsbauwerk Schottentor ("Jonasreindl") und kappte die vormals guten Verbindungen mit dem Ring nicht nur zur Bauzeit, sondern auf Jahrzehnte und teilweise bis heute. Die Linien C und F wurden als Konsequenz daraus sofort eingestellt und in diesem Bereich durch die Linien 44 resp. 42 ersetzt. Die Schleife Mölkerbastei wurde mit 14. Februar 1960 aufgelassen, am selben Tag auch die vom F-Wagen benutzten Verbindungen. Genau eine Woche später war auch die Schleife Kolingasse - Heßgasse - Schottenring Geschichte.

Als Ersatz für die Währinger-Linien-Schleife wurde mit demselben Tag – 21. Februar 1960 – eine Schleife Maria-Theresien-Straße - Wasagasse - Kolingasse angelegt. Für die Hernalser Linien war eine Schleife nicht möglich und so mussten diese bis zur Fertigstellung der "oberen" Schottentorschleife neben der Universität kuppeln:

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(Die Quelle dieser Skizze ist mir leider nicht mehr erinnerlich, es müsste sich um ein Slezakbuch handeln)

Egbert Leister hat von dieser Situation 1960 einige Bilder geschossen:

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Mit 29. April 1961 wurde dann die heutige oberirdische Schleife Schottentor eröffnet, mit 16. September 1961 die unterirdische:

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Die provisorische Kuppelendstelle Universitätsstraße sowie die Schleife Maria-Theresien-Straße waren nun nicht mehr notwendig und wurden aufgelassen.

Am Plan von 1970 ist zusätzlich die am 16. September 1961 (von Schottenring Gleis I) bzw. am 22. Oktober 1966 (von Schottenring Gleis II) eröffnete und am 2. Juli 1974 wieder aufgelassene Schleife Heßgasse - Maria-Theresien-Straße sichtbar:

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Dieser zeitliche Abschnitt ist mir aber ein wenig unklar... vielleicht kann Revisor (oder natürlich auch jemand anderes) in die diversen Änderungen der 70er etwas Licht bringen?

Als 1981 die "neue" Linie 2 (Neuwaldegg - Ring-rund - Neuwaldegg) eingerichtet wurde, wurde das Schottentor in die heutige Form umgebaut:

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E: Bilder korrigiert.
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Re: Schottentor
« Antwort #1 am: 30. Januar 2011, 23:52:47 »
Dieser zeitliche Abschnitt ist mir aber ein wenig unklar... vielleicht kann Revisor (oder natürlich auch jemand anderes) in die diversen Änderungen der 70er etwas Licht bringen?
Will ich gerne, aber könntest du bitte deine Fragen ein wehig konkretisieren?

13er

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Re: Schottentor
« Antwort #2 am: 31. Januar 2011, 00:14:30 »
Dieser zeitliche Abschnitt ist mir aber ein wenig unklar... vielleicht kann Revisor (oder natürlich auch jemand anderes) in die diversen Änderungen der 70er etwas Licht bringen?
Will ich gerne, aber könntest du bitte deine Fragen ein wehig konkretisieren?
Ja, natürlich:
1. Gab es nach der Auflassung Heßgasse - Maria-Theresien-Straße von 1974 bis 1981 keine Möglichkeit, von der Börse oder Oper kommend in die 43er-Schleife zu fahren? Ich erinnere mich, wir haben schon einmal darüber gesprochen, aber mein Hirn . . . :(
2. Das heutige Gleis vom Außenring in die Schleife sowie von der Universitätsstraße in den Außenring (=die Abtrennung von dem früher gemeinsam geführten Gleis in Innen- und Außenring) wurde erst 1981 eben für den 2er eingebaut, richtig?
3. Gab es ansonsten zwischen 1974 und 1981 noch Änderungen an der Anlage?
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Re: Schottentor
« Antwort #3 am: 31. Januar 2011, 00:55:12 »
1. Gab es nach der Auflassung Heßgasse - Maria-Theresien-Straße von 1974 bis 1981 keine Möglichkeit, von der Börse oder Oper kommend in die 43er-Schleife zu fahren? Ich erinnere mich, wir haben schon einmal darüber gesprochen, aber mein Hirn . . . :(
2. Das heutige Gleis vom Außenring in die Schleife sowie von der Universitätsstraße in den Außenring (=die Abtrennung von dem früher gemeinsam geführten Gleis in Innen- und Außenring) wurde erst 1981 eben für den 2er eingebaut, richtig?
3. Gab es ansonsten zwischen 1974 und 1981 noch Änderungen an der Anlage?
ad 1: Zitat aus dem JB 1974: Gleissperren: 2. 7. Heßgasse, Maria-Theresien-Straße (voraussichtlich bis April 1975).
Zitat aus dem JB 1975: Zwischen April und August erfolgte eine durch den U-Bahn-Bau bedingte Gleisachsenverlegung in der Universitätsstraße; an Stelle des Verbindungsgleises Heßgasse - Maria-Theresien-Straße wurde im Zuge der Schottengasse ein Verbindungsgleis vom Schottenring in die obere Schottentorschleife gelegt (befahrbar ab 22. 8.).

Mit der angehängten Gleisskizze hoffe ich auch deine anderen Fragen beantwortet zu haben. Falls nicht, bitte weiter fragen.

13er

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Re: Schottentor
« Antwort #4 am: 31. Januar 2011, 01:07:21 »
Großartig, alles beantwortet! Danke!! :)
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Revisor

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Re: Schottentor
« Antwort #5 am: 15. Januar 2012, 15:07:17 »
Ein paar Pressemeldungen zur Eröffnung der Schottentorkreuzung 1961. Mit keinem Wort, und das kann ich als Zeitzeuge auch bestätigen, wird da von einem Provisorium gesprochen bzw. eine Weiterführung der Straßenbahn in die Innenstaft auch nur irgendwie als Zukunftsvision erwähnt. Möglicherweise haben die Planer eine derartige Option bei der Planung nicht verunmöglicht, Ausdruck politischer Absicht, geschweige denn politischen Willens war das aber ganz sicher nicht.

martin8721

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Re: Schottentor
« Antwort #6 am: 15. Januar 2012, 22:29:10 »

Ganz tolle Zeitdokumente!  :up:

Spannend auch die "Automatenstraße"!  :o
Wo genau befand die sich?

haidi

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Re: Schottentor
« Antwort #7 am: 16. Januar 2012, 00:02:18 »
Wenn ich mich erinnere an der stadtseitigen, parallel zum Ring liegenden Wand.

Hannes
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W_E_St

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Re: Schottentor
« Antwort #8 am: 16. Januar 2012, 00:24:05 »
Zitat
Spannend auch die "Automatenstraße"!  :o
Wo genau befand die sich?
So gebogen wie die ist würde ich meinen entlang des Schleifengleises am Weg zum Garageneingang.

Zitat
Mit keinem Wort, und das kann ich als Zeitzeuge auch bestätigen, wird da von einem Provisorium gesprochen bzw. eine Weiterführung der Straßenbahn in die Innenstaft auch nur irgendwie als Zukunftsvision erwähnt. Möglicherweise haben die Planer eine derartige Option bei der Planung nicht verunmöglicht, Ausdruck politischer Absicht, geschweige denn politischen Willens war das aber ganz sicher nicht.

Woher kommen dann die hartnäckigen Gerüchte über solche Planungen?

Auffallend ist der Grundriss der Anlage dort schon... die gerade Säulenreihe käme sehr genau zwischen zwei weitergeführten Gleisen zu liegen. Sonderlich viel Platz für Bahnsteige ist daneben allerdings nach Augenmaß nicht.
"Sollte dies jedoch der Parteilinie entsprechen, werden wir uns selbstverständlich bemühen, in Zukunft kleiner und viereckiger zu werden!"

(aus einer Beschwerde über viel zu weit und kurz geschnittene Pullover in "Good Bye Lenin")

pronay

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Re: Schottentor
« Antwort #9 am: 17. Januar 2012, 09:57:02 »
Wie ich schon in einem anderen Forum geschrieben habe: Ich kenne die Gerüchte seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten. Und von Bahnsteigen für die Tramway war 1960 keine Rede, im Reindl gibt's ja keine.

Die Automatenstraße war tatsächlich dort, wo sie die Vorposter vermutet hatten, am Weg zur heutigen Garage (die es damals auch noch nicht gegeben hat).

coolharry

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Re: Schottentor
« Antwort #10 am: 17. Januar 2012, 09:59:14 »
Wie ich schon in einem anderen Forum geschrieben habe: Ich kenne die Gerüchte seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten. Und von Bahnsteigen für die Tramway war 1960 keine Rede, im Reindl gibt's ja keine.

Die Automatenstraße war tatsächlich dort, wo sie die Vorposter vermutet hatten, am Weg zur heutigen Garage (die es damals auch noch nicht gegeben hat).

Also die Garage vor der Votivkirche wurde mit dem Reindl mit gebaut.

Hier sieht man deutlich die Abfahrt.
http://www.tramwayforum.at/index.php?action=dlattach;topic=673.0;attach=2877;image
Weil ein menschlicher Hühnerstall nicht der Weisheit letzter Schluß sein kann.

pronay

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Re: Schottentor
« Antwort #11 am: 17. Januar 2012, 10:35:57 »
Stimmt, hast Du Recht, meine Erinnerung hatte mich getäuscht. Reindl und Garage stammen beide aus dem Jahr 1961.

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Re: Schottentor
« Antwort #12 am: 17. Januar 2012, 15:10:46 »
Wie ich schon in einem anderen Forum geschrieben habe: Ich kenne die Gerüchte seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten. Und von Bahnsteigen für die Tramway war 1960 keine Rede, im Reindl gibt's ja keine.

Und 1958/59, als die Planungsarbeiten für das Bauwerk Schottentor abgeschlossen wurden - Baubeginn der Erdaushubarbeiten war im Februar 1960 -, war noch keine Rede von irgend einer unterirdischen Tramway.

tramway.at

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Re: Schottentor
« Antwort #13 am: 17. Januar 2012, 17:34:01 »
Und 1958/59, als die Planungsarbeiten für das Bauwerk Schottentor abgeschlossen wurden - Baubeginn der Erdaushubarbeiten war im Februar 1960 -, war noch keine Rede von irgend einer unterirdischen Tramway.

Soweit ich weiss war das Jonsareindl schon als Vorleistung auf ein künftiges USTRAB-Netz gedacht. Nur eine Schleife tiefzulegen ist ja eher sinnfrei. Dass man damals in der Öffentlichkeit nichts über weitere Ausbaupläne gehört hat kann ja auch an der Planungsunsicherheit liegen. Die USTRAB-Konzepte von Schickl hab ich mal eingescannt, den dazugehörigen Text muss ich demnächst im Archiv ertauchen.
Harald A. Jahn, www.tramway.at

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Re: Schottentor
« Antwort #14 am: 17. Januar 2012, 17:54:48 »
Soweit ich weiss war das Jonsareindl schon als Vorleistung auf ein künftiges USTRAB-Netz gedacht. Nur eine Schleife tiefzulegen ist ja eher sinnfrei.
In dem Fall wohl nicht. Die "Doppelstockschleife" am Schottentor wurde wohl in erster Linie errichtet, weil die vielen Straßenbahnlinien in einer einzelnen, oberirdischen Schleife niemals Platz gehabt hätten. Außerdem hat man ja das gesamte Areal rund um die Votivkirche, dem Zeitgeist folgend, für den Autoverkehr ertüchtigt. Da war es natürlich praktisch, die Straßenbahn unter die Erde zu legen, damit oben genug Platz für die breiten Fahrbahnen ist.

Aber gut möglich, dass sich die damaligen Planer die Option der Innenstadt-Ustrab offen gehalten haben.