Autor Thema: Seltsame Werbung einer Partei  (Gelesen 20846 mal)

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moszkva tér

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Re: Seltsame Werbung einer Partei
« Antwort #45 am: 22. Februar 2013, 11:36:53 »
Die derzeitige sogenannte Wirtschaftskrise hat eh alles, was Religion auch hat:
Nicht nachvollziehbare Regeln, an die man sich halten muss, weil "der Markt" (wer oder was ist das eigentlich? Wir alle!) es so will. Und stellt man "den Markt" nicht zufrieden, gibt es eine Wirtschaftskrise (=Apokalypse).

Sorry, aber das ist nicht ganz korrekt. Die immer zitierten "Märkte" sind die Kreditgeber, die den immer höher verschuldeten Staaten immer noch Geld borgen. Wenn sich eine EZB bereit erklärt für alle Staatsanleihen zu garantieren (= zur Not Geld zu "drucken") und damit die Schuldner vorübergehend beruhigt (und damit das Pyramidenspiel noch etwas prolongiert) bleiben die verlangten Zinsen auf erträglichem Niveau. Deswegen ist es so immens wichtig, "die Märkte" zu "beruhigen" - weil sich die Staaten sonst nicht mehr das Geld ausborgen könnten, das sie laufend verbrennen.

Übrigens kracht es mehr als man als aussenstehender Laie so annimmt - zB war die Republik im Dezember vor ein paar Jahren praktisch zahlungsunfähig, so wurde eine kurzfristige "Mehrwertsteuer-Sondervorauszahlung" erfunden, was nichts anderes als eine Zwangsanleihe zu Lasten der Unternehmer war.

Das alles mit religiösem Geschwurbel zu vergleichen ist im besten Fall naiv.
Tut mir leid, aber warum sind die Staaten zahlungsunfähig? Weil sie private Banken gerettet haben, die über alle Maßen faule Kredite vergeben haben. Private Unternehmer haben also ihre Verluste verstaatlicht, was sie selbstverständlich mit ihren Gewinnen nicht machen würden.

Zahlungsunfähig heißt übrigens noch lange nicht bankrott. Dass man natürlich jetzt mit der Wirtschaftskrise die Ausrede hat, bei Zukunftsinvestitionen (z.B. Gesundheit, Bildung, Infrastruktur) einzusparen, ist für viele Staaten bequem. Irgendwo muss das Geld ja für "den Markt" herkommen.

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Re: Seltsame Werbung einer Partei
« Antwort #46 am: 22. Februar 2013, 12:49:36 »
Tut mir leid, aber warum sind die Staaten zahlungsunfähig? Weil sie private Banken gerettet haben, die über alle Maßen faule Kredite vergeben haben. Private Unternehmer haben also ihre Verluste verstaatlicht, was sie selbstverständlich mit ihren Gewinnen nicht machen würden.

Aber geh. Staaten leben seit vielen Jahrzehnten (etwa seit den 1970ern) massiv über ihre Verhältnisse, in der vagen Hoffnung, das jährliche Defizit übers Wirtschaftswachstum auszugleichen, was ein frommer Wunsch ist und nur durch Bilanzfälschung einigermaßen dargestellt werden kann.
Harald A. Jahn, www.tramway.at

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Re: Seltsame Werbung einer Partei
« Antwort #47 am: 22. Februar 2013, 12:54:04 »
Massiv über ihre Verhältnisse leben nur Politiker, Banker und Spitzenmanager.
Ich verstehe das Konzept dahinter nicht und bin generell dagegen.

moszkva tér

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Re: Seltsame Werbung einer Partei
« Antwort #48 am: 22. Februar 2013, 13:02:21 »
Massiv über ihre Verhältnisse leben nur Politiker, Banker und Spitzenmanager.
Falsch, denn die leben über *unsere* Verhältnisse  :lamp:


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Re: Seltsame Werbung einer Partei
« Antwort #49 am: 22. Februar 2013, 13:25:02 »
Massiv über ihre Verhältnisse leben nur Politiker, Banker und Spitzenmanager.

ja sicher  ::)

http://www.staatsschulden.at/
Harald A. Jahn, www.tramway.at

moszkva tér

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Re: Seltsame Werbung einer Partei
« Antwort #50 am: 22. Februar 2013, 13:38:30 »
Massiv über ihre Verhältnisse leben nur Politiker, Banker und Spitzenmanager.

ja sicher  ::)

http://www.staatsschulden.at/

Und was soll jetzt diese Stronach-Polemik?

Ja klar hat der Staat Schulden. Mit Investitionen auf Kredit wurde aber die gesamte Infrastruktur, die du auch nutzt, sowie auch deine Schulbildung ( Uni eh nicht  :-X ) finanziert.
Ohne diese Investitionen wäre Österreich immer noch am Level von 1946 anstatt einer der wohlhabendsten Staaten der Welt mit immer noch top Gesundheitsversorgung, top Sicherheitswerten, top Sozialsystem und top Bildungssystem (nicht verglichen mit anderen europäischen Staaten, sondern den "unteren" 160).

Du bist auch Unternehmer, wie ich mitbekommen habe. Hättest du ohne Kredit einst dein Unternehmen gründen können?
So wie Menschen sind auch Staaten i.d.R. keine reichen Erben (außer vielleicht die Golfstaaten).

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Re: Seltsame Werbung einer Partei
« Antwort #51 am: 22. Februar 2013, 14:27:30 »
Und was soll jetzt diese Stronach-Polemik?

Ja klar hat der Staat Schulden. Mit Investitionen auf Kredit wurde aber die gesamte Infrastruktur, die du auch nutzt, sowie auch deine Schulbildung ( Uni eh nicht  :-X ) finanziert.
Ohne diese Investitionen wäre Österreich immer noch am Level von 1946 anstatt einer der wohlhabendsten Staaten der Welt mit immer noch top Gesundheitsversorgung, top Sicherheitswerten, top Sozialsystem und top Bildungssystem (nicht verglichen mit anderen europäischen Staaten, sondern den "unteren" 160).

Du bist auch Unternehmer, wie ich mitbekommen habe. Hättest du ohne Kredit einst dein Unternehmen gründen können?

Das ist keine Stronach-Polemik, die Schulden sind aus jedem Ruder gelaufen. Reichstes Land - weil wir als Appendix Deutschlands gesehen werden und sehr gute Bonität haben. Schulden bzw Besitztümer, die auf Pump gekauft wurden kann man doch nicht auf die Aktiva-Seite buchen!

Und ja, ich bin Unternehmer, und unter anderem deswegen so erfolgreich, weil ich niemals irgendeinen Kredit hatte und keinerlei Verpflichtung habe - nur deswegen hab ich nämlich die Spielräume, mit denen ich meine Firma nachhaltig und substanziell entwickeln kann. Ich hab mir eben - anders als andere Unternehmer - nie auf Leasing ein fettes Auto gekauft, bin erst in ein größeres Büro gezogen als ich es mir wirklich leisten konnte und hab auch die Apartments nach und nach aus den laufenden Einkünften gekauft, obwohl ich mit früherem Kauf auf Kredit sicher noch bessere Deals gemacht hätte.

Ein Staat ist wie ein Unternehmen, mit dem Unerschied, dass es Steuern einheben kann - das hat allerdings Grenzen, ab gewissen Steuerhöhen explodiert die Schattenwirtschaft und der Zustrom zu populistischen Parteien etc.
Harald A. Jahn, www.tramway.at

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Re: Seltsame Werbung einer Partei
« Antwort #52 am: 22. Februar 2013, 14:44:34 »
Massiv über ihre Verhältnisse leben nur Politiker, Banker und Spitzenmanager.

ja sicher  ::)

http://www.staatsschulden.at/

Man kann Staatsschulden nur volkswirtschaftlich betrachten, eine betriebswirtschaftliche Betrachtung, die eine Trennung zwischen privaten Vermögen und öffentlichen Schulden konstruiert, ist nicht zielführend. Schließlich setzt die Existenz der privaten Vermögen auch die Existenz des Staates voraus.

Volkswirtschaftlich hat ein Staat nur dann über seine Verhältnisse gelebt, wenn er netto beim Ausland verschuldet ist. Das mag für Griechenland zutreffen, in Österreich steht den von Ausländern gehaltenen Staatsschulden ein Vielfaches an inländischem Vermögen gegenüber.
In so eine Situation kann ein Staat nur kommen, wenn er mehr konsumiert als produziert. Das war in Österreich aber nicht der Fall, wir haben ständige Leistungsbilanzüberschüsse. Hier geht es um die Frage der Aufteilung der Überschüsse. Diese können in Lohnerhöhungen, Investitionen, Steuern oder Privatvermögen gehen.

Eine Verschuldung in dieser Situation stellt also eine Verschiebung von Verteilungskämpfen in die Zukunft dar. Das ist nicht sonderlich gescheit, aber keineswegs eine einseitige Überdehnung des Staates gegen die Interessen der "Leistungsträger". Schließlich profitieren diese kurzfristig von niedrigen Steuern trotz aufrechterhaltenem sozialen Frieden und haben gleichzeitig in den Staatsanleihen eine Möglichkeit, ihr Kapital zu parken.
Sinnvoller als für Staatsanleihen hätten sie das Kapital sonst auch nicht verwendet, sonst hätten sie es gleich investiert. Der Staat hat hier also eine inverse Funktion zur Notenbank, nämlich den "Kreditnehmer der letzten Zuflucht".

Langfristig führt das natürlich zu einer Krise, die aber nicht exogen ("mangelnde Wettbewerbsfähigkeit"), sondern rein endogen (Verteilungskämpfe zwischen "altem" Vermögen, das von Zinsen auf Staatsschulden profitiert, gegen neues Einkommen, das immer höhere Steuern zahlt) ist.

moszkva tér

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Re: Seltsame Werbung einer Partei
« Antwort #53 am: 22. Februar 2013, 14:46:59 »
Schulden bzw Besitztümer, die auf Pump gekauft wurden kann man doch nicht auf die Aktiva-Seite buchen!
Doch, das macht jeder Häuslbauer so. Die Sicherheit für den Kredit ist die erworbene / erbaute Immobilie.  :lamp:
So begann übrigens die Schuldenkrise in den USA: Immobilienpreise explodiert, Banken haben zu hohe Kredite vergeben, die mit Immobilien in Phantasiewerten besichert waren.

Zitat
Und ja, ich bin Unternehmer, und unter anderem deswegen so erfolgreich, weil ich niemals irgendeinen Kredit hatte und keinerlei Verpflichtung habe - nur deswegen hab ich nämlich die Spielräume, mit denen ich meine Firma nachhaltig und substanziell entwickeln kann. Ich hab mir eben - anders als andere Unternehmer - nie auf Leasing ein fettes Auto gekauft, bin erst in ein größeres Büro gezogen als ich es mir wirklich leisten konnte und hab auch die Apartments nach und nach aus den laufenden Einkünften gekauft, obwohl ich mit früherem Kauf auf Kredit sicher noch bessere Deals gemacht hätte.
Das ist natürlich super, Respekt!

Zitat
Ein Staat ist wie ein Unternehmen, mit dem Unerschied, dass es Steuern einheben kann - das hat allerdings Grenzen, ab gewissen Steuerhöhen explodiert die Schattenwirtschaft und der Zustrom zu populistischen Parteien etc.
Nein, ein Staat ist kein Unternehmen. Ein Unternehmen agiert profitorientiert, ein Staat gemeinnützig  :lamp:

Linie 41

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Re: Seltsame Werbung einer Partei
« Antwort #54 am: 22. Februar 2013, 15:56:04 »
Nein, ein Staat ist kein Unternehmen. Ein Unternehmen agiert profitorientiert, ein Staat gemeinnützig  :lamp:
Was ja eigentlich schon fast daraus sichtbar ist, daß es zwei völlig unterschiedliche Wissenschaftsdisziplinen in der Wirtschaft gibt: Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre, deren Gesetzmäßigkeiten und Rahmenbedingungen nur sehr eingeschränkt in der jeweils anderen Disziplin anwendbar sind.
Ich verstehe das Konzept dahinter nicht und bin generell dagegen.

haidi

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Re: Seltsame Werbung einer Partei
« Antwort #55 am: 22. Februar 2013, 17:03:15 »
Und was soll jetzt diese Stronach-Polemik?

Ich weiß nicht, wie du auf "Stronach-Polemik" kommst, aber hier ein bischen Nicht-Polemik über Stronach.

Hannes
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Linie 41

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Re: Seltsame Werbung einer Partei
« Antwort #56 am: 22. Februar 2013, 17:34:48 »
Aua, der Falter-Artikel ist richtig gemein. Big Uncle Frank von der 1990er-Vöest aus dem Dreck gezogen. Für so ein Großmaul geht's eigentlich fast peinlicher nicht mehr.
Ich verstehe das Konzept dahinter nicht und bin generell dagegen.

hema

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Re: Seltsame Werbung einer Partei
« Antwort #57 am: 22. Februar 2013, 20:24:15 »
Massiv über ihre Verhältnisse leben nur Politiker, Banker und Spitzenmanager.

ja sicher  ::)

Wir alle leben über unsere Verhältnisse!
Niemand ist gezwungen meine Meinung zu teilen!

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Re: Seltsame Werbung einer Partei
« Antwort #58 am: 22. Februar 2013, 21:48:23 »
Jaja, "wir" ... ::)



Lohn- und Vermögensrentwicklung in Deutschland (für Österreich konnte ich Ähnliches ad hoc nicht finden):

Aber auch dort ist dieses "wir", das ja gar so arg über seine Verhältnisse gelebt haben soll, immer wieder zu hören.

Quelle: http://www.jjahnke.net/rundbr24.html
"Der Raum, wo das stattfand, ist ziemlich groß."
Hans Rauscher