Autor Thema: 1945 - Kriegsschäden in Wien  (Gelesen 61602 mal)

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Re: 1945 - Kriegsschäden in Wien
« Antwort #75 am: 26. Dezember 2017, 21:35:54 »
In den dicht verbauten Gründerzeitvierteln wurde natürlich darauf geachtet, die maximale Kubatur aus dem Baugrund herauszuholen, um den Gewinn zu maximieren. Daher entstanden jede Menge Seiten- und Rücktrakte, die von der Straße aus gar nicht sichtbar sind (Tipp: Luftbilder betrachten!), die Höfe waren sehr klein, von den Lichthöfen gar nicht zu reden - die waren wahrscheinlich damaligen Vorschriften bezüglich fensterloser Räume geschuldet, aber Licht und Luft kamen da in Wahrheit nicht in die Wohnung.

Die Gründerzeitwohnungen dienten daher in der Hochblüte dieser Zeit kaum als Aufenthaltsort, sondern als Schlaf- und- Essensplatz. Arbeitete man nicht ohnehin in der restlichen zur Verfügung stehenden Zeit, ging man hinaus ins Grüne (oft zu Fuß, denn Tramwayfahrscheine für die ganze Familie konnte man sich nicht alle Tage leisten), für viele wurde auch die Wirtsstube zum zweiten Zuhause.

Bereits mit den Gemeindebauten wurden moderne, menschenfreundlichere Wohnformen eingeführt: große Höfe, Grünanlagen, helle Wohnungen – logisch, hier stand auf einmal nicht mehr der Profit des Gelds im Vordergrund, sondern (uneigennütziges Handeln gibt es nicht) der Profit des Machterhalts durch zufriedene Wähler. Zur Analyse der Entwicklung der Gemeindebauten verweise ich auf das exzellente zweibändige Werk "Das Wunder des Roten Wien" von Harald Jahn.

Nach dem Krieg stand man natürlich vor vielen Problemen, unter anderem musste möglichst kostengünstig in möglichst kurzer Zeit möglichst viel haltbarer Wohnraum geschaffen werden – vor allem, als sich die Wirtschaft wieder erholte. Das führte – verkürzt gesagt – zum Entstehen der großen Plattenbausiedlungen und mit dem weiteren Bevölkerungswachstum auch zur Erschließung großer Stadterweiterungsgebiete.

Vom Konzept der Plattenbauten (Verwenden von vorgefertigten Elementen zur kostengünstigen Schaffung von umbautem Raum) hat sich die Wohnbauwirtschaft bis heute nicht verabschiedet. Damit einhergehend ist auch (weltweit) ein Verlust von städtischer Identität zu beklagen, schließlich kümmern sich genormte Elemente (ob als Bauteil oder als AutoCAD-Vorlage) nicht um lokale Eigenheiten.
Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch ans Licht der Sonnen!
... brrrr, Klumpert!
Entklumpertung des Referats West am 02.02.2024 um 19.45 Uhr planmäßig abgeschlossen!

N1

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Re: 1945 - Kriegsschäden in Wien
« Antwort #76 am: 26. Dezember 2017, 22:09:51 »
Außerdem fehlt dem Grün dazwischen jede Intimität, es ist vielmehr steril und abweisend, und dem Stadtbild die Struktur.
Also ich würde mich davor hüten, die Grünraumversorgung der Superblockzeit (1960er) mit der Gründerzeit zu vergleichen. In der Gründerzeit hat es praktisch nur unbrauchbare Lichthöfe gegeben, während in den modernen Zeilenbauten durchaus großzügige Freiräume mit Spielplätzen und sonstigen Einrichtungen möglich ist. Geh einfach einmal durch diese Bauten und schau es dir an, was möglich ist.
Und dazwischen hat es die Gemeindebauten des Roten Wien und – spätestens nach Inkrafttreten der neuen Bauordnung 1929 – auch private Wohnhäuser gegeben, bei denen es sich um Blockrandbebauung mit brauchbaren Innenhöfen gehandelt hat. Man kann nun die Höfe aber noch so großzügig und unbebaut gestalten, es bleibt das Problem der Beleuchtungsverhältnisse in den Inneneckbereichen. Schon im gründerzeitlichen Berlin ersann man deshalb das sogenannte Berliner Zimmer, welches aber im Sinne der Forderung nach Licht, Luft und Sonne nur eine sehr unzureichende Lösung darstellte. In der Hochblüte des Roten Wien wurde im Inneneck gern ein Stiegenhaus untergebracht, während in der Spätphase nach den Börsenkrach und auch in den darauffolgenden Jahren der Ständestaatsdiktatur häufig das Außeneck eine Aussparung erhielt, damit die Wohnräume am Inneneck genug Licht abbekommen. Noch mehr Licht, Luft und Sonne sollten nach dem Krieg die auch als Reaktion auf die Bombenangriffe ersonnenen Zeilenbauten (Superblocks sind was anderes ;)), also freistehende Wohnblocks, garantieren, nur gesellt sich bei dieser Bauweise halt häufig noch Lärm und Dreck hinzu, weswegen ich sie als Irrweg der Architektur und Stadtplanung erachte.
"Der Raum, wo das stattfand, ist ziemlich groß."
Hans Rauscher

nord22

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Re: 1945 - Kriegsschäden in Wien
« Antwort #77 am: 01. Januar 2018, 01:02:45 »
Anbei drei Aufnahmen vom Wiederaufbau der Wiener Staatsoper (Fotos: Waagner- Biro AG, Archiv Wiener Staatsoper). Den Beitrag wollte ich eigentlich schon letztes Jahr bringen ...

nord22

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Re: 1945 - Kriegsschäden in Wien
« Antwort #78 am: 03. Januar 2018, 00:10:13 »
Die Aufnahme von Erich Lessing dokumentiert den Abbruch der Reste des Philipphofs. Der Abtransport des Schutts erfolgte mit Hilfe der Straßenbahn. Im Hintergrund in der Bildmitte ist die Ruine des Heinrichshofs zu erkennen.

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Kálvin tér

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Re: 1945 - Kriegsschäden in Wien
« Antwort #79 am: 03. Januar 2018, 07:12:07 »

Im Hintergrund in der Bildmitte ist die Ruine des Heinrichshofs zu erkennen.

nord22
Danke für das Bild, aus der Perspektive kannte ich bis jetzt keine Aufnahmen aus der Zeit. Wobei Ruine in diesem Fall ein etwas weit gefasster Begriff ist, da hat man auch nach 1945 schlimmer beschädigte Gebäude wiederhergestellt.

martin8721

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Re: 1945 - Kriegsschäden in Wien
« Antwort #80 am: 06. Januar 2018, 19:40:57 »
Die Aufnahme von Erich Lessing dokumentiert den Abbruch der Reste des Philipphofs. Der Abtransport des Schutts erfolgte mit Hilfe der Straßenbahn. Im Hintergrund in der Bildmitte ist die Ruine des Heinrichshofs zu erkennen.

Ein sehr eindrucksvolles, aber auch bedrückendes Zeitdokument!

W_E_St

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Re: 1945 - Kriegsschäden in Wien
« Antwort #81 am: 10. Januar 2018, 00:13:05 »
Diese Aufnahme von Mag. Alfred Luft aus den 50er Jahren zeigt, wie durch einen Bombentreffer das Eck des Hauses Nordbahnstraße 44/ Darwingasse vernichtet wurde und der noch brauchbare Rest des Gebäudes mit notdürftigen Mitteln bewohnbar gehalten wurde. Das Gebäude wurde wiederaufgebaut und steht heute noch, wie das Foto von Kurt Rasmussen mit E1 4791 + c4 1308 vom 17.10.2016 zeigt.

Das Wiederaufbau-Eck ist interessant - der Altbau hatte sicher eine "normale" Ecke, nach dem Krieg waren "praktische" (rechtwinkelige) Räume modern.

Und hier irrst du, der Bestand war soweit man den Plänen trauen kann sogar noch etwas stärker abgeschrägt.

https://www.wien.gv.at/kulturportal/public/grafik.aspx?bookmark=OGyBRklMQ0buNH1DSmsvQxwpAtZGVBFvuBteomRQ3w-b-b&bmadr=10366843
"Sollte dies jedoch der Parteilinie entsprechen, werden wir uns selbstverständlich bemühen, in Zukunft kleiner und viereckiger zu werden!"

(aus einer Beschwerde über viel zu weit und kurz geschnittene Pullover in "Good Bye Lenin")

nord22

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Re: 1945 - Kriegsschäden in Wien
« Antwort #82 am: 20. Januar 2018, 13:03:22 »
Ein Blick vom Graben Richtung Stephansdom 1948 (Foto: Vintage Vienna, Archiv Emmerich Keyda). Vom Haas Haus sind nur mehr Reste vom Erdgeschoss zu erkennen. Die Dachkonstruktion des Stephansdoms wurde beim Wiederaufbau aus Stahl ausgeführt, was im Vergleich zur vorherigen Holzkonstruktion neben der Vermeidung der Brandgefahr auch den Vorteil des wesentlich geringeren Gewichts hatte. Damit konnte die statische Belastung der Strebepfeiler reduziert werden.

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Re: 1945 - Kriegsschäden in Wien
« Antwort #83 am: 21. Januar 2018, 10:38:17 »
* Die Albertina und der Philipphof unmittelbar nach dem Bombenangriff vom 12. März 1945 (Foto: Archiv Wikimedia)
* Die Albertina und der Philipphof nach Beginn der Enttrümmerung mit wieder befahrbar gemachten Verkehrsflächen (Foto: Archiv Juwelen Hammerl).

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Re: 1945 - Kriegsschäden in Wien
« Antwort #84 am: 01. April 2018, 22:57:45 »
Wenig bekannt ist, das die Sezession im 2. Weltkrieg sehr schwer beschädigt wurde (Foto: secession.at).
Der Wiederaufbau der Staatsoper war ein Großprojekt. Die Aufnahme zeigt den Fortschritt beim Eindecken des Dachs (Foto: Archiv Wiener Staatsoper). Die Ruine des Heinrichshofs stand noch.

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Re: 1945 - Kriegsschäden in Wien
« Antwort #85 am: 26. Mai 2018, 22:56:25 »
Anbei zwei Aufnahmen der zerstörten Rotundenbrücke von 1945, welche sehr kurzlebig war (Fotos: Otto Croy/ Archiv ÖNB, Archiv Schatek).

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N1

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Re: 1945 - Kriegsschäden in Wien
« Antwort #86 am: 26. Mai 2018, 23:13:12 »
Die Aufnahme zeigt den Fortschritt beim Eindecken des Dachs
Das ursprüngliche Schieferdach wurde übrigens aus Devisenmangel – die Schindeln hätten importiert werden müssen – durch eine Deckung aus Kupfer ersetzt.
"Der Raum, wo das stattfand, ist ziemlich groß."
Hans Rauscher

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Re: 1945 - Kriegsschäden in Wien
« Antwort #87 am: 29. Mai 2018, 20:16:05 »
Diese Aufnahme von 1959 zeigt den Versuch der gewista, eine Kriegsruine mit einer Plakatwand zu behübschen (Foto: Paul Sorene). Angaben zum Aufnahmeort habe ich leider keine ...

nord22

Hawk

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Re: 1945 - Kriegsschäden in Wien
« Antwort #88 am: 31. Mai 2018, 13:09:20 »
Im ersten Bezirk gibt es noch immer eine Ruine von einen ehemaligen Kaufhaus das im Krieg zerstört wurde!

Die frage stellt sich warum wurde diese Ruine nie beseitigt?
Das leben zwingt einen oft in die Knie,jedoch ein jeder kann selbst entscheiden ob er liegen bleibt oder wieder aufsteht! :-)

pronay

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Re: 1945 - Kriegsschäden in Wien
« Antwort #89 am: 31. Mai 2018, 13:10:52 »
Wo ist diese Ruine?