Beschleunigung des Verkehrs führt mittelfristig nicht zu gesparter Zeit, sondern zu längeren Wegen. Dein Irrtum ist: Du denkst, die Weglänge ist das langfristig konstante. Ist es aber nicht - es ist die Zeit, die man pro Tag für die Wege braucht.
LOL ... Zeit als Konstante. Wenn ich in Wien mit den Öffis fahre weiß ich nie wie lange ich wirklich brauchen werde, da liegt die Spannweite zwischen -10 und +20 Minuten weil man sich einfach auf Nichts verlassen kann.
Deine Anekdoten sind sicher viel verlässlicher und weitaus relevanter als Jahrzehnte an internationaler Verkehrsforschung.
Um dich zu zitieren: "LOL".
Danke!

Um es nochmals zu betonen: Es geht nicht darum, wie lange EINE Person für EINEN Weg braucht, sondern um die (von allen Bürger/innen) durchschnittlich für Wege aufgebrachte Zeit pro Tag. Und die ist eben längerfristig gesehen relativ konstant. Kurzfristige Einsparungen heben sich eben längerfristig auf, weil schnellere Verkehrsmittel (welche auch immer) dazu motivieren, weitere Strecken zu fahren.
Davon abgesehen scheint mir die Bandbreite von -10 min bis +20 min für Fahrten mit den Öffis in Wien als allgemeine Aussage arg übertrieben. Das scheint eines dieser Märchen zu sein, das notorische Autofahrende verbreiten, um zu erklären, warum sie niemals Öffis benützen. Wenn man das dann widerlegt, kommt als nächstes irgendwas mit "zu unsicher", "zu teuer", "zu kompliziert", "zu mimimi". Sicher mag es einzelne Fälle geben, auf die die Aussage zutrifft - aber ist es im Berufsverkehr mit dem Auto eigentlich anders?
Und ansonsten gilt das gleiche, was ich ja an coolharry schon geschrieben habe: Mängel bei den Öffis sind kein Grund, den Status Quo im Autoverkehr hinzunehmen oder durch weiteren Ausbau gar zu festigen/ zu verschlechtern, sondern sollten Motivation sein, die Mängel bei den Öffis zu beheben.
Ich traue der Sima einfach nicht über den Weg. Die hat in den letzten Jahren nichts erreicht und wird auch die nächsten Jahre nichts erreichen, weil es ihr letztlich auch komplett wurscht ist. Ein personeller Wechsel hätte mich jedenfalls optimistischer gestimmt.
Abgesehen davon, dass ich nicht so einen "Hass" auf die Sima habe: Sie verliert ja eigentlich das Ressort, was sie vorher hatte an Hanke (den ich als Finanzstadtrat sehr gut fand) und bekommt mehr oder weniger jenes Ressort, das bisher Hebein hatte. Sozusagen kann es in puncto WL eigentlich sogar besser werden.
"Hass" ist sicher zu viel gesagt, ich habe ja nichts gegen sie als Person, sondern halte sie nur für unfähig in dem, was sie die letzten Jahre getan hat.

Das Problem ist, dass die Aufgaben in ihrem Ressort zu groß sind, um ein bisschen Feelgood-Winkewinke-Fotoshooting-Politik zu betreiben; und man muss sich zuweilen eben auch mit Leuten anlegen, um ein Vorhaben umzusetzen. Hätte es mit Sima auf diesem Posten die Begegnungszone in der Inneren Mahü gegeben? Sicher nicht. Sie ist ja schon eingeknickt, als es im Kretaviertel um eine simple Wendeschleife ging. Und neue Straßenbahnlinien in bestehenden Wohngebieten hielt sich für nicht durchsetzbar - und hat das einfach hingenommen, statt 1. auf Kritikpunkte einzugehen (und Trassen z.B. stadtverträglich zu planen) und 2. öffentlich und ohne umzufallen eine Meinung zu vertreten.
Ein anderes Thema: eine der größten Gefahren für den Wiener Modal Split ist meines Erachtens, dass zuhauf Wohnungsbau mit miserabler Öffi-Anbindung entsteht und sich Leute dort mit dem Auto einrichten. Und das war Sima relativ wurscht - warum sollte es ihr nun, wenn sie solche Neubauprojekte von der anderen Seite betrachtet, weniger wurscht sein? Man kann nur hoffen, dass der Hanke da etwas mehr hinterher ist.
Einige Beispiele:
- Neu Leopoldau (altes Gaswerk): auf der einen Seite des Neubaugebiets fährt seit ein paar Monaten alle 15 min ein Bus (30A tagsüber, 32A abends) - zur Siemensstraße, wo die S-Bahn dann allerdings Taktlücken von z.T. über 15 min hat. Vom Zentrum des Neubaugebiets sind es allerdings erstmal knapp 10 min Fußweg, allein um zu dieser Buslinie zu kommen. Im Osten des Neubaugebiets gibt es deshalb den 36B: werktags alle 20 min, am Wochenende alle 30 min, Betriebsschluss 21 Uhr. Außerhalb dieser Zeiten ist es über ein Kilometer zur Station Leopoldau. Unnötig zu erwähnen (da selbstverständlich), dass man bei Einrichtung der Haltestellen noch nicht mal an einen Wetterschutz gedacht hat. Und in Leopoldau endet er natürlich am westlichen Zugang des S-Bahnsteigs und nicht am östlichen, der auch der Zugang zur U1 ist. Fußweg vom 36B zur U1 nochmal über 5 min.
- Der Barbara-Prammer-Hof in Oberlaa: Geschosswohnungsbau praktisch ohne Öffi-Anbindung (und ohne Einkaufsmöglichkeiten). Fußweg zur U1 in Oberlaa: >1 km. Klar, pro forma könnte man über den Bahnübergang (Schließzeit nicht planbar) gerade einmal 600 m zum Oberlaaer Friedhof gehen und dort in den 17A steigen, um dann mit dem zur U1 zu fahren, dauert unterm Strich aber eher noch länger.
- Die Siemensäcker: Neuerdings fährt der 28A hierher - mit den bisherigen Betriebszeiten, also ausschließlich Mo-Fr bis 20 Uhr. Ansonsten sind es ca. 10 min Fußweg zur S-Bahn-Station Siemensstraße (mit der genannten 15-min-Taktlücke) oder zum 29A.
Das sind die Beispiele, die mir eher zufällig aufgefallen sind. Es gibt sicher unzählige weitere. Wie man so den Modal Split auf 20 % für den Autoverkehr entwickeln möchte, bleibt mir schleierhaft. Wäre schön, wenn der Hanke hinterher wäre, Neubaugebiete (gerade solche im Geschosswohnungsbau) adäquat an die Öffis anzubinden - vom ersten Tag an, an dem dort Menschen wohnen, nicht Jahre später, wenn sie ihre Gewohnheiten anders ausgerichtet haben.
Überhaupt wären verbindliche Zielvorgaben sinnvoll, wie weit der Weg zur nächsten Haltestelle höchstens sein sollte, und zwar täglich und von frühmorgens bis in die Nacht - natürlich abhängig von Bevölkerungsdichte, Verkehrsmittel und Taktdichte (je attraktiver das Angebot, desto länger der Fußweg, den man bereit ist in Kauf zu nehmen).
Idealerweise kann man eben Stadt- und Verkehrsplanung nicht trennen. Aus Öffi-Sicht sieht das ideale Stadtviertel so aus, dass eine häufig bediente Linie den Siedlungsschwerpunkten folgt (sprich: das Grätzl entlang der Öffi-Achse am dichtesten bebaut ist und die Bebauungsdichte mit zunehmender Entfernung abnimmt) und Stadtteilzentren (Geschäfte, Schulen, Bibliotheken etc.) um die Haltestellen angeordnet sind.
Sehr mustergültig ist das übrigens in der Linzer Solar-City umgesetzt, auch wenn man sich sicher darüber streiten kann, wie nachhaltig eine weitab vom Schuss auf dem Feld entwickelte Neubausiedlung ist (Solar hin, Straßenbahn her). Das Gegenteil in Floridsdorf: es gibt die Straßenbahn nach Stammersdorf, die dicht bewohnten Geschosswohnungsbauten (z.B. Franz-Nittel- und Doktor-Franz-Koch-Hof) liegen hingegen weitab entfernt davon - und sind z.T. auch nur durch Buslinien notdürftig erschlossen, die noch nicht mal den Franz-Jonas-Platz als Bezirkszentrum (und somit auch die U6) erreichen.