Ich stimme dir zwar zu, dass ein besseres Schnellbahnangebot das Mittel der Wahl wäre, ansonsten frage ich mich aber, ob du München kennst... eine S-Bahn, die deine Ausführungen komplett widerlegt. Niemand verlangt, dass die S-Bahn bis St Pölten fährt... tut sie jetzt ja auch nicht.
MMn ist - nach der Tatsache, dass eine S-Bahn-Verdichtung infrastrukturell nichts kostet - der zweitwichtigste Grund gegen eine U-Bahn zum Auhof, dass die S-Bahn, die neben U4, U6 und S45 auch die U3 und am Westbhf viel Oberflächenverkehr anbindet, einfach deutlich mehr Fahrtmöglichkeiten eröffnet und somit attraktiver ist.
Damit wir aber noch was zu diskutieren haben: auf der Heiligenstädter Seite sehe ich das völlig anders, eine S/U4 bis Kritzendorf oder Wördern wäre 1975 großartig gewesen und wäre es auch jetzt noch, wenn die Umstellung nicht so aufwändig wäre.
T1s Ansage fällt trotzdem oder gerade deswegen in dieselbe Kategorie wie
"Die Straßenbahn in Wien kann nicht beschleunigt werden, weil es sonst überall staut" oder "Die Straßenbahn in Wien ist schon perfekt beschleunigt".
Sowohl bei der Straßenbahn als auch bei der S-Bahn reicht ein winziger Blick über den eigenen Horizont um zu sehen, dass diese Ansagen nicht stimmen können.
Aber während es bei der Straßenbahn hier zu 90% Common Sense ist, ist das aus mir unerklärlichen Gründen bei der S-Bahn anders.
Nachdem ich so direkt angesprochen wurde: Natürlich kenne ich die S-Bahn in München. Und ich kenne auch die S-tog in Kopenhagen, welche wohl noch besser eure Vorstellung einer innerstädtischen Schnellbahn, die in die Außengebiete fährt, erfüllt (wobei auch dort nun eine U-Bahn gebaut wird, weil die Schnellbahn eben nicht alle Bedürfnisse eines städtischen Transportmittels erfüllen kann). Und um ins Extreme zu gehen: Auch kenne ich das Nahverkehrsnetz in Tokio, wo jede U-Bahn mit einer Vorortelinie durchgebunden ist (an beiden Enden)…
Ich halte das dennoch sowohl für die U4 und die U6 bzw. die Westbahn und FJB ungeeignet. U4 und U6 haben innerstädtisch massiv viele Fahrgäste zu befördern, sodass sie eine ganz andere Aufgabe im Verkehrsnetz haben als die Zulaufstrecken (eben Westbahn und FJB), die ja eben für den Pendlerverkehr dienen: Also wenig Fahrgastwechsel, Stoßrichtungen und längere Fahrzeiten mit dementsprechend notwendigen Komfortbedürfnissen der Fahrgäste. Wie schlecht so eine Kombination aus diesen beiden Extremen (also Massenverkehrsmittel in der Stadt und Pendlerverkehr im Umland) funktionieren kann, zeigt die Wiener Schnellbahn.
Klar, da würde man aber mit einem besseren Signalsystem und passenderen Fahrzeugen immer noch was heraus holen können. Aber es würde (zurecht) trotzdem beim Zwitter bleiben, dessen Fokus auf die Verkehre in der Region hat (ist ja auch sinnvoll) – eine innerstädtische Massentransportfunktion wie die U6 würde die Stammstrecke immer noch nicht erfüllen.
Dort, wo solche Funktionen von durchgebundenen Schnellbahnen erfüllt wird, ist das auch deren "Hauptfunktion", auf die sie und die Fahrzeuge ausgelegt ist. Man hat also (je nach System) mehr oder weniger U-Bahn-Fahrzeuge im Umlandeinsatz. Das kann natürlich je nach Bevölkerungsstruktur sinnvoll sein, oder auch nicht.
Und für Wien-Umgebung ist das nun meiner Meinung nach eben nicht sinnvoll, maximal für die Stammstrecke: Denn deren stärkster Fortsatz, die Südbahn, ist die einzige Bahn, welche eine suburbanen Bevölkerungsstruktur, die eine Art Umland-U-Bahn im entferntesten Sinne rechtfertigt, bedient.
Um dies noch deutlich darzustellen, habe ich mal schnelle eine Karte gebastelt (bitte nicht wegen dem Layout hauen, das war jetzt eine Husch-Pfusch-Aktion):
[ Für Gäste keine Dateianhänge sichtbar]
Links Wien, rechts München. Bevölkerung in totalen Zahlen pro km
2.
Deutlich erkennbar die oben erwähnten zwei Punkte:
- die Südbahn verkehrt durch deutlich besiedelteres Gebiet als die anderen Zulaufstrecken > hier lässt sich also noch eine Durchbindung (mit suboptimaler innerstädtischer Verkehrsfunktion) besser denken (auch, weil es im Norden genug Verästelungen gibt)
- Die umgebenden Gemeinden um Wien und München unterscheiden sich in der Bevölkerungsstruktur deutlich
So, und damit stehen wir vor erwähntem Problem: Man kann auf Knopfdruck keine Türen in Heiligenstadt und Hütteldorf entfernen und Sitze aus dem Boden wachsen lassen.
Natürlich, man könnte sagen, gerade auf kürzeren Strecken ist es auch schon wurscht, ob man in einer U-Bahn sitzt oder nicht. Klar, führt aber dazu, dass man dann aber natürlich nicht mit jeder Garnitur ins Umland fahren kann. Was aber eigentlich erst recht keine Verbesserungen für Pendler bringt Der Takt bleibt gleich, aber dafür hat man U-Bahn-"Komfort". Und der Vorteil des Sitzenbleibenkönnens fällt zumindest stadtauswärts flach, weil die Wiener, die nur bis Hietzing müssen, werden nicht auf die innerstädtischen Kurse warten, um den Pendlern die Sitzplätze in den durchgebundenen Zügen zu überlassen.
Also, wie gesagt: zwei unterschiedliche Funktionen (städtisches Massenverkehrsmittel vs. Umland-Pendler) benötigen auch unterschiedliche Strukturen. Und in Wien ist es dank der ziemlich deutlichen Abgrenzung zwischen Stadt und Umland auch gut umsetzbar, das jeweils passende Verkehrsmittel für die passende Struktur zu haben. Nur wenn man halt eins von denen vernachlässigt, darf man sich nicht wundern, dass man Probleme hat.
Darum: Ausbau der Schnellbahn. Neue Fahrzeuge, schnellere Betriebsführung, dichtere Intervalle.
Und bezüglich des letzten Satzes von highspeedtrain: Ins Ausland schauen ist schön und gut und wäre gerade für diverse Entscheidungsträger dringend notwendig, aber man soll nicht blind und unhinterfragt Modelle aus dem Ausland übernehmen, nur weil sie aus dem Ausland kommen.
