Autor Thema: Hier kommt der Flexity  (Gelesen 3103292 mal)

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coolharry

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Re: Hier kommt der Flexity
« Antwort #7875 am: Heute um 07:24:29 »
Naja, ich kenne es aus der U-Bahn-Architektur, wo mit "Stand der Technik" gold-plated Standards geschaffen werden, die weit über das tatsächlich notwendige hinausgehen. Das hat auch damit zu tun, dass die Gutachter heute privat sind und sich nicht aus dem Fenster lehnen wollen; früher hat die Behörde eher mit Augenmaß agiert. Ein beispiel, das ich aus 1. Hand weiß sind die bizarren Lüftungstürme für die Brandrauchentlüftung. Das muss man sich mal vorstellen: Für ein Ereignis, das hoffentlich nie eintritt (Brand in einer U-Bahn-Station) werden die Rauchabzüge so angeordnet, dass der Rauch keinen zufälligen Passanten, der gerade im Freien vorbeigeht, zum husten bringt. Ich bin weder Architekt noch Fahrzeugbauer, höre aber die prinzipiell selben Dinge bei meinen Interviews immer wieder. Im Prinzip kleistern wir uns die Welt so mit Vorschriften zu, dass das eigentlich gewünschte Ergebnis kaum mehr erreichbar ist.

Grad beim Brandschutz sollte man nicht weniger fordern als den Stand der Technik.
Und manche Brandgase sind schwerer als Luft und können bei den Ausströmöffnungen dafür sorgen das sich rund um den Turm ein Gemisch bildet, welches Toxisch wirken kann. Je weiter weg vom Mensch desto wahrscheinlicher ist das verdünnt. Außerdem du gehst grad gemütlich am Gehweg und in der Sekunde rennt die Brandrauchlüftung an und bläst dir den schwarzen Rauch ins Gesicht. Super oder ?  ;) Dann schaust aus wie im Comic.

Nun so sehr Überreglementierung nervt, so haben doch 99% der Regeln einen Sinn und eine Begründung. Blindenleitsysteme, Brandrauchlüftungen oder die höhe von Türtastern. Alles geregelt und alles aus gutem Grund. Und das nicht nur bei uns.
Wo man aber durchaus, meiner Meinung nach, ansetzen könnte, ist bei den ganzen Energieverbrauchs und Dämmungsregeln. Gerade bei Gebäuden haben wir mittlerweile absurd hohe Dämmungsvorschriften*, die lediglich darauf beruhen weil irgendwer die alten schon nicht eingehalten hat. Somit hat man Regeln verschärft die man nicht verschärfen hätte müssen um ein Problem zu lösen, welches dadurch entstanden ist, weil sich einer nicht an die Regeln gehalten hat.  :fp:

*Die machen durchaus Sinn aber nicht mehr wenn die daraus resultierende Energieeinsparung nur mehr mit dem Mikroskop messbar ist.
Weil ein menschlicher Hühnerstall nicht der Weisheit letzter Schluß sein kann.

MK

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Re: Hier kommt der Flexity
« Antwort #7876 am: Heute um 08:33:22 »
Grad beim Brandschutz sollte man nicht weniger fordern als den Stand der Technik.

Und die Realität ist dann z.B. bei Gebäuden, dass dieser "Stand der Technik" dazu führt, dass die Kosten für Neubau massiv steigen, und auf den Neubau verzichtet wird. Dafür bleibt das Gebäude aus den 50ern zum damaligen "Stand der Technik" erhalten - Nachfrage ist da - und genießt Bestandsschutz.

Am Ende haben also die Nutzer des Gebäudes Nachteile, weil die Wahl nicht zwischen "leicht unter Stand der Technik" und "Stand der Technik" fällt, sondern zwischen "leicht unter Stand der Technik" und "weit unter Stand der Technik".

Das gilt natürlich genauso auch für Fahrzeuge: Ein c3 brennt im Vergleich zu einem ULF wie ein Luster.
Wanderer, kommst du nach Liechtenstein,
tritt nicht daneben, tritt mitten rein!