Und wie sieht es eigentlich im Umland aus? Sind da alle Stationen lang genug?
Natürlich nicht. Bahnsteige zu verlängern ist wahrscheinlich die schlechteste Lösung zur Erhöhung der S-Bahn-Kapazitäten: kostet viel, bringt aber weder neue Relationen noch dichtere Intervalle. Eine zweite Stammstrecke zwischen Wien Rennweg und Wien Spittelau (egal ob quer durch die Innenstadt oder als Umbau des Zweierlinien-Tunnels) kostet zwar sicherlich noch mehr, bringt aber auch viel mehr, vor allem, wenn man dann bei Wien Heiligenstadt eine Donaubrücke baut und den diversen transdanubischen Bahnstrecken eine alternative Möglichkeit gibt, durch die Stadt zu kommen.
Das eine hat mit dem anderen wenig zu tun, weil eine zweite Stammstrecke für den größten Engpass - von der Südbahn nach Wien hinein - nicht helfen wird und außerdem ein extrem langfristiges Projekt ist.
Im Übrigen hätte die Stammstrecke mit einem vernünftigen Sicherungssystem durchaus noch Kapazität. Mit 24 Zügen pro Stunde kommt man auf allen Zulaufstrecken zu einem grundsätzlich ausreichend dichten Takt (und weder die S40 noch die S7 sind von der Fahrgastfrequenz her wirklich ein Problem, dh die zweite Stammstrecke ist nicht das vordringlichste). Noch dichtere Intervalle führen zum Problem, dass man so ziemlich jede Zulaufstrecke viergleisig ausbauen muss, weil man überall eine Kombination aus schnellen und langsamen Zügen hat. Das ist dann wirklich unbezahlbar.
Die logische Reihenfolge für einen Ausbau muss so aussehen:
- Sinnvolle Zugfolgen auf der Stammstrecke und Abschaffung systemwidriger Verkehre (CAT, WB);
- parallel dazu Ausbau Meidling- Mödling und neuralgische Punkte an den nördlichen Zulaufstrecken;
- Bahnsteigverlängerungen jedenfalls für den REX-Verkehr, wo 160m-Züge viel zu wenig sind;
- und parallel dazu Planungen für die zweite Stammstrecke, die dann logischerweise auch eine Entflechtung zwischen Hauptbahnhof und Meidling beinhaltet.
Wollte man auf längere Bahnsteige verzichten, könnte man natürlich andenken, Südbahn-REX nicht mehr auf die Stammstrecke zu führen, wobei man Matz so und so verlängern müsste. Nördlich der Donau löst man damit das Problem aber so und so nicht. Klar, man könnte von der Nordbahn und dem Laaer Ast (mit Ausbau der Ostbahnbrücke) lange REX via Hauptbahnhof Ri Südbahn führen... das sollte man sich für eine Kosten-Nutzen-Betrachtung ansehen und mit Stationsverlängerungen vergleichen.
Jedenfalls muss man sich bewusst sein, dass die zweite Stammstrecke die akutesten Probleme - so wie sie derzeit angedacht ist - nur am Rande streift. Zur Zeit halte ich diese Idee daher eher für ein politisches Ablenkungsmanöver.