Autor Thema: Alt Wien um 1900 - Fotografien von August Stauda - untergegangene Stadtwelten  (Gelesen 340268 mal)

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95B

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Interessant ist der Hinweis auf "Touristenproviant". Ob diese Zielgruppe dort häufig anzutreffen war?
Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch ans Licht der Sonnen!
... brrrr, Klumpert!
Entklumpertung des Referats West am 02.02.2024 um 19.45 Uhr planmäßig abgeschlossen!

benkda01

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Interessant ist der Hinweis auf "Touristenproviant". Ob diese Zielgruppe dort häufig anzutreffen war?
Vielleicht ist das noch im alten Sinne des Wortes gemeint: Also Hernalser, die außerhalb Wiens wandern gehen, sollen sich von hier eine Jause mitnehmen. :D

Katana

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Interessant ist der Hinweis auf "Touristenproviant". Ob diese Zielgruppe dort häufig anzutreffen war?
Vielleicht ist das noch im alten Sinne des Wortes gemeint: Also Hernalser, die außerhalb Wiens wandern gehen, sollen sich von hier eine Jause mitnehmen. :D
Genau das vermute auch ich.

nord22

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Das schöne Firmengebäude "Carl Biehler" in der Gumpendorfer Straße 120 war einst das barocke Batthyany’sche Gartenschlössel und wurde 1913 abgerissen (Foto: Bruno Reiffenstein, um 1905).

LG nord22

nord22

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Ein Postkartenmotiv des reizvollen Gebäudes Berggasse 33/ Hahngasse 7 um 1906. August Stauda fotografierte das Eckhaus um 1902 (Quelle: Onlinearchiv Wien Museum). Recht originell war die gewerbliche Nutzung des Gebäudes: ein kleines Lokal diente als "Branntweinschank", der Rest als Möbellager. Der niedrige Gebäudetrakt in der Hahngasse wurde mit einem Gründerzeitbau in Bauklasse III verbaut; an der Ecke steht heute ein banaler Zweckbau aus dem Jahr 1959.

LG nord22


W_E_St

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Recht originell war die gewerbliche Nutzung des Gebäudes: ein kleines Lokal diente als "Branntweinschank", der Rest als Möbellager.

Ich frage mich in Anbetracht des kleineren Schildes "Zimmer- Küchen- Gewölb- & Comptoir Einrichtungen", ob man sich unter dem "Möbellager" nicht eher einen Möbelhandel vorstellen kann, der diverse Möbel lagernd hatte, statt sie nach Kundenwunsch auf Maß erst anzufertigen. Dass der Brandineser mitten im restlichen Geschäftslokal eingebaut ist, ist aber definitiv originell! Eventuell hat das Möbellager nach und nach expandiert und sich so um das kleine Lokal "herumgewickelt".
"Sollte dies jedoch der Parteilinie entsprechen, werden wir uns selbstverständlich bemühen, in Zukunft kleiner und viereckiger zu werden!"

(aus einer Beschwerde über viel zu weit und kurz geschnittene Pullover in "Good Bye Lenin")

tramway.at

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Dass der Brandineser mitten im restlichen Geschäftslokal eingebaut ist, ist aber definitiv originell! Eventuell hat das Möbellager nach und nach expandiert und sich so um das kleine Lokal "herumgewickelt".

Oder andersrum - neues Geschäftsfeld für den Junior? :D Werden wir nicht mehr feststellen können. Aber ich erinnere mich an das Elektrogeschäft "Dreimäderlhaus" auf der Wiednerhaupt#Johannstrauss, der hatte zuerst eine Ecke mit Gebrauchtgeräten, dann kamen Möbel dazu, und schritteweise hat der alte Ramsch das Elektrogeschäft "übernommen".
Harald A. Jahn, www.tramway.at

N1

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Ein Postkartenmotiv des reizvollen Gebäudes Berggasse 33/ Hahngasse 7 um 1906. August Stauda fotografierte das Eckhaus um 1902 (Quelle: Onlinearchiv Wien Museum). Recht originell war die gewerbliche Nutzung des Gebäudes: ein kleines Lokal diente als "Branntweinschank", der Rest als Möbellager. Der niedrige Gebäudetrakt in der Hahngasse wurde mit einem Gründerzeitbau in Bauklasse III verbaut; an der Ecke steht heute ein banaler Zweckbau aus dem Jahr 1959.

Bild 1
Bild 2
Im reizvollen Altwiener Häuschen war halt das Erdgeschoßmauerwerk vollkommen durchfeuchtet, was der Nutzung als Möbellager sicher nicht dienlich war. Für die wenigen Wohnungen darüber gab es wohl nur ein Plumpsklo im Hof. Da sich die Schmalseite des Hauses unter dem Straßenniveau befand, war der Gehsteig dort abgesenkt, womit die Angelegenheit zumindest für Fußgänger ein Verkehrshindernis darstellte.

Der zweifellos banale 50er-Jahre-Bau bietet hingegen eine einer Großstadt angemessene Wohnungsanzahl und den Bewohnern eine deutlich höhere Lebensqualität.
"Der Raum, wo das stattfand, ist ziemlich groß."
Hans Rauscher

fr3

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Im reizvollen Altwiener Häuschen war halt das Erdgeschoßmauerwerk vollkommen durchfeuchtet, was der Nutzung als Möbellager sicher nicht dienlich war. Für die wenigen Wohnungen darüber gab es wohl nur ein Plumpsklo im Hof. Da sich die Schmalseite des Hauses unter dem Straßenniveau befand, war der Gehsteig dort abgesenkt, womit die Angelegenheit zumindest für Fußgänger ein Verkehrshindernis darstellte.
Deiner Kritik an der Bausubstanz kann ich durchaus zustimmen. Die Feuchtigkeit im Mauerwerk sieht man sogar am Bild. Der Niveauunterschied geht auf eine geänderte Bauordnung in der Gründerzeit zurück. Die Rossau lag tiefer - zu tief. Nicht nur Feuchtigkeit sondern auch Überschwemmungen durch Grundwasseraustritt bei Hochwasser im Donaukanal waren ein typisches Problem in der Gegend - noch weit bis ins 20. Jahrhundert.

Zitat
Der zweifellos banale 50er-Jahre-Bau bietet hingegen eine einer Großstadt angemessene Wohnungsanzahl und den Bewohnern eine deutlich höhere Lebensqualität.
Das sehe ich dennoch differenzierter. Bei der Wohnqualität magst Du Recht haben. Aber die Lebensqualität der Stadt beginnt erst vor der Haustür. Wenn man sich den heutigen Zustand ansieht, hat das Eck eindeutig verloren.

Den durchaus dekorativen Glastüren mit Holzläden - erst Recht mit den Stehtischen vor dem Brandweiner, die eine direkte Verbindung zwischen öffentlichen und privaten Raum schufen stehen gesichtslose Auslagen gegenüber, die so gar nicht zum Verweilen oder gar zum Einkauf einladen. Alleine die ausgeprägt kommunikativen Aufschriften über den Lokalen im Altbau trugen ganz wesentlich zur Belebung des Straßenbildes bei.

So einfach das alte Haus gewesen sein mag, es hatte dekorative Elemente auf den Fassaden und eine klare Gliederung des Baukörpers. Details wie der Prellstein an der Hausecke oder die durch eine Verzierung hervorgehobene Dachkontur auf der Feuermauer des angrenzenden Gründerzeithauses runden das Bild an. Diese "Ästhetik des Stadtbildes" ist vollkommen verloren gegangen und mit ihr ein Stück Lebensqualität.