Sehr interessant. Hier (und nicht nur hier) waren sie alle gleich: der Duce hat die "störende" Straßenbahn aus dem Zentrum von Rom entfernen lassen (”Voi toglierete la stolta contaminazione tranviaria che ingombra le strade di Roma...”) und die Paradestraße zwischen Piazza Venezia und Colloseum anlegen lassen, natürlich als Autostraße. Auch Barcelona wurde unter den Faschisten von der Tramway befreit, weil sich angeblich die Frau des Gouverneurs durch den Lärm der Straßenbahn belästigt fühlte...
Wo ist der Unterschied zu heute wo überall die „störenden“ Autos aus den Zentren mittels Begegnungszonen, natürlich Fahrradgerrecht, entfernt werden sollen.
Sehr einfach: die Verbannung der Straßenbahn, der Radfahrer und Fußgänger aus dem Zentrum - zu Gunsten des Autos und des Individualverkehrs - hat die Stadtzentren sehr schnell in Verkehrshöllen verwandelt und dort, wo dieser Entwicklung nicht Einhalt geboten wurde, letztendlich zu deren Verfall beigetragen. Beispiel gibt es genug in Europa und außerhalb. In den 1930ern - als diese Entwicklung noch eine Zukunftsperspektive war, konnte niemand abschätzen welche Folgen sie langfristig haben würde.
Es gibt weltweit kein einziges Beispiel, welches uneingeschränkten motorisierten Individualverkehr mit städtischer Lebensqualität in Einklang bringen konnte. Umgekehrt gibt es zahlreiche Städte, welche durch Einschränken des MIV und starken Ausbau des ÖV - nicht nur der Straßenbahn sondern auch der U-Bahn, gepaart mit fußgängerfreundlichen Straßen und sanfter Mobilität - den Stadtzentren neues Leben verleiht haben. Wien ist dabei zwar nicht Vorreiter, aber durchaus im oberen Mittelfeld angesiedelt. Ich hoffe, die Tendenz setzt sich auch in Zukunft fort.
War eben damals Mainstream so wo heute das Gegenteil Mainstream ist. Ich hoffe dass ich lange genug leben werde um zu erfahren was die zukünftige Generation über den heutigen autofeindlichen Mainstream denken wird.
Das hat wenig mit Mainstream zu tun, sondern viel mehr mit physischen Grenzen. Eine autofreundliche Stadt geht sich nicht nur in unseren historisch gewachsenen Städten in Europa nicht aus - schon rein aus Platzgründen, sie hat sich auch in den USA nicht bewährt (zB Los Angeles). Und die Chinesen, bei denen der Autoboom viel später eingesetzt hat, müssen gerade die gleiche leidige Erfahrung machen.
Vor wenigen Tagen habe ich im EBFÖ eine Serie von
Bildern der "autogerechten" Wiener Innenstadt gepostet. Wer das erlebt hat, möchte eigentliche nicht das Rad der Zeit zurückdrehen. Auf Wunsch stelle ich die Bilder gerne auch hier herein.