Wo die U-Bahn gebaut wurde, wurde es auch an der Oberfläche schöner: Fußgängerzonen, Aufwertung, Stadterneuerung - genau die Dinge, mit denen man in Frankreich auch bei den Bürgern punktet, wenn eine neue Tramway kommt.
Wobei das muss man schon relativieren.
Gut, Fußgängerzonen in der Favoritenstraße und in der Kärntner Straße (inwieweit die was mit der U-Bahn zu tun hat, kann ich nicht sagen), waren damals schon toll und was Neues in Wien.
Aber ansonsten ist halt die Oberflächengestaltung auch schon bei den alten Linien und auch nach damaligen Stand der Technik nicht aktuell gewesen.
Beginnen wir mit der U1:
Praterstraße - Lassallestraße: Wurden zu Autobahnen ausgebaut mit Alibi-Radweg und viel zu schmalen Gehsteigen. Die Gehsteige auf der Praterstraße wurden erst in den 1990ern verbreitert.
Innere Favoritenstraße: Ebenfalls Autobahn, aber ohne Radweg.
Kaisermühlen hat dank der U-Bahn die Straßenbahn verloren und ist jetzt an andere Stadtteile nur mehr mit Umsteigen vom 92A angebunden.
U2:
Nachdem man dank Ustrab schon in den 1970ern die Zweierlinie autobahnmäßig ausbauen konnte, wurde um das Jahr 2000 die Fahrtrichtung gegen den Uhrzeigersinn (Gegenrichtung des Ringes) im Zuge der Verlängerung der Bahnsteige vor der Verlängerung auf drei Spuren verbreitert.
Die durchgehende Stelzentrasse von Elderschplatz bis Seestadt ist nicht nur nicht schön anzuschauen sondern fabriziert auch eine unangenehme städtebauliche Barriere. So kann beispielsweise das neue Viertel Zwei und die neue WU nie mit den alten Gemeindebauten auf der anderen Seite der Trasse "zusammenwachsen". Es gibt immer ein "hier sind wir und die sind dort drüben". Auch eine Zentrumsentwicklung in der Seestadt im Bereich der U-Bahn-Station wird schwer umzusetzen sein, weil Trasse, Station und Wendeanlage im Weg sind. Der Raum unter der Trasse ist auch - im Gegensatz zu den Otto-Wagner-Bögen - fast nur als Parkplatz nutzbar.
U3:
Den Umbau von Landstraßer Hauptstraße und Mariahilfer Straße zu Fußgängerzonen bzw. verkehrsberuhigten Zonen hat man damals komplett verschlafen. Bei der Mariahilfer Straße hat man das erst 20 Jahre später mit massivem Aufwand korrigieren können.
Die Gestaltung der Wasserwelt ist ein halbwegs gelungenes Beispiel für Neugestaltung im Zuge des U-Bahn-Baus. Dafür hat man gleich den Meiselmarkt in den alten Wasserbehälter "vergraben", um das zu kompensieren.
Städtebauliche Akzente am Erdberger Mais hat man nicht gesetzt, dort ist alles Stückwerk. Der Gasometer ist zwar architektonisch schick geworden, funktional aber scheinbar nicht so (zumindest die Mall).
U4 und U6 lasse ich einmal aus, da es großteils alte Linien sind.
Auch kleinräumig hat der U-Bahn-Bau wenig Lebensqualität in den Grätzeln gebracht. Ok, die Baugrube der U2 in der Großen Stadtgutgasse, einst eine Kreuzungswüste, wurde zum Rabbiner-Friedmann-Platz umgebaut. Die Novaragasse wurde auf 20 m Fußgängerzone. Die Herminengasse wurde zur Sackgasse. Für solchen Kleinkram brauche ich wirklich keine U-Bahn. In einer vernünftigen Stadt- bzw. Bezirksverwaltung macht man das so nebenbei.
Aber wo gibt es wirklich größere Stationsvorplätze oder Gesamtkonzepte? In Wirklichkeit ist auch da das Problem, dass mehrere MAs zuständig sind und kurz bevor die U-Bahn fertig ist kommt wer drauf: "hoppla, do meaß ma wos doan". Und so schaut es dann auch aus.