Wenn mit Ende April tatsächlich die Ausgangsbeschränkungen fallen, werden sicher auch viele Chefs wollen, dass man wieder ins Büro kommt. Unter Anderem mein Chef ist der fixen Meinung, dass wir mit Home Office derzeit Corona-Ferien haben. Aber vom Output her sind wir eigentlich zum Regelbetrieb gleichwertig.
Bei mir in der Firma wurde bereits seitens des Managements Lob ausgesprochen, wie gut das Home Office funktioniert. Weder Kunden, noch interne Schnittstellen merken einen Unterschied. Man muss aber dazusagen, dass ich in einem internationalen Konzern arbeite, wo man ohnehin oft mit Menschen aus allen möglichen Ländern zu tun hat. Insofern ist es für viele durchaus nichts Außergewöhnliches diverse Dinge online in virtuellen Meetings via Skype abzuhandeln.
Dennoch herrscht in meiner Abteilung die Einstellung vor, dass man eher im Büro, als von zu Hause aus arbeiten soll (ausgenommen derzeitige Situation). Ich arbeitete vor der Krise aber auch hin und wieder von zu Hause aus.
Der Hintergrund, warum man grundsätzlich im Büro arbeiten soll, ist nicht nur, dass man seine Mitarbeiter kontrollieren kann (das geht über den Computer auch, wenn man will), sondern dass man datenschutztechnisch im grünen Bereich ist. Niemand weiß, wer im Home Office noch aller mitliest und wer diese Personen genau sind.
Auch arbeitsrechtlich ist das Arbeiten von zu Hause aus, für alle, die nicht ständig im Home Office sind, eine Grauzone. Nicht jeder hat zu Hause einen ergonomischen Arbeitsplatz. Ich weiß nicht, wie das in Österreich ist, aber in Polen müsste ein dauerhaftes Home Office vom Arbeitsinspektorat geprüft und genehmigt werden. In meinem Fall hieße das, dass das Arbeitsinspektorat in meine Wohnung kommen, sich meinen Arbeitsplatz und dessen Ausstattung (Schreibtisch, Sessel, div. Mindestabstände, Beleuchtung) ansehen würde.
Bei mir wird die Rückkehr ins Büro höchstwahrscheinlich schrittweise erfolgen. Eltern mit Kindern werden ziemlich sicher noch länger von zu Hause aus arbeiten wollen, da in Polen Schulen und Kindergärten so schnell wohl nicht wieder geöffnet werden. Ein weiterer Faktor sind Risikogruppen und öffentlicher Verkehr. Nachdem letzterer in Krakau derzeit massiv eingeschränkt ist, ist auch das ein Punkt, der für viele entscheidend ist, ob man jetzt von zu Hause arbeitet oder ins Büro fährt.
Das Tachinieren im Home Office wird locker durch fehlende Störungen durch den Chef ("Das alles muss prioritär bearbeitet werden!!!!11elf") sowie das Wegfallen endloser Sinnlosbesprechungen (sowie weiters Tratschpausen usw.) kompensiert. Außerdem muss ich im Home Office nicht prokrastinieren (d.h. Arbeit, die in einer Stunde erledigt wäre, auf eine Woche ausdehnen. Wenn ich zu Hause mit der Arbeit fertig bin, bin ich einfach fertig).
Einerseits gibt es im Home Office weniger Störungen durch den Chef/andere Mitarbeiter, andererseits kommt das dann via Skype, zumindest bei mir. Ich habe aber einige Kollegen in meinem Team, die im Normalbetrieb, wenn sie etwas prioritär behandeln möchten und/oder Ruhe haben wollen, extra von zu Hause aus arbeiten, damit sie Ruhe haben. Man merkt, im Normalbetrieb kommen die Leute, wenn möglich gerne zu einem zum Schreibtisch persönlich (mache ich selbst auch oft), um diverse Angelegenheiten zu klären. Sagt man, dann, dass der Kollege von zu Hause aus arbeitet, kommt oft die Antwort "ah dann warte ich bis morgen".
Aber ja, ich freue mich wieder auf die volle U-Bahn in der Früh - nun auch mit Maske. Dafür freue ich mich auch schon wieder auf das Tratschen mit den Kollegen (allgemein auf andere Menschen).
Ja, darauf bin ich auch schon gespannt. In Polen müssen Mund und Nase übrigens generell in der Öffentlichkeit verdeckt sein. Viele Leute nehmen das aber derzeit nicht so genau. Einige haben die Maske beim Hals, um sie bei Bedarf, sprich wenn eine Funkstreife auf einen zukommt, hochzuziehen.
Das Plaudern mit Kollegen bzw. mit anderen Menschen allgemein, fehlt mir auch. Mein Dienstgeber hat uns aber anfangs dazu ermuntert auf einen sogenannten virtuellen Kaffee zu gehen. Es steht ausdrücklich in diversen Mails von ganz oben, dass wir uns via Skype treffen und genau über die Dinge sprechen sollen, über die wir auch sonst im Büro in der Küche oder beim Mittagessen sprechen würden. Ich finde das auch eine sehr gute Idee, um die Leute nicht "zu verlieren" und zumindest etwas Alltag stattfinden zu lassen.
Ganz kann aber ein virtuelles Treffen ein persönliches Treffen nicht ersetzen. Ich gehe davon aus, dass nach Corona, viele Meetings nur noch virtuell stattfinden und Dienstreisen weniger bzw. ganz gestrichen werden. Nicht nur bei mir in der Firma, sondern generell und zwar aus zwei Gründen:
Erstens sieht man jetzt, dass man vieles ohenhin auch virtuell machen kann und zweitens werden fast alle Firmen sparen müssen und Dienstreisen sind nunmal teuer.
Gleichzeitig stimmt mich das etwas traurig. Nicht nur weil ich den persönlichen Kontakt zu anderen Menschen mag, sondern weil ich aus eigener Erfahrung weiß, dass die Zusammenarbeit zwischen div. Abteilungen, Funktionen etc. besser funktioniert, wenn man sich einmal persönlich gesehen hat. Hat man ein Gesicht zum Namen, tut man sich leichter. Es sind halt diese kleinen banalen Dinge, wie z.B. dass man in einer Pause auf einer Tagung einen Kaffee oder beim offiziellen Abendessen danach ein Bier miteinander getrunken hat.