Als ich vor etwa 30 Jahren Darmstadt kennenlernen durfte, stachen für mich drei Merkmale gegenüber anderen Städten heraus: Die Garnituren der Waggon Union, die Haltestellenansagen und die Schnelllinien (damals noch Schne
llinien
) Zu letzteren in der nächsten Aufnahme, zu den Haltestellenansagen jetzt: Werner Rühl, Polizeisprecher und (Hobby?)-Schauspieler, sprach die Texte in einer so unnachahmlich lokalkoloritdurchtränkten Art, dass schon akustisch eine Straßenbahnfahrt in Darmstadt mit nirgendwo sonst auf der Welt zu verwechseln war:
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Im Jahre 2009 ist Werner Rühl gestorben, seine Ansagen sind lange passé – bloß die «…und montags bis freitags…»-Schnipsel leben weiter. Mundart ist inzwischen auch in vielen deutschsprachigen Städten verpönt; vieles ist glattgeschliffen, was früher Ecken und Kanten hatte. Anderswo geht man die umgekehrte Richtung, wie etwa in Montpellier, wo die Straßenbahn neben dem übermächtigen Hochfranzösisch seit einiger Zeit auch mit Ansagen der lokalen Sprachvariante brilliert.
Die Haltestelle Goebelstraße war die erste Haltestelle des 3ers vom Hauptbahnhof zum Luisenplatz, von den damaligen Zwischen-Haltestellen Goebelstraße, Feldbergstraße, Kasinostraße, Wilhelm-Leuschner-Straße und Bismarckstraße/Gericht sind heute die Haltestellen Kirschenallee, Kasinostraße, Klinikum und Willy-Brandt-Platz verblieben. An der ersten von diesen ist auf dieser Aufnahme ST13 9859 zu sehen, in einer Farbgebung vollverworben, die sich «ein wenig» mit den original-orangen Scheinwerferumfassungen schlägt
Die Strecke des 3ers ist typisch für die straßenbündigen Strecken in Darmstadt: Makellos gepflegte Gleislage, abgetrennt vom Individualverkehr, prominente Bevorrangung gegenüber dem Querverkehr (die andreaskreuzgesicherte Ampelanlage im Hintergrund ist kaum zu erahnen), und daraus resultierend hohe Reisegeschwindigkeit bei feinem Fahrkomfort. Zugleich war’s an einem so brütend-heißen Nachmittag wie dem 21. Juni 2022 natürlich offensichtlich, wie sich eine solche Asphaltszenerie aufheizt…