Autor Thema: Alt Wien um 1900 - Fotografien von August Stauda - untergegangene Stadtwelten  (Gelesen 315960 mal)

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coolharry

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Aufgrund des 2. Fotos von 1914 würde ich mittlerweile behaupten, dass die Dachpappe einfach über die Dachziegel/Schindel drüber verlegt wurde. Man sieht nämlich, wie sich das ursprüngliche Dach durch die Dachpappe abzeichnet.

Eine interessante (Pfusch-/Not-)Reparaturvariante - habe ich so definitiv noch nie gesehen.  :)

Wenn ich mir die Bilder ansehe, komme ich zu dem Schluß, dass das erste Bild einfach das Unterdach zeigt. Sprich die Dichteebene* unterhalb der Dachziegeln/Schindeln.
Somit wurde beim ersten Bild einfach die Schindeln entfernt, weil man sie eventuell woanders wieder verwenden wollte.

*Auch heute hat man als oberste Schicht für die Verteilung von Schneelasten und als Sonnenschutz der Abdichtung die Ziegeln und darunter eben Bitumenbahnen (oder Folien etc). als Abdichtung. Der Fachbegriff ist, so glaube ich, Unterspannbahn.
Weil ein menschlicher Hühnerstall nicht der Weisheit letzter Schluß sein kann.

60er

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Wenn ich mir die Bilder ansehe, komme ich zu dem Schluß, dass das erste Bild einfach das Unterdach zeigt. Sprich die Dichteebene* unterhalb der Dachziegeln/Schindeln.
Somit wurde beim ersten Bild einfach die Schindeln entfernt, weil man sie eventuell woanders wieder verwenden wollte.
Dieses uralte Dach wird sicher nicht mit so etwas Modernem, wie einer Unterspannbahn, ausgestattet gewesen sein. Vermutlich waren da nur nackte, mit Mörtel abgedichtete Dachpfannen.

Bei genauerer Betrachtung komme ich auch zu dem Schluss, dass offenbar die Dachpappe einfach über das marode Dach gelegt wurde.

W_E_St

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Die Idee einer Unterspannbahn ist meines Wissens bei uns erst in den 60ern aufgekommen. Vorher war der übliche Dachaufbau Sparren - Latten - Ziegel. Bei nicht ausgebauten Dachböden war das teilweise noch deutlich länger so üblich.
"Sollte dies jedoch der Parteilinie entsprechen, werden wir uns selbstverständlich bemühen, in Zukunft kleiner und viereckiger zu werden!"

(aus einer Beschwerde über viel zu weit und kurz geschnittene Pullover in "Good Bye Lenin")

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Entweder das alte Dach war undicht und sie haben es in Erwartung des Abbruches für die letzten Jahre mit Dachpappe überzogen, oder sie haben die Dachziegel verkauft und es provisorisch gedeckt (tät ich mal spekulieren). Für ersteres spricht die "Dicke" der Dachhaut.
Harald A. Jahn, www.tramway.at

nord22

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Alt Erdberg vom feinsten: alte Häuschen in der Wällischgasse 10 aufgenommen 1939 (Foto: Onlinearchiv Wien Museum).

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Untergegangene Stadtwelten: die "Assanierung" des Freihofkomplexes war ein Herzeigeprojekt des Ständestaats und ermöglichte die Verlängerung der Operngasse vom Karlsplatz bis zur Schleifmühlgasse (Foto: Archiv ÖNB, 1935). Der Altbau im Vordergrund stand kurz vor dem Abbruch, daher auch "Billiger Verkauf wegen Übersiedlung".

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Die eingeschossigen Häuser in der Erdbergstraße unterhalb der Pfarrkirche St. Peter und Paul sind längst Geschichte (Postkartenmotiv Slg. Petra Marschner). Sie dürften schon in der Zwischenkriegszeit abgerissen worden sein.

LG nord22 

W_E_St

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Die eingeschossigen Häuser in der Erdbergstraße unterhalb der Pfarrkirche St. Peter und Paul sind längst Geschichte (Postkartenmotiv Slg. Petra Marschner). Sie dürften schon in der Zwischenkriegszeit abgerissen worden sein.

Früher. Im Generalstadtplan von 1904 sind sie noch eingezeichnet, in dem von 1912 schon nicht mehr. Also vor dem 1. Weltkrieg abgerissen.
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nord22

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Bruno Reiffenstein fotografierte 1937 das zum Abbruch vorgesehene Haus Ziegelofengasse 18 (Fotos: Onlinearchiv Wien Museum).

LG nord22

N1

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Bruno Reiffenstein fotografierte 1937 das zum Abbruch vorgesehene Haus Ziegelofengasse 18 (Fotos: Onlinearchiv Wien Museum).
Bild 1
Bild 2
Der an dessen Stelle errichtete Assanierungsbau hat auffallend seltsame Fenster. Um Übersetzfenster nach angloamerikanischem Vorbild, wie man auf den ersten Blick vermuten könnte, handelt es sich allem Anschein nach nicht.
"Der Raum, wo das stattfand, ist ziemlich groß."
Hans Rauscher

haidi

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Der an dessen Stelle errichtete Assanierungsbau hat auffallend seltsame Fenster. Um Übersetzfenster nach angloamerikanischem Vorbild, wie man auf den ersten Blick vermuten könnte, handelt es sich allem Anschein nach nicht.
Das sind sie sehr wohl. Wenn du dir in der dritten Fensterreihe, 2. Fenster von links sehe ich die Rillen, in denen das Fenster läuft. Die Rille geht von unten ganz außen erst schräg nach innen und dann senkrecht hinauf.
Das selbe Prinzip gibt es im Hygiene-Instut an der Front Zimmermanngass 6. Dieser Teil wurde im Krieg durch Bomben beschädigt. Beim Wiederaufbau kamen dann diese Fenster]=https://www.google.at/maps/@48.2159648,16.3428007,3a,75y,255.45h,119.92t/data=!3m7!1e1!3m5!1s9kRfLqkbfVt3jgZYpxuiSQ!2e0!6shttps:%2F%2Fstreetviewpixels-pa.googleapis.com%2Fv1%2Fthumbnail%3Fcb_client%3Dmaps_sv.tactile%26w%3D900%26h%3D600%26pitch%3D-29.920706011888257%26panoid%3D9kRfLqkbfVt3jgZYpxuiSQ%26yaw%3D255.44742774886316!7i16384!8i8192?entry=ttu&g_ep=EgoyMDI1MDQyMC4wIKXMDSoASAFQAw%3D%3D]diese Fenster zum Einsatz.
Sie haben den Vorteil, dass sie geöffnet nicht in den Raum ragen.

Nebenbei: Die alten Übersatzfenster, die nach dem Krieg eingebaut wurden, sind in den 90erjahren durch zwei Reihen waagrechter, dreiteiligen Schiebefenstern ersetzt wurde, bei dem der mittlere Teil fix war. Der jetzige Status wurde später vom Denkmalamt verlangt.
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W_E_St

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Die in Wien gelegentlich, vor allem in Bauten aus den 20ern und 30ern, zu findende Version unterscheidet sich von der angloamerikanischen allerdings erheblich in der Komplexität. Während letztere entweder einfach- oder isolierverglast ist, waren erstere üblicherweise Verbundfenster, d.h. zwei Glas-Ebenen mit jeweils eigenem Rahmen, die aber normalerweise fix gekoppelt sind und nur zum Putzen geteilt werden. Das erfordert deutlich aufwändigere Führungen als bei Varianten, bei denen die Flügel von simplen, verschraubten oder genagelten Leisten geführt werden, die nur für gröbere Reparaturen entfernt werden.
Prominente Beispiele solcher Fenster sind das ehemalige Funkhaus, das Chemische Institut der Uni Wien in der Währinger Straße (zwischen Boltzmann- und Strudlhofgasse) und das Anatomie-Institut Ecke Währinger Straße/Schwarzspanierstraße. Ein Vorteil war, dass man dank Gegengewichten enorm breite Fenster ohne senkrechte Unterteilungen bauen konnte, das sieht man in manchen Lokalen noch.
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